Nur einer hebt den Finger! Manch anderer Schüler kommt im Unterricht schon in Klasse fünf oder sechs nicht mehr mit Foto: dpa

Um die steigende Zahl an Sitzenbleibern einzudämmen, wollen die Rektoren im Land die Grundschulempfehlungen der Fünftklässler haben. Das Kultusministerium blockt – aus Datenschutzgründen.

Stuttgart - Um sich auf leistungsschwache Schüler besser vorbereiten zu können, wollen die Schulleiter der Gymnasien in Baden-Württemberg in Zukunft die Grundschulempfehlungen der angehenden Fünftklässler zugesandt bekommen. „Es wäre eine große Hilfe, wenn wir die Grundschulempfehlungen im Juni bekommen könnten. Damit könnten wir den Umfang der Fördermaßnahmen besser einschätzen und ihn bei der Deputatsplanung gleich entsprechend berücksichtigen“, sagte die Vorsitzende der Direktorenvereinigung Südwürttemberg (DVSW), Brigitte Röder, unserer Zeitung.

Das Kultusministerium verweigert die Informationen unter Berufung auf den Datenschutz. Röder behauptet, dass die Begründung vorgeschoben sei: „In anderen Bundesländern funktioniert es auch.“ Die DVS-Chefin vermutet Misstrauen gegenüber den Lehrern als Motiv. Ein Vorwurf, den ein Sprecher von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) entschieden zurückweist. Das Landesdatenschutzgesetz stelle für die Übermittlung personenbezogener Daten hohe Anforderungen. „Es liegt allein in der Entscheidung der Eltern, welche Informationen sie der aufnehmenden Schule vorab zukommen lassen wollen“, erklärte der Sprecher. DVSW-Chefin Röder ist hingegen der Meinung, dass die Grundschullehrer das Lern- und Arbeitsverhalten der Kinder am besten kennen würden: „Es ist schade, dass dieses Wissen von den weiterführenden Schulen nicht genutzt werden kann.“

Seit Sommer 2012 ist die Grundschulempfehlung nicht mehr verbindlich. Grün-Rot hatte die Regelung abgeschafft. Die Eltern können seither entscheiden, ob ihr Kind von der fünften Klasse an auf ein Gymnasium, eine Real-, eine Haupt- oder eine Gemeinschaftsschule geht. Die Zahl der Sitzenbleiber ist daraufhin gestiegen.