Walid Regragui will bei der WM das Wunder schaffen. Foto: AFP/Karim Jaafar

Marokkos Coach Walid Regragui nimmt viele Rollen ein und hat eine Einheit geformt, die Millionen Fans träumen lässt.

Anfangs belächelt, nun der große Held. Binnen weniger Monate ist Walid Regragui zum Hoffnungsträger von Millionen Menschen in Afrika und im arabischen Raum geworden. Der 46-Jährige hat Marokko tatsächlich ins Halbfinale der Fußball-WM in Katar geführt. Was für ein Erfolg. Nun wartet das bislang größte Duell auf das Überraschungsteam. An diesem Mittwoch (20 Uhr/ZDF) fordern die Nordafrikaner Titelverteidiger Frankreich heraus. Und auch hier gilt aus Sicht des Underdogs: Keine Angst vor großen Namen.

 

Marokko ist als Gruppenerster ins Achtelfinale eingezogen, hat dann mit Spanien und Portugal zwei Mannschaften ausgeschaltet, die den Titel holen wollten. Statt der Iberer steht Regraguis Équipe unter den besten Vier. „Warum sollten wir nicht vom WM-Titel träumen?“, fragt der Coach in der Pressekonferenz am Mittwoch. Regragui gibt sich kämpferisch, überzeugt, selbstsicher. Wie seine Schützlinge auf dem Platz. Einem Mantra gleich wiederholt Regragui einen Satz: „Wir haben eine Chance“, sagt Marokkos Coach mehrfach. Da glaubt jemand an sich und an die eigenen Fähigkeiten, an die Stärke seiner Spieler.

Fest entschlossen

Und für die, die es immer noch nicht verstanden haben, fügt er hinzu: „Wir sind fest entschlossen, die Geschichtsbücher umzuschreiben. Wir wollen für Afrika gewinnen, für all jene, die immer davon geträumt haben.“ Regragui weiß: Geschichte geschrieben hat sein Team längst. Noch nie hat es ein afrikanisches Team in ein WM-Halbfinale geschafft – bis Marokko kam und die Fußball-Welt staunen ließ.

Für die Spieler ist Regragui weit mehr als nur ein Trainer. „Wir können immer zu ihm kommen. Auch mit privaten Themen. Er lehrt uns vieles“, sagt Mittelfeldmann Ilias Chair. „In diesen Momenten ist er Vater oder großer Bruder“, sagt der 25-Jährige, der bei dieser WM noch keine Minute gespielt hat.

Eine Einheit geformt

Ob Bankdrücker oder Stammspieler: Walid Regragui hat eine Einheit geformt, die für ihren Coach durch dick und dünn geht – und Millionen Fans träumen lässt. Dabei standen viele Marokkaner dem Coach kritisch gegenüber, als dieser vor sieben Monaten den Job des gefeuerten Vahid Halilhodzic übernahm und als „Avocado-Kopf“ verspottet wurde. Regragui brachte exzellente Referenzen mit, hatte mit Wydad Casablanca immerhin das Double aus Meisterschaft und afrikanischer Champions League gewonnen. Nationalcoach zu sein, traute man ihm nicht zu.

Alle sind Marokkaner

Dem in Paris geborenen Regragui schlug Misstrauen entgegen. Wie den Spielern, die nicht in Marokko auf die Welt gekommen sind und denen, so der manchmal deutlich, manchmal weniger deutlich ausgesprochene Vorwurf, das „Herz für das Marokko“ fehle. Der Coach hält das für blanken Unsinn und stellt klar: „Jeder Marokkaner ist ein Marokkaner.“ 14 Spieler seines Kaders sind im Ausland geboren. Keeper Bono zum Beispiel stammt aus Kanada, der Ex-Dortmunder Achraf Hakimi aus Spanien, Abdelhamid Sabiri aus Deutschland, Kapitän Romain Saiss aus Frankreich. Sie alle sind inzwischen gefeierte Helden in Marokko. Wie ihr Trainer.