Der kriselnde VfL Wolfsburg hat Felix Magath gefeuert. Der frühere VfB-Coach war Trainer, Manager und Geschäfstführer bei den Niedersachsen.

Wolfsburg - Nach einer scheinbar endlosen Kette von Pleiten, Querelen und Peinlichkeiten ging dann schließlich doch alles ganz schnell. Am Donnerstagmittag wurde Trainer Felix Magath beim VfL Wolfsburg entlassen. „Der Aufsichtsrat des VfL Wolfsburg und Felix Magath sind heute übereingekommen, die Zusammenarbeit zu beenden“, heißt es in einer am Nachmittag verbreiteten Vereinsmitteilung.

Demnach habe Magath gebeten, „ihn von seinen Pflichten zu entbinden, da er nicht möchte, dass der Verein in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Nachfolger wird als Interimstrainer zunächst Lorenz-Günther Köstner, der bislang die Amateurmannschaft betreute.

Felix Magath, der Alleinherrscher bei den Niedersachsen, wollte am Donnerstag eigentlich vorzeitig in Richtung Düsseldorf aufbrechen, um den Tabellenletzten in einem Kurz-Trainingslager auf das Auswärtsspiel am Samstag (15.30 Uhr) vorzubereiten. Stattdessen musste er in der VW-Zentrale beim Aufsichtsratschef Francisco Javier Garcia Sanz antreten und wurde dort beurlaubt: „Der Fokus liegt jetzt auf den kommenden Partien, in denen es gilt, schnellstmöglich wieder Anschluss an das Mittelfeld der Bundesliga zu finden“, erklärte Sanz, der noch vor wenigen Tagen seinen Ex-Coach mit den Worten „Wir müssen zu dem stehen, wovon wir überzeugt sind, und nicht jeden Tag etwas anderes machen“ gestützt hatte.

Nachfolger des „Napoleon von der Aller“, der bei den Niedersachsen seit 18. März 2011 nicht nur als Trainer, sondern auch als Manager und Geschäftsführer agierte und sogar die Verantwortung für das Stadionheft für sich reklamierte, soll zunächst Lorenz-Günther Köstner werden. Der Trainer-Routinier betreute zuletzt die Bundesliga-Reserve der Werkself und war auch schon einer der Vorgänger von Magath auf dem Trainerstuhl beim VfL. Köstner hatte die „Wölfe“ ab 26. Januar 2010 für fünf Monate als Nachfolger des damals entlassenen Armin Veh betreut.

Meistermacher beim zweiten Versuch gescheitert

Magath war mit dem Ruf des Meistertrainers in Wolfsburg angetreten, hatte er doch bei seinem ersten Engagement zwischen 2007 und 2009 die damals graue Bundesliga-Maus mit einem radikalen Personalwechsel und dem damals überragenden Angriffs-Duo Edin Dzeko/Grafite sensationell zum Gewinn der Meisterschaft geführt. Nach seinem trotz einigen Erfolgen insgesamt missglückten Gastspiel bei Schalke 04 kehrte Magath 2011 nach Wolfsburg zurück und sollte die Mannschaft zurück in den internationalen Fußball führen.

Zunächst rettete Magath den akut abstiegsbedrohten VfL im Frühsommer 2011 vor dem Abstieg, schaffte dann aber trotz Investitionen von mehr als 30 Millionen Euro und dem Kauf zahlreicher neuer Spieler nicht den Durchbruch in die Spitzenregion der Bundesliga. Die Saison 2011/12 beendete der VfL nur auf dem achten Platz. Die Wende zum Besseren sollten im Sommer neue Spieler wie der von Bayern München verpflichtete Ivica Olic sowie Rückkehrer Diego (von Atletico Madrid) oder Torjäger Bas Dost bringen. Doch nach dem 1:0-Sieg beim Saisonauftakt in Stuttgart gelang kein dreifacher Punktgewinn mehr.

Magath blieb seinem System treu, wechselte ständig die Spieler in der Stammelf aus, verzichtete jüngst beim 0:2 im Heimspiel gegen den SC Freiburg auf Spielmacher Diego, setzte insgesamt gleich vier neue Kräfte in die Startelf und hatte trotzdem keinen Erfolg mehr. Zuletzt vier Niederlagen am Stück und 0:10 Tore brachten den Absturz auf den letzten Tabellenplatz und zwangen die Vereinsspitze zum Handeln.

Für Manager Christian Heidel vom Ligakonkurrenten FSV Mainz 05 steht das Scheitern Magaths in unmittelbarem Zusammenhang mit dessen umfassendem Arbeitsfeld. „Es kann mir keiner erzählen, dass eine Person die Aufgaben eines Managers und eines Trainers gleichzeitig erfüllen kann“, sagte Heidel, der auch die Führungskräfte über Magath kritisiert. „Die Probleme liegen eine Ebene höher. Wenn man sich dazu entscheidet, alle Macht einer Person zu geben, müssen sich auch die Entscheidungsträger hinterfragen“, sagte Heidel.

Suche nach der großen Lösung

Der eigentlich schon zu Wochenbeginn vermutete Rauswurf von Magath verzögerte sich, weil die Konzernspitze um VW-Chef Martin Winterkorn dienstlich in Brasilien unterwegs war. Am Donnerstag bestellte Aufsichtsratschef Sanz auch eine Gruppe von Spielern, darunter nach Informationen von „Sky Sport News HD“ Josue, Naldo, Ivica Olic und Marcel Schäfer, in die Wolfsburger VW-Zentrale. Die sollen sich nach Presseinformationen mit großer Mehrheit gegen den Trainer ausgesprochen haben. Magath wurde beurlaubt und danach nicht mehr auf dem Vereinsgelände gesehen. Dafür übernahm Köstner.

Wie lange die neuerliche Bundesliga-Mission von Köstner dauert, ist offen. Möglich ist, dass der 60-Jährige zunächst bis zur Winterpause die Geschicke lenkt, um den Bossen Zeit für eine sogenannte große Lösung zu verschaffen. Darin muss auch ein neuer Manager - „Bild.de“ bringt den früheren Bayern-Manager Christian Nerlinger ins Gespräch - enthalten sein. Die Machtfülle von Magath war zuletzt in Wolfsburg wahrscheinlich der wichtigste Grund, warum der Verein in der aktuellen Notlage nicht schon viel früher reagierte.