Gute Laune ist ihr Geschäft: Karl, Josefine und Daniela Maier(von links) im Festzelt Göckelesmaier. Foto: Leif Piechowski

Die Formel des Erfolgs ist geheim. Was Coca-Cola recht ist,kann dem Göckelesmaier nur billig sein. Wie im Festzelt die Hähnchen gewürzt werden, wird nicht verraten. Den Leuten schmeckt’s offenbar, seit 80 Jahren kommen sie zur Firma Maier auf den Wasen.

Stuttgart - Der Tag beginnt um 8.30 Uhr. In aller Stille. Fast wie in einem Kloster. Beim Frühstück im Göckelesmaier-Zelt steht kaum einem der 20 Angestellten der Sinn nach Reden. Wer Tag und Nacht umgeben ist von Trubel und Trullala, der will wenigstens am Morgen seine Ruhe haben. Eine halbe Stunde ist ihnen Muße gestattet, dann schnappt sich jeder seine Dienstkleidung und macht sich an die Arbeit. Jeder weiß, was er zu tun hat. Die meisten reisen seit Jahren mit der Firma Göckelesmaier über die Festplätze Württembergs. Von März bis Oktober sind sie unterwegs, verkaufen Essen, Getränke und vor allem gute Laune.

Die Gastronomie auf dem Wasen dient nicht nur dem Sättigen, sie ist Teil der Unterhaltungsbranche. „Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass sie willkommen sind“, sagt Festwirt Karl Maier (45), „da kommen 4000 Menschen, und das sind meine Gäste.“ Nun kann er nicht wie im Restaurant zu jedem der 4000 Menschen an den Tisch kommen und fragen wie es geschmeckt hat. Also geht er auf die Bühne und sagt einige Worte. Im Showbusiness muss man so was können. Maier: „Aber es war nicht abzusehen, dass es mir leicht fällt, vor 4000 Leuten den Hampelmann zu machen.“ Heute mache er es gerne, sagt er, „im Freundeskreis schieben sie immer mich nach vorne, wenn man eine Rede halten muss“ .

Noch ist die Forschung nicht so weit, herauszufinden, ob es ein Festwirt-Gen gibt, aber wenn, dann hat Karl Maier es geerbt. Karl Maier junior, genauer gesagt. Sein Vater hieß ebenfalls Karl Maier. Der hatte Bäcker gelernt, hatte aber eines Tages genug vom Brezeln formen. Er kündigte, baute sich einen Eiswagen und reiste von 1928 an als Eisverkäufer. Drei Jahre später bot er als Maiers Karle Bratwürste vom Holzkohlegrill an. 1932 kam er erstmals auf den Wasen. „Gegessen und getrunken wird immer“, war sein Motto. Doch er wollte die Schwaben auf einen neuen Geschmack bringen. Auf dem Oktoberfest aßen die Bayern schon längst Brathähnchen. Maier wollte dieses Sitte nach Bad Cannstatt importieren, er lernte das Handwerk und eröffnete 1938 die erste Hähnchenbraterei auf dem Wasen. Er ließ einen speziellen Grill bauen und entwickelte seine Würzmischung. Die bis heute nur Eingeweihte kennen.

„Ich liebe dieses Leben, ich bin mit Leib und Seele mit dem Betrieb verwachsen“

Nach dem Krieg zimmerte er auf dem Wasen eine Festhalle zusammen, unter dem Motto „Göckele, Wurst und Bier, beim Maiers Karle schmeckt es dir“ ist er der erste Festwirt, der auf dem Volksfest einen Neuanfang versucht. Es geht aufwärts. Göckelesmaier nennt er sich, übernimmt den Hofbräukeller im Marquardtbau und organisiert Volksfeste in Tübingen, Ulm und Heilbronn. 1957 heiratet Karl Maier seine Josefine. „Ich kannte das Geschäft“, erinnert sie sich, „ich war als Buchhalterin in einem Zelt auf dem Oktoberfest für die Lohnabrechnung zuständig.“ Sie habe gewusst, was sie erwarte. „Ich liebe dieses Leben“, sagt sie, „ich bin mit Leib und Seele mit dem Betrieb verwachsen.“

1973 stirbt Karl Maier im Alter von 73 Jahren. Josefine Maier stand mit ihrem sechs Jahre alten Sohn und dem Betrieb da. „Das war eine schwere Zeit“, erinnert sie sich. Oft habe sie gezweifelt, ob sie das schaffe. Auf 14 Plätzen hatte Göckelesmaier sein Zelt aufgebaut und manche Feste als Veranstalter organisiert. „Jetzt kommt eine Frau und verhandelt mit den Schaustellern“, sagt sie, „die wollten sich zunächst nichts von mir sagen lassen.“ Sie ordnete den Betrieb neu, baute ein kleines Zelt und reiste fortan mit eigenen Angestellten. „Ich wollte den Betrieb für meinen Sohn erhalten.“

Der Name und die Tradition verpflichten

Das hat sie geschafft. 1998 übernimmt Sohn Karl das Geschäft. „Ich bin natürlich hineingewachsen“, sagt ihr Sohn, „ich habe meine Mutter selten gesehen, klar, dass ich in den Ferien immer bei ihr war.“ Und damit im Betrieb. Als kleiner Junge trieb er sich auf der Wunderwelt der Rummelplätze herum, „doch wenn man alt genug ist, muss man mit anpacken“ . Das hat er getan. Immer. Egal ob er bei der Bundeswehr war oder ob er in Bayreuth Betriebswirtschaft studiert hat. Und doch musste er überlegen, als ihn die Mutter fragte, ob er den Göckelesmaier weiterführen wollte. „Das war eine Lebensentscheidung, und ich hätte gerne noch woanders hineingeschnuppert“, sagt Karl Maier, „aber meine Mutter war damals 72, und da lassen natürlich die Kräfte nach.“ Letztlich „blieb mir gar nichts anderes übrig“. Der Name und die Tradition verpflichten.

Also stellte er sich gemeinsam mit seiner Frau Daniela der Aufgabe, und verfuhr nach dem Prinzip „Learning by doing“. Mit Erfolg. Vom Architekten Cyrus Ghanai ließ er sich ein neues Volksfest-Zelt entwerfen. Mit einer Loge, in der es für gutes Geld mehr gibt als Göckele. „Voller als voller geht nicht“, sagt Karl Maier, „die Kosten steigen ständig, also müssen wir auch den Ertrag hochbringen, und das geht nur mit Qualität.“ Früher habe es nur einen Teller im Zelt gegeben, heute habe man für jedes zweite Gericht einen eigenen Teller. „Wir haben jetzt einen Pastateller, als sie das in der Spülküche erfahren haben, haben sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.“ Doch trotz Räucherlachs und Schampus, „drehen wir nicht durch und vernachlässigen unsere anderen Gäste nicht.“ Der Wasen werde und müsse ein Volksfest bleiben. Mit Göckele. Natürlich besonders gewürzt. Mit der Geheimmischung.