Amtsärzte waren zentral beteiligt, wenn es darum ging, behinderte Kinder der Ermordung zu überantworten – hier ein Beispiel aus Ludwigsburg. Foto: Mathes/Staatsarchiv Ludwigsburg

Das Ludwigsburger Staatsarchiv fächert in einer Ausstellung die unheilvolle Rolle der Gesundheitsämter und Amtsmediziner im Dritten Reich auf – mit Exponaten, die unter die Haut gehen.

„Körperlich kräftig, alte Rachitis, geistiges und körperliches Zurückbleiben, zeitweilig starker Bewegungsdrang mit Gebrüll“: Mit dieser Meldung eines Falles von „Schwachsinn nach Gehirnblutung“ überantwortete ein Amtsarzt ein im Frühjahr 1939 geborenes Kind aus Oßweil 1942 dem Tod. Der Junge wurde in eine „Kinderfachabteilung“ in Eichberg gebracht – ein euphemistischer Begriff, denn diese Kinderfachabteilungen waren keineswegs auf das Wohl der Kleinen ausgerichtet, sondern zur Tötung durch Medikamente oder gezielte Vernachlässigung geschaffene Einrichtungen. Die Eltern, die das Kind weiterversorgen wollten, hatten den Behörden nachgegeben. Wie viele Kinder in diesen NS-„Kinderfachabteilungen“ starben, ist nicht belegt. Schätzungen gehen von 3000 bis 8000 aus.