Caroline und Jérôme de Sadeleer haben ihr erstes Deli eröffnet. Foto: Matthias Ring

Neue und alte Angebote sorgen für ein bisschen Leben in der kleinen Fußgängerzone in Stuttgarts City. Mitten im Teil-Lockdown hat dort die Masseria eröffnet.

Stuttgart - In guten Zeiten ist die Calwer Straße mittags wie abends hochfrequentiert von Büroleuten, Passanten und Hipstern. Die kleine Fußgängerzone hat sich gastronomisch gut entwickelt. Besonders im oberen Teil Richtung Rotebühlplatz reiht sich Location an Location. Vom Glas im Stehen vor der Weinbar bis zum Bussi-Bussi beim Edelitaliener – vieles ist hier möglich, normalerweise. Derzeit allerdings sind die Tische und Stühle draußen zusammengeschoben und ist wenig Publikumsverkehr, obwohl gut die Hälfte der Gastronomen Takeaway anbietet. Immerhin vor dem Udo-Snack bilden sich Schlangen. „Mittags geht’s ganz gut, samstags besonders, aber abends ist hier tote Hose“, sagt Caroline de Sadeleer, die mit ihrem Mann Jérôme mitten im Teil-Lockdown die Masseria eröffnet hat.

Ein unaufgeregter After-Work-Treff soll entstehen

Geplant war das natürlich schon viel früher. Das Konzept der beiden 32-Jährigen stammt noch aus dem Vorjahr, aber verschiedene Umstände haben die Eröffnung extrem verzögert. Caroline de Sadeleer, die voller Energie und im fünften Monat schwanger ist, zeigt sich dennoch zufrieden. Während des Gesprächs schauen neugierige Passanten rein, und manche machen das, für was die Masseria von Anfang an auch gedacht war: Sie nehmen sich etwas zu essen mit, derzeit bei eingeschränkten Öffnungszeiten bis 17 Uhr. Für normale Zeiten sind drinnen 32 Sitzplätze und draußen 40 vorgesehen. De Sadeleer schwebt „ein unaufgeregter After-Work-Treff“ vor.

Ein bisschen New York in der City

Spezialität im healthy Deli sind Filodinas, hauchdünne Fladenbrote aus Filoteig, die mit hausgemachter Tomatensoße, Schinken und Taleggio oder mit Räucherlachsforelle und Ricotta belegt sind. Alle Zutaten sind handverlesen aus der Region. Auch interessant: das NY Yummi Pastrami mit Schwarzbrot – also wirklich pechschwarzem Holzkohle-Brot. Das NY steht aus gutem Grund für New York, denn das junge Paar hat lange Zeit im Big Apple sowie in London gelebt und als Unternehmensberater gearbeitet. Er ist Schweizer, sie stammt aus Stuttgart, und die beiden haben noch einiges vor: Filialstandorte ihrer Masseria – ein in Apulien gebräuchlicher Begriff für eine Art Hacienda – in München und Frankfurt sind schon längst gesichert.

Warten auf Gäste und Hilfen

Auch Pascal Schwer expandiert. Der Chef des Gardener’s Nosh hat zusätzlich zur beliebten Frühstücks- und Glutenfreie-Kost-Adresse im Sommer an der Calwer Straße Another Milk eröffnet, eine weitere Filiale soll Ende November an der Tübinger Straße folgen. Es laufe gut, sagt Schwer über das Coffee-to-go-Konzept, in dem es alle möglichen Alternativen zu Kuhmilch gibt.

Auch im Gardener’s Nosh bietet er bis 17 Uhr Takeway an. Das sei allerdings mehr „eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme“ für einige seiner 28 festen Mitarbeiter. „Wir würden uns freuen, wenn die Hilfen irgendwann mal ankommen würden“, sagt Schwer. Und zu den von der Bundesregierung in Aussicht gestellten 75 Prozent des Novemberumsatzes 2019: „Von dem, was nach den Abzügen übrig bleibt, können wir vielleicht den Strom zahlen.“

Nebenan im Café Holzapfel hat man vor wenigen Wochen aufgegeben. Am oberen Ende der Calwer Straße aber hält Birgit Grupp mit ihrem Paulaner weiter die Stellung. Sie wäre schon glücklich, wenn sie Personal und Ware bezahlen könnte von dem, was durch das To-go-Angebot verdient wird. Die Abholzeit hat sie auf Wunsch vieler älterer Stammgäste von 18 Uhr auf 20 Uhr verlängert. Mit Blick auf den brachliegenden Außenbereich um den Brunnen sagt sie: „Ich verstehe nicht, was es schaden würde, wenn hier draußen Leute sitzen würden.“ Wie viele rechnet sie schon seit Beginn des Teil-Lockdowns nicht damit, dass im Dezember wieder richtig geöffnet werden kann.