Landesparlamentarier Jochen Haußmann (links) und Ex-Wirtschaftsminister Helmut Haussmann haben einen gemeinsamen Vorfahr im 17. Jahrhundert Foto: /Gottfried Stoppel

Beim Gesprächsabend im Weingut Kern geht es unter anderem um Dreierles- oder Doppel-s, die Wende 1989 und aktuelle politische Hausmannskost.

Ja, das waren noch Zeiten, als die Liberalen so richtig aktiv mit dabei waren in der Weltpolitik. Als Hans-Dietrich Genscher die Wende anno 1989 aktiv mitgestaltete und der damalige Wirtschaftsminister Helmut Haussmann – mit Doppel-s bitteschön – vor knapp 34 Jahren just am legendären Tag des Mauerfalls am 9. November in Warschau mit beim Festbankett saß. Zusammen mit Außenminister Genscher, Bundeskanzler Helmut Kohl und dem damaligen Bundesfinanzminister und CSU-Chef Theo Waigel.

Der 9. November 1989 in Warschau

Just als nach Vorspeise und den ersten Festreden beim bilateralen Regierungsgespräch der Hauptgang serviert werden sollte, so erzählt Haussmann zum Auftakt des vom Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Jan Havlik, moderierten liberalen Gesprächsabends im Kernener Weingut Kern, sei ein Bote zu Kanzler Kohl geschritten und habe ihm etwas ins Ohr geflüstert. „Man hat gemerkt, er hat sich geschüttelt.“ Kurz drauf hätten sich die drei bundesdeutschen Parteichefs verabschiedet und seien direkt nach Berlin zurückgeflogen. Zurück blieb Wirtschaftsminister Haussmann – „quasi als Faustpfand, das Misstrauen in Polen war damals groß“. Die zur Debatte stehenden Verträge hat er denn alle unterschrieben. Und, sagt der heute 80-Jährige mit einem Lächeln: „Ich wurde gut behandelt.“

Etwas in der Geschichte gekramt hat auch Jochen Haußmann, seit 2011 Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Schorndorf und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Landesparlament. In der Familiengeschichte derer nämlich, die sich teils mit dem traditionellen Dreierles-s und teils mit dem modernen Doppel-s schreiben. Sein Vorteil: Über die Hauß- und Haussmänner in der Region gibt es ein Buch, das genealogisch bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht.

Der gemeinsame familiäre Faktor zwischen dem Helmut mit ss und dem Jochen mit ß findet sich demnach im 17. Jahrhundert. Der gemeinsame Vorfahr des Ex-Wirtschaftsministers und des Landtagsabgeordneten hieß Johannes und lebte von 1610 bis 1680 in Oberboihingen – der „Keimzelle der Haus(s)männer“ jeglicher Schreibweise. Einem Ort, so berichtet Jochen Haußmann, in dem an jeder Straße noch heute mindestens ein Briefkasten mit dem einschlägigen Familiennamen stehe.

Kein Friede in Europa ohne Russland

Die aktuellen weltpolitischen Konstellationen und Krisen sind der nächste Gegenstand des Interesses beim hausmannschen Gespräch im Weingut. Hier gilt der in Tübingen geborene Professor, der bereits mit 36 im Deutschen Bundestag saß, bis heute als profunder politischer Experte, nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht. Es werde keinen Frieden in Europa geben ohne Russland, stellt er hier zunächst einmal kategorisch fest. Und bedauert, dass die unter Gorbatschow angestrebte eurasische Wirtschaftszone nicht weiter verfolgt wurde. Auch mit Blick auf die Situation in Nahost meint er: „Es wird nicht zwei ewige Kriege geben.“ Und die Lösung liege jeweils auf der Verhandlungsebene, auch wenn sich das die wenigsten derzeit konkret vorstellen könnten.

Beifall vom liberal-familiären Publikum ernten beide Hauss(ß)männer mit Kritik an den aktuellen Regierungen in Bund und Land. Weniger Missmutigkeit und mehr Eigeninitiative bleibt hier die Forderung derer, die Bürgergeld oder soziale Wohltaten als Holzweg ansehen und unter anderem „aktive Migrationssteuerung“, kreative KI-Nutzung oder Bürokratieabbau einfordern – remstalliberale Hausmannskost letztlich.