Muammar al-Gaddafi hat eine umstrittene Rede gehalten. Foto: dpa

In einer Rede verurteilte er die MinarettVolksabstimmung in der Schweiz vom vergangenen Jahr.

Genf/Rom - Der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi hat wegen des Minarettverbots zum Heiligen Krieg ("Dschihad") gegen die Schweiz aufgerufen. In einer Rede vor afrikanischen Staatschefs und Stammesführern in der Stadt Bengasi sagte er am Donnerstagabend: "Wer vor den Augen der Muslime Gottes Moscheen zerstört, der hat es verdient, dass man gegen ihn in den Heiligen Krieg zieht... und wenn wir eine gemeinsame Grenze mit den Schweizern hätten, dann würden wir gegen sie kämpfen." Der "Heilige Krieg" gegen die Schweiz sei genauso legitim wie der Kampf der Palästinenser gegen die israelische Besatzung. Die islamischen Staaten rief er in seiner ausschweifenden Rede zu einem Wirtschaftsboykott gegen die Schweiz auf.

Das Außenministerium in Bern äußerte sich zunächst nicht zu dem Aufruf von Oberst Gaddafi. Die Schweizer hatten sich im November bei einer Volksabstimmung dafür ausgesprochen, den Neubau von Minaretten zu verbieten. In der Schweiz, wo etwa 400.000 Muslime und mehr als sechs Millionen Christen leben, gibt es derzeit vier Minarette.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bedauerte, dass Gaddafi zu einem "unglücklichen Zeitpunkt" zum Heiligen Krieg gegen die Schweiz aufgerufen habe. Ein Sprecher Ashtons sagte in Brüssel, es handele sich um "in diplomatischem Sprachgebrauch ziemlich ungewöhnliche Äußerungen" Gaddafis. "Wenn die Berichte darüber zutreffen, dann kommen diese Äußerungen zu einem unglücklichen Zeitpunkt, zu dem sich die EU gemeinsam mit der Schweiz bemüht, eine diplomatische Lösung im laufenden Streit zu finden", sagte der Sprecher.

Gaddafi ging in seiner Rede, die er nach dem Abendgebet zum Geburtstag des Propheten Mohammed hielt, auch ausführlich auf die Frage ein, was aus muslimischer Sicht als Terrorismus zu definieren sei, und was nicht. Die Angehörigen des Terrornetzwerkes El Kaida seien "Kriminelle" und "Geisteskranke", sagte er. Die Verteidigung ihrer Gotteshäuser sei für die Muslime dagegen Teil des ihnen von Gott auferlegten "Dschihad".

Obwohl Gaddafi die Schweiz in seiner Rede wegen des Minarettverbots angriff, sehen unabhängige Beobachter seinen Aufruf zum Heiligen Krieg im Zusammenhang mit der sogenannten Hannibal-Affäre. Seitdem Gaddafis Sohn Hannibal 2008 wegen mutmaßlicher Misshandlung von Angestellten vorübergehend festgenommen worden war, wettert der libysche Staatschef unablässig gegen die Eidgenossen.