Eine Ära geht zu Ende: Angelika Irschik, Roswitha Walenczyk (von links) und ihre drei Mitstreiter müsen bald ihre Bilder zusammenpacken und ihr Atelier räumen. Foto: Horst Rudel

Die Tage der Künstlergruppe ARTgenossen in einer ehemaligen Schreinerei in Faurndau sind gezählt. Eine neue gemeinsame Bleibe haben die fünf Künstlerinnen und Künstler bisher nicht gefunden.

Göppingen - Schon viele rauschende Feste sind in der früheren Schreinerei in der Wiesenstraße in Faurndau gefeiert worden. Auch an diesem Abend riecht es nach Sekt, doch in Feierlaune ist niemand. Denn die Künstlergruppe ARTgenossen muss sich ein neues Atelier suchen. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeiteten fünf Künstlerinnen und Künstler in dem lichtdurchfluteten Raum am nördlichen Zipfel von Faurndau. Nun bleiben nur noch ein paar Wochen, dann ist Schluss. Ob es jemals wieder ein gemeinsames Atelier geben wird, ist fraglich. „Wir hatten unsere Zeit“, sagt Roswitha Walenczyk ein wenig wehmütig.

Noch steht alles an seinem Platz, die alten Kinostühle, ein monumentaler rosa Sessel, Pinsel und Farbtöpfe. Die Bilder und Fotografien an den Wänden offenbaren fünf künstlerische Temperamente. Jeder der ARTgenossen hat seinen ureigenen Stil, und trotzdem geht es zusammen. Oder gerade deshalb, wie Angelika Irschik anmerkt. Sie und Karl Rau gehören zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe. Roswitha Walenczyk, Ingrid Wiegmann und Uwe Mayer stießen erst später dazu. Jeder der fünf Künstler hat eine Ecke, in der er sich frei entfalten kann.

Jeder geht nun eigene Wege

Angelika Irschik erinnert sich gut an die Anfänge. Von 2003 an traf sich die Gruppe einmal in der Woche, um gemeinsam zu malen. „Wir haben oft gemault, weil wir jedes Mal alles wieder wegräumen mussten“, erzählt sie. Also machten die Künstler sich auf die Suche nach einem Atelier und erfuhren per Zufall, dass die Schreinerei in der Wiesenstraße zu vermieten sei. „Wir sind in das Gebäude reingekommen, und es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Angelika Irschik. Nach einer durchdiskutierten Nacht stand es dann fest: die Schreinerei soll das Atelier der ARTgenossen werden. Das ist zwölf Jahre her.

Es hätten noch mehr Jahre folgen dürfen. Doch der neue Besitzer will das Gebäude selbst nutzen. „Er hat uns ein Jahr Zeit gelassen, wir dachten, bis dahin finden wir etwas“, rekapituliert Angelika Irschik, die in ihrem Hauptberuf Gleitschirmlehrerin ist. Gefunden haben die ARTgenossen allerdings nichts. Die Räume, die ihnen offeriert wurden, waren mal zu groß, mal zu klein, mal zu teuer, dann wieder fehlte die Heizung, oder es gab keine Toiletten. Roswitha Walenczyk wird deshalb in Zukunft zu Hause in Wangen ihre großformatigen abstrakten Gemälde malen, und Angelika Irschik will sich amuf ihr zweites Atelier in Hannover beschränken, wo sie ein zweites Zuhause gefunden hat. Auch sie malt abstrakt.

Ein großes Kapitel geht zu Ende

Dem sogenannten Atelierraus-Kehraus sind Karl Rau, Uwe Mayer und Ingrid Wiegmann ferngeblieben. Sie befinden sich auf Reisen oder sind krank. Roswitha Walenczyk könnte sich aber auch vorstellen, dass ihnen der Anlass zu traurig war. Mit dem Atelier gehe für jeden von ihnen ein großes Kapitel zu Ende. Die ARTgenossen haben nicht nur in dem selben Raum gearbeitet, sie bestritten auch gemeinsam viele Ausstellungen, etwa im Fraunhofer-Institut in Stuttgart. Angelika Irschik und Roswitha Walenczyk wird das Miteinander fehlen, der gedankliche Austausch, die Ehrlichkeit und, natürlich, auch die Feste. „Wir haben hier anfangs Filmabende und Konzerte mit Live-Bands gemacht, manchmal waren hundert Leute da.“