So soll es künftig aussehen: Mehr Beamte im Einsatz. Foto: dpa

Die Diskussion um die bevorstehende Polizeireform im Land nimmt an Dynamik zu.

Stuttgart - Die Diskussion um die bevorstehende Polizeireform in Baden-Württemberg nimmt an Dynamik zu. „Wir haben erhebliche Zweifel, dass die Reform wirklich zu einer verstärkten Präsenz der Polizei in der Fläche kommt“, sagte Helmut Jahn, Landrat im Hohenlohekreis und Präsident des Landkreistags, am Montag in Stuttgart. Zuvor hatten er und seine Landkreis-Kollegen mit Innenminister Reinhold Gall (SPD) die geplante Neustruktur der Polizei erörtert.

Es sei eine „sehr intensive Diskussion“ gewesen, sagte Jahn über das Treffen hinter verschlossenen Türen. Das Wort intensiv umschreibt etwas harmlos die Stimmung in den Landkreisen. Einerseits, betonte auch Jahn, sei es richtig, Kompetenzen der Polizei zu bündeln, weil sich nicht mehr jede Polizeidirektion in jedem Landkreis um Themen wie Internetkriminalität kümmern könne. Andererseits gebe es bei den Kreisen „die große Sorge vor einer weiteren Zentralisierung und der Zerschlagung bewährter Strukturen“.

Nur noch zwölf Polizeipräsidien

Nach den Plänen des Innenministers sollen die Landkreise ihre eigenen Polizeidirektionen verlieren, stattdessen wird es kreisübergreifend und landesweit nur noch zwölf Polizeipräsidien geben. „Wenn man davon ausgeht, dass drei davon in den Stadtkreisen Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe vorgesehen sind, verbleiben nur neun für die ganze Fläche im Land.

Das ist definitiv zu großräumig gedacht“, warnte Jahn. Die Streichung der Polizeidirektionen in den Landkreisen werde dazu führen, dass „die etablierte und erfolgreiche Zusammenarbeit“ zwischen Polizei und Landratsämtern in Bereichen wie Sucht- und Gewaltprävention oder Jugend und Soziales aufgegeben werde.

Zweifel an frei werdenden Stellen

Große Zweifel haben die Kreise vor allem am Versprechen der grün-roten Koalition, dass durch die Reform rund 650 Polizeibeamte frei werden, die dann vermehrt im Streifendienst eingesetzt werden sollen. „Da kommt unten lange nicht so viel an, wie sich der Innenminister davon verspricht“, fürchtet Jahn und rechnete vor, „dass maximal zwei zusätzliche Beamte auf ein Revier“ entfallen würden. In Bayern, wo es eine ähnliche Reform gab, habe der Rechnungshof mittlerweile gerügt, dass die erhoffte Stärkung der Polizeipräsenz in der Fläche nicht stattgefunden habe, sondern die Größe der Polizeipräsidien zu vermehrtem Verwaltungsaufwand geführt habe.

Aus Sicht von Jahn ist die Polizeireform „ein weiterer Mosaikstein in einer Politik gegen den ländlichen Raum“. Als Beispiele in der Vergangenheit nannte er die Schließung von Amtsgerichten, die Verlagerung von Arbeitsagenturen und die Aufgabe von Bundeswehrstandorten. Offenbar wolle die SPD mit der Polizeireform den Einstieg in die Schaffung großer Regionalkreise schaffen. Dafür gebe es „deutliche Hinweise, auch wenn der Innenminister das bestreitet“, sagte Jahn und legte einen Gegenentwurf vor.

Er sieht die Beibehaltung der 37 Polizeidirektionen in den Landkreisen und die Streichung der vier Landespolizeidirektionen bei den Regierungspräsidien vor. Stattdessen sollen thematische Schwerpunktdirektionen gebildet werden. „Wir wollen im Gespräch mit dem Innenminister bleiben“, so Jahn, fügte aber hinzu: „Ob wir gehört werden, bin ich mir noch nicht so sicher.“