Kim Hubl im Vereinsheim des VfB Neckarrems. Foto: Marius Venturini

Kim Hubl ist Trainer der Frauenmannschaft des FC Remseck-Pattonville. Das Team führt überlegen die Bezirksliga-Tabelle an. Im Interview geht es aber um viel mehr als die zurückliegende Hinrunde.

Kornwestheim - Was er vom sogenannten „Flex“-Modus hält, wie sich sein Team zusammensetzt, warum man als Frauentrainer viel Geduld braucht und warum ein Plan nicht verkehrt ist – Kim Hubl, Frauencoach beim FCRP, im Interview.

Herr Hubl, Ihre Mannschaft ist überragender Tabellenführer. Mit welcher Vorgabe sind Sie in die Saison gestartet?
Wir haben ja letzte Saison schon in der Relegation um den Aufstieg gespielt (Anmerkung der Redaktion: Es gab eine 1:2-Niederlage gegen den TSV Ottmarsheim). Da haben wir beschlossen, wieder unter die ersten Zwei kommen zu wollen. Diese Vorgabe gilt immer noch.
Nun nehmen sich manche Teams viel vor und am Ende kommt recht wenig dabei heraus. . .
Ich habe immer einen Drei-Jahres-Plan. Man braucht Geduld, um die Spielerinnen zu formen, damit sie das System verinnerlichen, das man spielen möchte. Das kostet Zeit. Jetzt haben wir eine extrem junge Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren, aber eben auch viele Spielerinnen mit besonderer Klasse, bei denen man sagt: Die können mehr. Aber wir haben hier die Ruhe, uns hat niemand so wirklich auf dem Schirm, trotzdem sind wir meiner Meinung nach die stärkste Mannschaft der Liga.
Warum ist das so?
Die Mannschaft will lernen und wir schauen auch über den Tellerrand hinaus. Wir haben schon mit den Footballern von den Pattonville Generals trainiert, waren beim Kickboxen, beim Yoga und so weiter. Man kann alle Sportarten miteinander verbinden. Wir machen auch viel Brain-Kinetik, damit wir im Kopf schneller sind. Das zeichnet uns aus, zusätzlich zur Schnelligkeit in den Bewegungsabläufen. Und wir machen auch viel Theorie: Wie verschieben wir, wie verlagern wir das Spiel? Man muss einfach viel anpassen, und man muss auch auf die Spielerinnen eingehen. Viele sind Schülerinnen, die kommen direkt von der Schule zum Training. Die müssen erst mal den Kopf freikriegen. Aber natürlich klappt auch bei uns nicht immer alles.
Sie haben das niedrige Durchschnittsalter angesprochen. Wie läuft die Nachwuchsarbeit beim FCRP? Eine B-Jugend gibt es ja derzeit nicht. . .
Wir haben die gesamte U17 in den Aktivenbereich hochgezogen. Und bei Testspielen kommen bei uns sogar schon C-Mädchen zum Einsatz und liefern teilweise überragende Leistungen ab. Da sieht man fast keinen Unterschied. Unsere Aktiven pfeifen Spiele der D-Mädchen, damit man sich gegenseitig kennenlernt. Mit der C-Jugend ist die Bindung wirklich eng, weil wir gleichzeitig trainieren. Außerdem haben wir unser großes Mädchenturnier in Pattonville, das wir diesmal in Eigenregie veranstalten, und wir kommen bei Testspielen und Turnieren auch mal weiter weg.
Anderes Thema: Als ich mich mit dem mittlerweile Ex-SVK-Trainer Kim Gerlach vor Saisonbeginn unterhalten habe, war er mit dem ‚Flex’-Modus in der Liga alles andere als glücklich. Wie stehen Sie zur Regelung, dass ein Team auch mit weniger als elf Spielerinnen antreten kann und dann eben das Spielfeld verkleinert wird?
Da halte ich gar nichts davon. Dann sollen die Vereine lieber eine Spielgemeinschaft machen. Im Aktivenbereich bin ich absoluter Verfechter des Elf-gegen-elf. In der Jugend mag das okay sein, aber ansonsten nicht. Dann muss man als Verein eben aktiver werben oder mit mehr Jugendspielerinnen antreten. . . oder eben als SG.
