Trainerwechsel Nummer drei dieser Saison in der Bezirksliga: Giannicola Bellarosa ist in Stammheim raus. Foto: Archiv Tom Bloch

Während der SC Stammheim seinen Coach nach nur vier Monaten im Amt schasst, baut der TSV Plattenhardt seinen Vorsprung an der Tabellenspitze aus – und korrigiert das Saisonziel. Derweil setzt der Spieler der Stunde in der Staffel seinen tollen Lauf fort.

An der Tabellenspitze ein enteilender TSV Plattenhardt, bei der Konkurrenz derweil bereits Trainerwechsel Nummer drei dieser Saison – die Stuttgarter Fußball-Bezirksliga bleibt dieser Tage ein steter Schlagzeilen-Lieferant. Während der Filderstädter Landesliga-Absteiger bei nun bereits fünf Punkten Vorsprung die Option hat, das Titelrennen frühzeitig zum Langweiler zu gestalten, spitzt sich beim ursprünglichen Meisterschaftsfavoriten SC Stammheim das Geschehen in einer für ihn bislang verkorksten Runde zu. Abpfiff für Giannicola Bellarosa – die Nord-Stuttgarter haben sich von ihrem Coach nach nur vier Monaten im Amt getrennt. So rückt der weitere sportliche Teil in den Hintergrund. Zum Beispiel der Musberger Ausrufezeichen-Sieg mittels Traumtor. Oder die nächsten Ali-Karsli-Festspiele bei der Sportvg Feuerbach.

 

Türkspor Stuttgart – SC Stammheim

Warum es beim SC Stammheim nun gescheppert hat? Oberflächlich betrachtet, könnte man ja schnell den Rückschluss ziehen: klar, die sportliche Situation. Der amtierende Vizemeister steht nach zehn Spieltagen nur auf einem unbefriedigenden achten Tabellenplatz. Doch betont der sportliche Leiter Rainer Schwalb, dass dies nicht der Grund ist. Schließlich wissen auch die Verantwortlichen im Emerholz um die Umstände. Heimgesucht werden die Nord-Stuttgarter seit Saisonbeginn von einem fast schon aberwitzigen Verletzungspech. „Wir hatten jedoch unterschiedliche Vorstellungen zu einem bestimmten Thema, deshalb haben wir jetzt den Schlussstrich gezogen“, sagt Schwalb, ohne konkreter werden zu wollen. Ebenso im Vagen bleibt Bellarosa selbst. Er konstatiert: „Es gab Punkte, über die wir uns nicht einigen konnten.“

Bis zur Winterpause übernimmt nun Schwalb selbst bei den Spielen das Coaching, so wie auch schon an diesem Wochenende beim 2:2 in der Auswärtspartie gegen Türkspor Stuttgart. Das Training leitet bei auf Weiteres der Kapitän Matthias Kassaye, ein Co-Trainer soll noch nominiert werden. Und in der Rückrunde soll dann ein neuer Cheftrainer das Sagen haben. Die Suche läuft – erneut, zum vierten Mal innerhalb von eineinhalb Jahren. Seit dem Rückzug des Langzeit-Amtsinhabers Thomas Oesterwinter auf den Spielleiter-Posten will bei den Stammheimern an der Seitenlinie keine Konstanz mehr einkehren. Auch für die direkten Bellarosa-Vorgänger Andreas Eschenbach (nach internen Streitigkeiten zurückgetreten) und Erhan Atici (zeitlich bedingter Ausstieg) wurden es nur Kurz-Engagements.

Beim aktuellen Gegner Türkspor geht die Formkurve derweil weiter nach oben. Geärgert hat sich der Spielleiter Tarkan Bucak nur über den späten Ausgleich in der 88. Spielminute nach einem aus seiner Sicht „völlig unnötigen Ballverlust“. So rettete der eingewechselte Abdul Hakem Surasi Hamld den Gästen noch einen Punkt.

