Schock für Antonio Rüdiger und die deutsche Mannschaft: Der Innenverteidiger zog sich einen Kreuzbandriss zu. Foto: dpa

Für Antonio Rüdiger ist die Fußball-EM vorbei, ehe sie begonnen hat: Kreuzbandriss. Nun stellt sich die Frage: Wem lässt Bundestrainer Joachim Löw die Fahrkarte nach Evian-les-bains ins Quartier der Nationalmannschaft zukommen? Ein kurzer Check.

Stuttgart/Evian-les-bains - Nach dem Kreuzbandriss von Antonio Rüdiger kann Bundestrainer Joachim Löw einen Spieler für seinen EM-Kader nachnominieren. Da sich der Verteidiger, der einst für den VfB Stuttgart am Ball war, die Verletzung vor dem ersten Gruppenspiel der Fußball-Nationalmannschaft am Sonntag gegen die Ukraine zugezogen hat, greift Artikel 44.03 des Turnierregelwerks der Uefa. Wen könnte Löw nachnominieren? Wir checken die heißesten Kandidaten.

Jonathan Tah

Der Leverkusener Innenverteidiger wäre von seiner Physis (1,92 m/92 kg) im Grunde der logische Ersatzmann für Rüdiger, sozusagen ein Tausch 1:1. Im März debütierte der 20-Jährige im Nationalteam, es war der Lohn für eine starke Saison im Bayer-Dress – allerdings verpasste der gebürtige Hamburger das Bundesliga-Saisonfinale wegen einer Lebensmittelvergiftung. Was die Wahrscheinlichkeit seiner Nachnominierung womöglich verringern dürfte: Tah fehlte in Löws vorläufigen EM-Aufgebot. Chance: 60 Prozent.

Sebastian Rudy

Anders als Tah war der Hoffenheimer in der ersten Phase der EM-Vorbereitung noch dabei, bevor er vor Nominierungsschluss von Löw aussortiert wurde. Ein Plus: Er kennt das Team, weiß um die Abläufe – und das Team kennt ihn. Rudy wäre kein 1:1-Ersatz, für den früheren Profi des VfB Stuttgart spricht aber seine Vielseitigkeit: Der 26-Jährige kann als Rechtsverteidiger eingesetzt werden, fühlt sich aber auch im defensiven Mittelfeld wohl. Der Hoffenheimer war darüber hinaus der einzige Defensivspieler unter den vier Profis, die aus dem vorläufigen Aufgebot gestrichen worden waren. Eine Nachnominierung Rudys wäre irgendwie typisch Joachim Löw. Schon vor der Weltmeisterschaft 2014 hatte der Bundestrainer für den offensiven Marco Reus den kurz zuvor gestrichenen Abwehrspieler Shkodran Mustafi nachnominiert. Chance: 50 Prozent.

Matthias Ginter

Der Weltmeister 2014 ohne Einsatz zeigte in der abgelaufenen Saison bei Borussia Dortmunde sowohl auf der rechten Abwehrseite als auch im Abwehrzentrum gute Leistungen – allerdings konnte der 22 Jahre alte gebürtige Freiburger im Dress mit dem Bundesadler selten überzeugen. Im der EM-Quali wurde er von Löw lediglich viermal aufs Feld beordert, und er gehörte wie auch Tah nicht zum vorläufigen EM-Aufgebot. Chancen: 20 Prozent.

Sven Bender

Der verletzungsanfällige Dortmunder kam zuletzt im Juni 2013 beim 3:4 gegen die USA zu einem Länderspiel-Einsatz. BVB-Trainer Thomas Tuchel hatte den 27-Jährigen umgeschult, vom Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger – und als solcher hat Bender einer sehr respektable Saison hingelegt. Zudem spricht seine Erfahrung für ihn, dennoch dürfte der Zwillingsbruder von Lars Bender die geringsten Chancen auf eine Berufung durch Löw besitzen. Chance: 10 Prozent.

Mister X

Möglich ist bei Löw natürlich auch, dass er einen Spieler nach Evian-les-bain einlädt, der die Rüdiger-Position nicht 1:1 ersetzen würde. Schließlich könnte Joshua Kimmich ins Abwehrzentrum rücken, immerhin ist der EM-Debütant beim FC Bayern in der vergangenen Saison regelmäßig als Innenverteidiger aufgelaufen. Zudem stehen neben Jerome Boateng, der beim ersten Training nicht voll belastbar war, ihm im EM-Kader noch Shkodran Mustafi und der eigentlich für die rechte Abwehrseite vorgesehene Schalker Benedikt Höwedes als gelernte Innenverteidiger zur Verfügung. Und der sonst gesetzte Innenverteidiger Mats Hummels dürfte nach dem Ukraine-Spiel auch wieder fit sein. Kandidaten für eine von der Position unabhängige Nachnominierung wären vor allem Julian Brandt und Karim Bellarabi, die beide zum vorläufigen EM-Aufgebot gehörten, wie Rudy aber erst im letzten Augenblick gestrichen wurden.

„Wenn irgendein Spieler ausfallen sollte, gibt es immer einen anderen“, hatte Löw während der Vorbereitung zu immer wieder eintretenden Verletzungen gesagt. Vor Antonio Rüdiger musste der Bundestrainer schon den Ausfall der Dortmunder Ilkay Gündogan und Marco Reus verkraften – bleibt zu hoffen, dass das Verletzungspech für die deutsche Mannschaft damit erschöpft ist.

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