Ausgelassenheit bei deutschen Fans. Bei der Fußball-EM 2012 ist die Furcht vor Hooligans groß. Foto: dpa

Sorgen vor deutschen Hooligans bei der Fußball-EM: Bosbach erwartet „Hochsicherheitsspiele“.

Berlin/Stuttgart - Drei Wochen vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine arbeitet das Bundesinnenministerium mit Hochdruck an einem neuen Polizei-Kooperationsvertrag mit Warschau. Nach Informationen unserer Zeitung ist bisher lediglich vorgesehen, dass zwölf deutsche Vollzugsbeamte zur Kontrolle von deutschen gewaltbereiten Fußballfans anreisen, 18 sollen in der Ukraine zum Einsatz kommen. Je zwei der 30 Polizisten arbeiten direkt in den Einsatzführungsstäben in Warschau und Kiew. Sie alle sollen ausdrücklich keine hoheitlichen Aufgaben übernehmen, dürfen also bei Krawall mit deutschen Hooligans nicht einschreiten.

Experten halten diese Personalstärke aber für zu gering. „Der vierte Lagebericht zur EM 2012 besorgt uns“, sagen Insider aus Polizeikreisen des Bundes und der Länder. Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Innenausschuss, hofft, dass mit Polen ein neuer Polizei-Vertrag in letzter Minute zu Stande kommt: „Es werden Hochsicherheitsspiele. Es wäre gut, wenn der Vertrag noch vor Anpfiff in Kraft tritt“, sagte Bosbach deshalb.

"Starker Reiseverkehr gewaltbereiter Fans"

Wegen des Wegfalls der Grenzkontrollen rechnen die Sicherheitsbehörden nach Informationen unserer Zeitung „mit starkem Reiseverkehr gewaltbereiter Fans“. Szenekundige Beamte haben 1200 so genannte Gefährder-Ansprachen mit deutschen „Gewalttätern Sport“ geführt; die Polizei geht insgesamt von bundesweit 17.529 Hooligans aus. „Wir wissen nicht, wie die polnischen Kollegen reagieren, und das sagen wir den deutschen Hooligans“, sagt der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Bernhard Witthaut. In Polen und der Ukraine werde die Bundespolizei ausschließlich im Grenz- und Bahnverkehr zum Einsatz kommen. „ Das ist die einzige Maßnahme, die wir durchführen: Übernahme und Übergabe“, sagte Witthaut. Die Beamten sollen in Dreiergruppen in zivil und nur „anlassbezogen“ als Polizei erkennbar auftreten.

Bei der Fußball-Euro 2008 waren noch 2000 Bereitschaftspolizisten in der Schweiz und Österreich dabei, um Ausschreitungen zwischen Hooligans zu verhindern; sie durften im Notfall auch Gewaltmittel einsetzen. Rechtsgrundlage war der Prümer Vertrag, der eine grenzübergreifende polizeiliche Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität, Menschenschmuggel und Gewalttätigkeiten bei internationalen Fußballspielen vorsieht. Ihm haben sich nur sieben EU-Staaten angeschlossen.