TSV Musberg – SV Bonlanden

Das sportliche Ausrufezeichen des Spieltags gelang freilich einem anderen. So düpierte der TSV Musberg im Filder-Derby den Tabellenzweiten SV Bonlanden mit 3:2 – für die Gastgeber der erste Heimsieg, für die Gäste die erste Auswärtsniederlage der Saison. Und: persönliche Pluspunkte für den Musberger Interimstrainer Denis Kühnle, der auf eine dauerhafte Beförderung zum Chefcoach hofft. Aufgegangen ist sein Plan, dem Gegner mit einer aggressiven Zweikampfführung zuzusetzen. „Wir haben eklig gespielt“, sagt Kühnle. Hinzu kamen für die eigene Offensive zwei freundliche Bonlandener Geschenke sowie ein finaler Schuss ins Glück. Den entscheidenden dritten Treffer besorgte Ruben Pinheiro Martins in Tor-des-Monats-Manier. Aus 25 Metern einmal draufgehalten – rums und drin.

Blieben lediglich zwei Wermutstropfen: Die Leistungsträger Marc Wiederoder (Zerrung) und Wolfgang Simon (Verdacht auf Bänderriss im Sprunggelenk) schieden verletzt aus.

Demgegenüber hadert der Kühnle-Amtskollege Klaus Kämmerer mit zwei verhängnisvollen individuellen Fehlern. „Eigentlich haben wir nach unserem zuletzt rabenschwarzen Tag eine gute Reaktion gezeigt“, sagt er. Ein ganz anderer Auftritt als beim vorangegangenen 0:3 gegen den Ortsnachbarn Bernhausen. Ja, wären nur diese beiden Blackouts nicht gewesen: erst Timo Stehle, dann Kevin Pein – zwei missratene Rückgaben, zweimal profitierte der Gegner eiskalt. Und so ist in der Tabelle, schwuppdiwupp, aus dem vor neun Tagen noch eigenen Ein-Punkt-Vorsprung an der Spitze ein Fünf-Zähler-Rückstand geworden.

Aufpassen also, dass im Aufstiegsrennen nun nicht bereits vor Rundenhalbzeit die Felle davonschwimmen? Zumal: In diesem Spieljahr gibt es auf Bezirksebene ja keine Relegation, mithin auch nichts zu gewinnen mit Platz zwei. Kämmerer sieht es so: „Wenn die Plattenhardter mit diesem Kader, den sie haben, nicht aufsteigen, haben sie alles falsch gemacht.“ Will heißen: Er und die Seinen erkennen eh nur eigene Außenseiterchancen. So sehr auch ein weiteres Jahr nur in der Bezirksliga schmerzen würde.

TSV Plattenhardt – SG Untertürkheim

Besagter TSV Plattenhardt hat den nächsten Patzer seines bislang schärfsten Rivalen indes freudig registriert. „Natürlich schaut man da drauf“, sagt Sascha Blessing, der Trainer des Spitzenreiters. Dessen Bilanz nach einem standesgemäßen 7:2 gegen das Schlusslicht SG Untertürkheim lautet: zehn Spiele, neun Siege. Eine Mannschaft wandelt auf den Spuren des letztjährigen Überteams der Staffel, des MTV Stuttgart. Machen nun auch die Plattenhardter aus dem von der Konkurrenz erhofften Aufstiegskrimi einen Aufstiegslangweiler? Blessing jedenfalls mag nicht mehr tiefstapeln. Das anfangs selbst gesteckte Saisonziel „Platz eins bis drei“ korrigiert er mittlerweile nach oben. „Wenn es am Ende tatsächlich auf zwei oder drei hinauslaufen würde, wäre keiner mehr zufrieden“, sagt er. Nun weiter volle Kraft voraus. Nun bitte das Maximum.

Einstweilen, an diesem Sonntag, schnürten Mikail Gümüssu und Fatih Özkahraman, Toredoppelpacks – Letzterer inklusive eines Freistoßes, den er ins Netz zirkelte. Hinzu kam gegen einen Gegner, der laut Blessing „nicht viel von uns wollte“, ein Comeback: Der Ex-Kapitän Emre Göcer gehörte erstmals seit April wieder in einem Ligaspiel zur Anfangsformation. Eine Herzmuskelentzündung hatte ihn monatelang außer Gefecht gesetzt.

