Die Saint Paul’s Cathedral in London ist im Modell von innen und außen zu sehen. Foto: Gottfried Stoppel

Kurz von Paris nach New York und vom Kolosseum zum Eiffelturm jetten: Das Museum Welzheim zeigt jetzt berühmte Gebäude im Miniaturformat. Gebaut von Jens Boy, der viel von der Welt gesehen hat – und aus einem einfachen Grund zum neuen Hobby kam.

Als junger Mann ist Jens Boy Anfang der 1990er-Jahre in seinem Job als Restaurant Steward auf Kreuzfahrtschiffen wie den aus dem Fernsehen bekannten „Traumschiffen“ MS Berlin und MS Arkona um den Globus gereist. Längst muss der in Thüringen aufgewachsene Mann etwas weniger mobil agieren, denn er ist an Land tätig: Viele Jahre in Blessings Landhotel in Berglen, inzwischen im Parkhotel Schillerhöhe in Marbach. Die weite Welt sieht er aber immer noch – er holt sie einfach an den heimischen Tisch – in Form von 3-D-Puzzles berühmter Gebäude, die er baut. So manches davon hat er auf seinen Reisen zumindest vom Wasser aus in Echt gesehen. Eine Auswahl dieser Sehenswürdigkeiten im Miniaturformat ist nun bis zum 8. Januar im Museum Welzheim ausgestellt.

Eine „Coproduktion“ mit dem Coronavirus

„Das Ganze war eine Coproduktion von Corona und mir“, sagt Jens Boy. Er steht neben Schloss Neuschwanstein, einem der ersten Modelle, die er zusammengepuzzelt hat, nachdem im März 2020 wegen der Coronapandemie an seinem Arbeitsplatz im Hotel plötzlich gar nichts mehr ging. „Man muss in so einer Situation eine Beschäftigung suchen, sonst dreht man durch“, sagt Jens Boy, der sich damals an ein Hobby längst vergangener Jahre erinnerte: „Früher habe ich ab und zu Schiffsmodelle gebaut.“

Nun stieg er auf 3-D-Puzzles um. Ein Teil davon stammt aus deutscher Produktion, die eher ausgefallenen Stücke hat Jens Boy allerdings im Sortiment einer kanadischen Firma entdeckt. „Diese sitzt aber in China, weshalb die Anleitungen manchmal auch auf Chinesisch sind“, erzählt er und lacht.

Mit Geduld hat er es letzten Endes aber trotzdem immer geschafft und die Gebäude vollendet – vom erwähnten Neuschwanstein über die Mercedes-Benz-Arena bis zum Eiffelturm, auch das Sydney Opera House und das Empire State Building hat er nachgebaut, teils aus Pappe, teils aus Plastik. Zu den kleineren Exponaten gehört beispielsweise ein etwa 20 Zentimeter hohes Modell der Freiheitsstatue in New York, das aus rund hundert Einzelteilen besteht. Andere Stücke hat Jens Boy aus fast tausend Puzzleteilen angefertigt. Mit nahezu 1,70 Metern Höhe beeindruckend groß ist das Modell des Büro- und Hotelgebäudes Burj Khalifa, das im Original in Dubai steht.

Der in der Realität mehr als 800 Meter hohe Wolkenkratzer besteht in Welzheim aus Pappe, die mit Metall beschichtet ist, LED-Lämpchen sorgen für bunte Farbspiele. Fast wie aus Porzellan wirkt hingegen das Modell der in Kuala Lumpur stehenden Petronas Towers. „Die kleinen Sachen sind oft fummeliger als die großen Gebäude“, sagt Jens Boy.

Aufwendig ist auch der Bau jener Modelle, die aufklappbar sind und sowohl die Fassade als auch das Innenleben der Häuser zeigen. Sie müssen quasi doppelt gebaut werden. Zwei Beispiele sind in Welzheim ausgestellt: Die Saint Paul’s Cathedral in London mit ihrer berühmten Flüstergalerie und die Pariser Notre Dame in voller Pracht und ohne Brandschaden, aber mit kleinen bunten Fenstern versehen, die Jens Boy in die Öffnungen geklebt hat.

Die kleinen Modelle sind eine fummelige Angelegenheit

Auch die Moskauer Basilius-Kathedrale in Rot, Grün und Weiß mit ihren bunt gedeckten Zwiebeltürmen ist ein echter Hingucker, weshalb die Ausstellungsmacher sie trotz aller negativer Nachrichten zeigen. Allerdings steht sie aus weltpolitischen Gründen einsam und allein in einer eigenen Vitrine, ergänzt durch einen erklärenden Text.

„Inzwischen bin ich an einem Punkt angelangt, an dem es nichts mehr Neues gibt“, sagt Jens Boy mit Bedauern und fügt hinzu, das 3-D-Puzzeln habe durchaus Suchtpotenzial. Was tun? Der Bastler ist auf Holz umgestiegen. Sein aktuelles Projekt ist das Riesenrad im Wiener Prater.

Die Ausstellung „Berühmte Gebäude“ im Miniaturformat ist bis 8. Januar in Welzheim im Museum in der Pfarrstraße zu sehen, geöffnet ist sonntags von 13 bis 16 Uhr.