Mobiles Arbeiten bedeutet für Frauen oft eine Doppelbelastung. So lautet die Erkenntnis des Gleichstellungsberichts der Bundesregierung.
Berlin - Von einer Ausnahmesituation hat Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht (SPD) gesprochen, als sie die aktuelle Doppelbelastung der Frauen durch Homeoffice und Homeschooling in der Bundespressekonferenz am Mittwoch thematisierte. Aber es gebe auch andere, längerfristige Herausforderungen in Bezug auf Frauen und die digitale Entwicklung – Themen im dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, der am Mittwoch im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Das Gutachten einer Sachverständigenkommission mit dem Titel „Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten“ umfasst 101 Handlungsempfehlungen an Politik und Gesellschaft.
Im Fokus stand jetzt das Thema Digitalisierung. „Unser Ziel ist es, alle Menschen beim digitalen Wandel mitzunehmen“, betonte Ministerin Lambrecht. „Mehr noch, wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern mit der Digitalisierung weiter voranbringen.“
Homeoffice bringt Vor- und Nachteile
Eine zentrale Rolle innerhalb des Berichts spielt auch die Coronapandemie, durch die zum einen die Digitalisierung vorangetrieben wurde und zum anderen neue Herausforderungen für das Berufs- und Alltagsleben insbesondere von Frauen entstanden sind. „Homeoffice gibt uns Spielräume und Flexibilität. Es kann aber auch dazu führen, dass es unfair zugeht“, sagte Christine Lambrecht.
Konkret waren es nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach rund 30 Prozent der berufstätigen Mütter und Väter mit Kindern unter 16 Jahren, die im vergangenen Jahr im Homeoffice gearbeitet haben. Das seien dreimal so viele wie vor der Pandemie. Insbesondere für berufstätige Mütter, die gleichzeitig ihre Kinder betreuen und nebenbei arbeiten mussten, hatte dies negative Folgen. Schließlich hatten zum Beispiel selbst Alleinerziehende, die daheim arbeiteten, im ersten Lockdown keinen Anspruch auf Notbetreuung.
Siebeneinhalb statt fünf Stunden Kinderbetreuung für Mütter
Als Schulen und Kitas geschlossen waren, kümmerten sich überwiegend die Mütter um die Kinderbetreuung. So weiteten laut der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) Mütter ihre Betreuungszeit von fünf auf siebeneinhalb Stunden und Väter von zwei auf vier Stunden pro Tag aus – und das obwohl 30 Prozent der Väter den Erhebungen zufolge beruflich flexibler gewesen wären als die Mütter. Letzteres liegt laut der Sachverständigenkommission unter dem Vorsitz von Aysel Yollu-Tok auch daran, dass besonders viele Frauen in systemrelevanten Berufen tätig sind. Daher sei es wichtig, oftmals von Frauen gewählte Berufe – beispielsweise in der Pflege, aber auch im Einzelhandel – neu zu bewerten und diese Berufe flexibler zu gestalten.
Das vorgelegte Gutachten zeigt zudem, dass es erhebliche Unterschiede beim sogenannten Digitalisierungsgrad von Frauen und Männern gibt. So hätten Männer in ihren Büros eine deutlich bessere Ausstattung mit digitalen Geräten als Frauen. Dies treffe insbesondere auf Laptops zu, ebenso auf den Fernzugang und auf Videokonferenzdienste. Fast die Hälfte der Frauen, aber lediglich rund ein Fünftel der Männer haben demnach von ihrem Arbeitgeber keinen Computer zur Verfügung gestellt bekommen.
Nicht jeder bekommt einen Laptop gestellt
Unter anderem die Art der Anstellung entscheidet darüber, ob man ein eigenes Gerät erhält. So sei bei Teilzeitarbeit die digitale Ausstattung deutlich schlechter. Homeoffice werde überwiegend von Führungspersonen und damit von Männern genutzt. Der Gleichstellungsbericht schließt daraus, dass Mobile Arbeit „kein Allheilmittel zur ausgewogeneren Aufteilung von Sorgearbeit ist“. Mehr und neue digitale Technologien führten nicht unbedingt zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.
Der Gleichstellungsbericht beschäftigte sich auch ausführlich mit der Frage, ob und wie Frauen durch Anwendung der Künstlichen Intelligenz (KI) und des maschinellen Lernens benachteiligt werden. „Algorithmen sind nicht neutral“, erklärte Bundesfrauenministerin Christine Lambrecht (SPD). „Nur wenn wir wissen, wie sie funktionieren, können wir der Diskriminierung von Frauen und Männern entgegenwirken.“ Computergestützte, lernende KI-Systeme würden zunehmend in der Kreditvergabe eingesetzt und stellten bei der Personalauswahl die Weichen für berufliche Werdegänge. „Entscheidend sind hierbei die Trainingsdaten, sie dürfen keine Stereotype oder diskriminierenden Strukturen abbilden.“ Die Entscheidungsprozesse müssten transparent und nachvollziehbar sein