SV Vaihingen – Sportvg Feuerbach

Einen weiteren Verfolger könnten die Plattenhardter nun bereits am kommenden Wochenende vorentscheidend distanzieren. Dann sind sie beim Tabellenvierten Sportvg Feuerbach zu Gast. Um nicht zu sagen: bei der Sportvg Karsli. Denn Obacht: Die „Talkrabben“ haben jenen Spieler in ihren Reihen, der in der Staffel gerade individuell auftrumpft wie kein anderer. Wie gesagt: Karsli, Vorname Ali. Aktuell, zum 3:2-Sieg beim SV Vaihingen, wartete der 30-jährige Ballermann vom Dienst mit seinem nächsten Tore-Triple auf. Karsli, Karsli, Karsli. Insgesamt steht er nun schon bei 18 Saisontreffern und verblüfft mitunter seinen eigenen Coach. „In der ersten Halbzeit hätte man sich als Zuschauer fragen können, wo er eigentlich ist“, sagt Rocco Cesarano. Karsli auf Tauchstation. Danach schlug der Erwähnte umso abgebrühter zu, freilich auch von seinen Teamkollegen gut in Szene ist. Zweimal legte Samet Ceviker mustergültig auf.

Kopfschüttelnder Beobachter war der Vaihinger Trainer Kai Liedtke. Seine Einschätzung: „Alle drei Gegentore waren vermeidbar, weil Ballverluste von uns vorausgegangen sind.“ Innerhalb der vergangenen vier Wochen hat sich sein Team nun drei Abfuhren von Top-fünf-Gegnern abgeholt. Plattenhardt, Cannstatt, Feuerbach. Die Frage, ob man am Schwarzbach selbst bereits auf ein Mehr schielen darf, sollte damit beantwortet sein. „Dafür fehlen uns noch ein bisschen Erfahrung und Konstanz“, sagt Liedtke.

Spvgg Cannstatt – TSV Rohr

Letztere scheint die Spvgg Cannstatt dagegen wieder gefunden zu haben. Bei jener zieht der Trainer Carmine Napolitano „sehr zufrieden“ Zwischenbilanz. Bereits 20 Zähler auf dem Konto – das sind nur zwei weniger als zum gleichen Zeitpunkt der Galasaison von vor zwei Jahren, als die Neckarstädter am Ende Vizemeister wurden. Und da ist es leicht zu verschmerzen, dass der aktuelle Erfolg vergleichsweise wenig Glitzer hatte. Das 2:1 gegen Napolitanos Jugendverein TSV Rohr fällt unter die Rubrik Arbeitssieg. „Meine erste Liebe, und die vergisst man ja bekanntlich nie“, sagt der Trainer mit einem augenzwinkernden Blick auf den Gegner.

Für die wenigen Cannstatter Highlights sorgten Gianluca Marsiglio und Marco Schulz. Beide schlenzten den Ball per Außenrist ins Tor. Das sollte reichen, um eine leidenschaftlich kämpfende Gäste-Elf in die Knie zu zwingen. Deren Fußballchef Holger Schroeder zollt den Seinen „ein Riesenlob“. „Mit solchen Leistungen werden wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben“, ist er überzeugt. Erst recht dann nicht, wenn sich die Personalsituation endlich wieder einmal bessern wird. Am Sonntag brachten die Rohrer aus ihrem 24-Mann-Kader gerade mal noch zwölf Kicker zusammen. Im Fall von Jannik Maus (Schambeinentzündung) ist inzwischen klar, dass er erst in der Rückrunde aufs Spielfeld zurückkehren wird.

TSV Bernhausen – TSV Münster

Bereits jetzt zurück ist der Spielmacher des TSV Bernhausen. Filip Jordacevic war nach siebenwöchiger Pause wegen eines Handgelenkbruchs am Sonntag zum ersten Mal wieder dabei – und trug sich beim 5:1 gegen den TSV Münster prompt in die Schützenliste ein. „Es hätte auch zweistellig werden können, wenn wir unsere Chancen nur halbwegs genutzt hätten“, sagt der Trainer Roko Agatic. Geärgert hat ihn aber schließlich nur eines, nämlich der Gelb-Rot-Platzverweis für seinen Abwehrchef Mahir Ege, der nach Ansicht des Schiedsrichters einen Freistoß zu schnell ausführte.

Ansonsten kommt der Landesliga-Absteiger zunehmend ins Rollen. „Die spielerisch mit Abstand beste Mannschaft“, findet der Münster-Coach Stefan Schuon, nachdem sich die Seinen nun immerhin schon mit zehn verschiedenen Gegnern gemessen haben. Schuon selbst hatte durch Krankheit, Verletzungen und Urlauber nur 13 seiner 27 Kaderspieler am Start. Das Beispiel TSV Rohr, siehe oben, lässt grüßen. Immerhin: Für den schönsten Treffer zeichnete der Aufsteiger verantwortlich. Marco Kreidl traf aus 35 Metern Entfernung in die Dreiangel.

