Einmal und nie wieder? Das gemeinsame Fußballschauen – wie hier 2006 – ist Stuttgart und vielen Wirten zu teuer. Foto: dpa

Viele Gäste kommen nur, wenn Deutschland spielt und kaufen ihre Getränke im Supermarkt, klagen Wirte.

Stuttgart - „Nie wieder!“ Das sagt Werner Mornhinweg, ehemaliger Wirt aus Sindelfingen, wenn man ihn fragt, was er aus der WM 2010 gelernt hat. Wie viele andere hatte auch er in seinem Biergarten Fernseher und Leinwände zum gemeinsamen Fußballschauen aufgestellt. Und wie viele andere hat auch er mit dem öffentlichen Fußballvergnügen keinen Gewinn gemacht. Ganz im Gegenteil.

„Die Gäste kamen nur, wenn Deutschland gespielt hat“, erzählt Mornhinweg. Dazu komme, dass viele Besucher während des gesamten Spiels oft nur eine Cola bestellten und in der Halbzeit beim Supermarkt gegenüber ihre Biere getrunken haben. „Die machen viel Geschrei und Dreck, konsumieren aber nichts“, ärgert er sich. Etwa die Hälfte seiner Gäste seien während der WM 2010 solche „Trittbrettfahrer“ gewesen. „Und dafür habe ich einen Mordsaufwand mit Security und Rotem Kreuz gehabt.“ Und enorme Kosten.

Lieber zu Hause schauen als im Biergarten

Wenn es am 8. Juni wieder losgeht und die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine startet, werden die Fans des gemeinsamen Fußballschauens auf die Wirte der Region angewiesen sein. Denn die Stadt wird für das diesjährige internationale Turnier kein sogenanntes Public Viewing veranstalten. Schon bei der Weltmeisterschaft 2010 hatte es keine Leinwand auf dem Schlossplatz gegeben. „Die Kosten dafür sind einfach zu hoch“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Das Public Viewing bei der Europameisterschaft 2008 habe die Stadt 500.000 Euro gekostet. Und damals habe man nur die Halbfinals und das Finale öffentlich gezeigt.

Auch für viele Gastronomen sind die Kosten nicht mit dem Ertrag während des Turniers in Einklang zu bringen. Ein Wirt berichtet von enorm hohen Kosten, die er für das Zeigen der Spiele der WM 2010 ausgegeben habe. Allein die Miete für die Leinwand habe für die vier Wochen 32.000 Euro gekostet, und die benötigte Security schlug mit weiteren 20.000 Euro zu Buche.Neben den Kosten tragen die Wirte weitere Risiken: Auch wenn das niemand hofft, könnte die deutsche Mannschaft frühzeitig aus dem Turnier ausscheiden. Und wenn das Wetter schlecht ist, schauen manche Fans lieber zu Hause als im Biergarten.

Die Gebühren sind nicht das Problem

Welcher Aufwand und welche Kosten auf einen Gastwirt zukommen, der die Fußballspiele der Europameisterschaft zeigen möchte, umreißt Daniel Ohl vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Baden-Württemberg. „Zunächst müssen die Fernsehgeräte bei der GEZ und zusätzlich die Ausstrahlung der Spiele bei der Gema angemeldet werden.“

Wobei: Die Gebühren sind nicht das Problem. Für die gesamte Euro 2012 zahlt ein Gastwirt an die Gema je nach Größe des Fernsehers und Größe der Gaststätte zwischen 33 und 210 Euro brutto. Eine Sonderlizenz von der Uefa, wie dies von der Fifa für das Zeigen der Spiele der WM 2010 verlangt wurde, scheint es nicht zu geben, „zumindest ist uns davon nichts bekannt“, so Ohl. Wer für das Spektakel öffentlichen Raum nutze, müsse eine Genehmigung der Stadt einholen. Und auch während des Turniers sind Sperrzeiten und Lärmschutzrichtlinien einzuhalten. Während der WM 2006 hatte das Land die Sperrzeit aufgehoben.

„Sind froh, wenn wir mit einer Null-niull-Rechnung rauskommen“

Trotz Kosten und Risiken werden auch in diesem Sommer viele Wirte ihre Fernseher und Leinwände für die Gäste aufstellen. So zum Beispiel die Schönbuch Brauhäuser in Stuttgart und Böblingen. „Für das Brauhaus in Böblingen haben wir vor einigen Jahren einen Beamer für 15.000 gekauft“, sagt Nunzio Chiumendi, Geschäftsführer der Schönbuch Brau Betriebs GmbH. Die Miete dafür entfällt also, trotzdem rechnet er für die rund vier Wochen mit 20.000 Euro zusätzlichen Kosten. „Wir sind froh, wenn wir mit einer Null-null-Rechnung rauskommen“, sagt er.

Auch viele Vereine kämpfen mit den Kosten und dem Aufwand für das öffentliche Fußballschauen. „In diesem Jahr hat sich niemand bereit erklärt, die Organisation zu übernehmen“, sagt Ute Nordmann von der SpVgg Holzgerlingen. Der Verein wird zur Europameisterschaft 2012 kein Public Viewing anbieten. Die Kosten seien nicht das Problem, sagt Nordmann, die letzten Male, 2006, 2008 und 2010, seien die durch Sponsoren finanziert worden. „Aber die Auflagen zu erfüllen, dass zum Beispiel kein Glas auf das Gelände mitgenommen werden darf oder dass zusätzliche Toiletten aufgestellt werden müssen, ist für uns einfach ein enormer Aufwand.“