Die Flex-Option hat für diese Saison nur der FSV Oßweil 2 gezogen.
Ich finde das nicht gut. Sowieso macht ein Kader mit weniger als 30 Leuten nur wenig Sinn. Da hilft auch keine Flex-Mannschaft. Es fehlt immer irgendjemand. Außerdem kann man als Flex-Mannschaft nicht aufsteigen. Angenommen, die ersten beiden spielen als Flex-Teams, dann kann der Dritte noch hoch. Das ist nicht im Sinne des Wettbewerbs. Bei den Männern gibt es das doch auch nicht, warum dann bei den Frauen? Wir wollen doch alle die Gleichberechtigung.
Aber wie kriegt man mehr Frauen zum Fußballspielen?
Man muss da etwas umdenken. Jeder Verein sollte eine Frauenmannschaft haben. Man kann leichter aufsteigen für weniger Geld (grinst). Klar, man muss einiges tun, aber vom Erfolg her sollten die Vereine eher in Mädchen- und Frauenmannschaften investieren.
Nun ist in der näheren Umgebung die Konkurrenzsituation ziemlich groß, oder etwa nicht? Es existieren doch viele Frauenteams.
Natürlich, und das Derby gegen den SV Kornwestheim ist für uns auch immer eine lukrative Sache.
Nimmt man sich da nicht gegenseitig die Spielerinnen weg?
Natürlich fragt man mal an bei den Spielerinnen von anderen Vereinen. Aber andererseits: Ich hatte hier eine Spielerin, die ein Angebot von einem U17-Bundesligisten hatte. Die ist aber hier geblieben, weil es hier für sie gepasst hat. Klar, auch die Nachbarvereine buhlen ab und zu bei uns. Aber da ist ja auch ein Zeichen der Wertschätzung. Und grundsätzlich ist es ja auch kein Fehler, wenn mal die eine oder andere Spielerin Erfahrungen bei einem anderen Verein sammelt.
Zurück zur laufenden Saison: Hätten Sie gedacht, dass Ihre Mannschaft zur Halbzeit das Optimum nur um zwei Punkte verfehlt hat?
Und im ersten Spiel gegen Ottmarsheim hatten wir eine verletzte Torspielerin im Tor. Wir haben 1:3 hinten gelegen und noch 3:3 gespielt. Unser Ziel für die Hinrunde war, unter zehn Gegentoren zu bleiben, das haben wir mit neun geschafft. Und wir haben kein Spiel verloren.
Auch nicht gegen Kornwestheim. . .
Ja, das war ein wichtiger Sieg. Und auch gegen Asperg zu gewinnen, war wichtig. Da haben wir brillant gespielt und hatten eine super Torspielerin im Kasten.
Die Prognose für die Rückrunde?
Es wird sicher schwieriger, wir sind die Gejagten. Wir müssen noch mehr laufen und dem Gegner unser Spiel aufzwingen. Viele haben gegen uns mit einer Fünferkette gespielt, da Löcher zu finden, wird auch in Zukunft sehr schwer. Über ein bestimmtes Ziel muss ich mir noch Gedanken machen.
Ein schlichtes ‚Weiter so!’ wäre für Sie zu einfach?
Zu einfach und zu arrogant. Die meisten Punkte haben wir und Asperg, aber der SVK hat jetzt Zeit, sein Spielsystem zu formen. Asperg und den SVK sehe ich weiter als die stärksten Gegner. Außerdem kann man mit Erdmannhausen 2 immer rechnen, klar, da kommen aus der Landesligamannschaft immer wieder Spielerinnen runter. Wir dürfen einfach nicht nachlassen, die Konzentration muss immer da sein. Außerdem müssen wir weiter auf unser variables Spielsystem vertrauen. Bei uns kann jede überall spielen.
Zum Schluss: Wie viel Remseck und wie viel Pattonville steckt im FCRP-Team?
Das kann ich ganz genau sagen: Aus Pattonville kommt nur eine einzige Spielerin, Myriam Dehnen. Der Rest der Stammelf kommt aus Hochdorf, Neckarrems und Aldingen. Der Rest des Kaders ebenfalls. Halt, eine Hochbergerin ist auch noch dabei.