SV Sillenbuch – SGM ABV/TSV 07 Stuttgart

In der Tabelle bleiben die Münsterer trotz Niederlage Elfter – vor den Sorgenkindern SV Sillenbuch und SGM ABV/TSV 07 Stuttgart, die sich im Kellerduell mit einem Ergebnis trennten, dass keinem von beiden weiterhilft: 3:3, unentschieden. Dabei deutete im Spitalwald lange nicht viel darauf hin, dass es ein regelrechtes Fußball-Drama werden könnte. Dann aber überschlugen sich die Ereignisse. Erst trafen die Gäste aus Degerloch durch Marcel Hummel zur umjubelten 2:1-Führung, ehe in der zehnminütigen Nachspielzeit noch drei weitere Tore fielen. Maximilian Widmann rettete den ABV-Mannen schließlich in buchstäblich letzter Sekunde wenigstens einen Zähler.

„Es ist verdammt ärgerlich, dass wir keine drei Punkte mitnehmen. Wir hätten das Spiel schon in der ersten Hälfte entscheiden und dann spätestens das 3:2 nach Hause bringen müssen“, sagt der Sillenbucher Co-Trainer Nico Hering, der den wie berichtet gesperrten Chef Zvonimir Topalusic an der Seitenlinie vertrat. Beim Gegner mischte derweil der Spielertrainer Maximilian Uhlenberg erstmals nach 17 Monaten selbst wieder auf dem Rasen mit. Er wechselte sich in der Schlussphase ein. „Das bedeutet aber nicht, dass ich jetzt wieder regelmäßig auf dem Platz stehe. Ich habe noch immer Probleme und Schmerzen im rechten Fuß“, sagt Uhlenberg.

Für einen anderen, den Torjäger Blessing Omoregie, ist die Hinrunde schon beendet. Bei ihm wurde nach gerade erst überstandener Gehirnerschütterung nun ein Meniskusschaden im Knie diagnostiziert. Er wird nächste Woche operiert.

Die Statistik zum 10. Spieltag

TSV Bernhausen – TSV Münster 5:1. Tore: 1:0 Alber (3.), 2:0 Walz (25.), 2:1 Kreidl (45.), 3:1 Milos (59.), 4:1 Jordacevic (70.), 5:1 Matanovic (88.). Besonderes: Gelb-Rot für Ege (Bernhausen, 85.)

Türkspor Stuttgart – SC Stammheim 2:2. Tore: 0:1 Fall (26.), 1:1 Sarikaya (45.), 2:1 Kalkan (56.), 2:2 Surasi Hamld (88.). Besonderes: –

TSV Plattenhardt – SG Untertürkheim 7:2. Tore: 1:0 Perha-nidis (6.), 2:0 Hofacker (16.), 3:0 Özkahraman (39.), 4:0 Gümüssu (47.), 5:0 Gümüssu (52.), 6:0 Özkahraman (63.), 6:1 Steinbach (70.), 6:2 Tweneboa (72.), 7:2 Siekerman (88.). Besonderes: –

SV Sillenbuch – SGM ABV/TSV 07 Stuttgart 3:3. Tore: 1:0 Hahn (27.), 1:1 Loparco (45.+3, Foulelfmeter), 1:2 Hummel (87.), 2:2 Kukavica (90.+2, Foulelfmeter), 3:2 Fischer (90.+4), 3:3 Widmann (90.+6). Besonderes: –

TSV Musberg – SV Bonlanden 3:2. Tore: 1:0 Lukas Zug (21.), 1:1 Zugac (39.), 2:1 Minhas (45.+1), 2:2 Ehret (64.), 3:2 Pinheiro Martins (67.). Besonderes: –

SV Vaihingen – Sportvg Feuerbach 2:3. Tore: 1:0 Masiuli-onis (24.), 1:1 Karsli (56.), 1:2 Karsli (70.), 2:2 Krpan (80.), 2:3 Karsli (88.). Besonderes: –

Spvgg Cannstatt – TSV Rohr 2:1.Tore: 1:0 Marsiglio (11.), 2:0 Schulz (77.), 2:1 Schürg (83.). Besonderes: –