Doppelpass: Calhanoglu (links) und Terim harmonieren nicht immer so gut Foto: AFP

Der Leverkusener Hakan Calhanoglu hat beim 0:1 gegen Kroatien schwach gespielt. Auch, weil er von Trainer Fatih Terim auf die rechte Seite gestellt wurde und dort kaum einen Ball erhielt – was zu Kritik führt. Passt er nicht ins Team?

Paris - Der Blick ist immer wieder nach rechts gewandert. Nicht unterwürfig, nicht verunsichert, aber fragend oder Bestätigung erheischend. Hakan Calhanoglu weiß ja, dass mit dem Mann an seiner Seite nicht zu spaßen ist. „Imperator“ nennen sie Fatih Terim in der Türkei. Und als zur Sprache kommt, wie denn Calhanoglus sensible Künstlerseele mit der herrischen Art des Nationaltrainers zurechtkomme, da hat sich der Mittelfeldspieler lieber noch einmal beim Medienchef vergewissert, was er nun sagen soll.

Inhaltlich nichts. Alles sei kein Problem, lautet die Antwort. Calhanoglu will ja nichts falsch machen im Kreis der Nationalmannschaft. Bei der 0:1-Niederlage gegen Kroatien ist dann aber einiges schief gelaufen. Ziemlich viel sogar, da der 22-jährige Fußballer keine Bindung zum Spiel fand. Nicht einmal seine Position auf dem Platz fand der Mann von Bayer Leverkusen.

Wie ein Fremder im eigenen Team wirkte Calhanoglu. Vereinsamt auf der rechten Seite, wohin ihn Terim zunächst beordert hatte. Kaum ein Ball erreichte den ziemlich verhinderten Ballkünstler dort. Weshalb sich Calhanoglu immer wieder in die Mitte schlich. Dort kreuzten sich dann die Wege mit Arda Turan, dem zweiten Edeltechniker der Türken, den das gleiche Schicksal von links ins Zentrum trieb.

Ein recht hohes Verkehrsaufkommen ergab das, was sie die Offensivbemühungen bremste. „Jeder weiß, dass ich lieber in der Mitte spiele“, sagt Calhanoglu dann auch nach dem Abpfiff – was im Widerspruch zu dem steht, was er vor dem Anpfiff von sich gegeben hat. „Rechts zu spielen ist gar kein Problem. Diese Rolle kenne ich aus Leverkusen. Da habe ich es schon öfters gespielt“, hat Calhanoglu da noch gemeint.

Terim wird die leise Kritik an seiner Aufstellung nicht gerne hören, zumal Calhanoglu in seinem Lieblingsrevier ebenfalls blass blieb. Kein guter Pass, kein gefährlicher Freistoß. Nur eine Szene blieb in Erinnerung, als der Leverkusener verzweifelt auf das Tor schoss anstatt nach außen zu passen. Drüber und schon war der im Ansatz ordentliche Angriff vorbei.

Gefangen zwischen zwei Spielkulturen

Nichts erhellte also das graue Spiel der Mannschaft in den roten Trikots, da Terims System nicht griff. Allein auf die Popularität der Namen sei die Formation ausgerichtet und nicht auf die fußballerischen Notwendigkeiten, werfen ihm Kritiker vor. Vornehmlich auf Spieler aus der Süperlig plus die zwei Auslandsstars Calhanoglu und Turan (FC Barcelona) vertraute der Trainer gegen Kroatien. Yunus Malli (Mainz), Nuri Sahin (Dortmund) und auch Emre Mor (wechselt vom FC Nordsjaelland in Dänemark nach Dortmund), die viele für eine Bereicherung halten, saßen draußen.

Doch mit drei defensiven und zwei offensiven Mittelfeldspielern, jeweils ähnlichen Zuschnitts, bekam das türkische Spiel weder Tempo noch Tiefe. Und um die Verwirrung noch komplett zu machen, schickte der Trainer das Turbotalent Emre Mor bei seiner Einwechslung ins Zentrum anstatt auf den Flügel. „Obwohl klar ist, dass Emre lieber außen spielt“, sagt Calhanoglu.

Wieder eine kleine Spitze gegen den großen Herrscher im Team, wenn auch unbedarft geäußert. Doch Calhanoglu tut sich offenbar schwer, sich zwischen Spielkulturen in Deutschland und der Türkei zu bewegen. Mit einem Hackentrick und ein paar Antritten deutete aber wenigstens die 18-jährige Dortmunder Neuerwerbung an, dass sie das erlahmte Spiel der Türken beschleunigen kann. „Emre ist ein außergewöhnlicher Spieler“, sagt Terim, der die Verhältnisse nach der ersten Enttäuschung in seinem Sinne interpretiert: „Kroatien war besser, aber wir haben noch zwei Spiele. Es ist noch nichts vorbei.“

Am Freitag geht es gegen Spanien, danach gegen Tschechien. „Da müssen wir vieles besser machen“, weiß Calhanoglu. Und dafür muss Trainer sein Team wohl nicht nur auf seine berühmt-berüchtigte Art neu motivieren, sondern ebenso neu sortieren. Ansonsten braucht der vom „Imperator“ so hoch gelobte Calhanoglu in Frankreich wohl einen Kompass, um seinen Platz zu finden.