Zwei Hasenfüße auf dem Wasen: Die Cannstatt-Reporterinnen Annina Baur (l.) und Julia Barnerßoi stellen sich auf dem Frühlingsfest ihren Ängsten. Foto: Ingmar Volkmann

Die Cannstatt-Reporterinnen Annina Baur und Julia Barnerßoi sind echte Hasenfüße, wenn es um Fahrgeschäfte geht. Auf dem Frühlingsfest haben die beiden versucht, ihre Ängste zu überwinden. Ein Erfahrungsbericht.

Bad Cannstatt - Höher, schneller, weiter. Das Frühlingsfest ist nicht nur ein Mekka für Biertrinker, sondern auch für Adrenalin-Junkies. Die Cannstatt-Reporterinnen Julia Barnerßoi und Annina Baur gehören, wenn es um Fahrgeschäfte geht, allerdings zur Kategorie Angsthasen. Doch sie stellen sich ihrer Furcht.

Annina Baur: Mit jedem Schritt, den wir uns dem Cannstatter Wasen nähern, wird mir flauer im Bauch. Es muss Jahre her sein, dass ich zuletzt in ein Fahrgeschäft gestiegen bin. Dunkel wabern Erinnerungen an Klassenfahrten in Freizeitparks herauf. Schlaflose Nächte davor und am Tag des Tages: Völlig übernächtigt versuchen, einigermaßen cool zu wirken. Schön, dass die Schulzeit lange her ist. Heute muss ich wenigstens nicht abgebrüht tun. Die Kollegin scheint ebenso nervös wie ich.

Julia Barnerßoi: Wer mit mir in ein Fahrgeschäft steigen will, braucht vor allem eines: Geduld. Meine Liebsten können ein Lied davon singen, wie ich zwanzig Minuten um das Kettenkarussel schleiche und überlege, ob ich mich da wirklich hineintraue. Nur um schließlich zu entscheiden, dass ich doch nicht mitfahren möchte. Sie kennen mich inzwischen aber eben auch so gut, dass sie die Zeit nutzen und bis zur Entscheidung wohlwissend schon mal ausgelassen zwei Runden fahren. Ich weiß nicht warum, aber Karussels oder Achterbahnen machen mir einfach ein mulmiges Gefühl. Als Kind stieg ich noch furchtlos in jegliche Attraktion im Europapark – mit jedem Jahr, das ich älter werde, wächst meine Furcht.

Auf und nieder immer wieder

Annina Baur: Wir stellen uns unseren Ängsten langsam. Die Comicfiguren des Kinderkarussells Fantasia sehen einladend aus. Und wir haben Glück: Die Betreiberin hat Verständnis für uns Angsthasen. Nach einem abschätzenden Blick lässt sie uns auf einem eigentlich auf Kindergröße geeichten Goofy und dem Zauberer Merlin Platz nehmen und wirft das Karussell an. Hoch und tief und immer im Kreis herum – ein guter Einstieg nach langer Fahrgeschäfte-Abstinenz. Rausfallen können wir definitiv nicht, so fest stecken wir in den Kindersitzen. Unsere größte Angst ist, dass die putzigen Plastiksitze uns Erwachsene doch nicht aushalten. Aber nachdem sich sogar diese Furcht als unbegründet herausstellt, werden wir mutiger.

Julia Barnerßoi: So viel ist klar, meiner Kollegin kann ich es nicht antun, vor jedem Fahrgeschäft Ewigkeiten zu grübeln. Das Kinderkarussel hat mich motiviert. Flugs hüpfe ich zum Kassenhäuschen der benachbarten Kinder-Achterbahn Racing Coaster. Die Jeton-Verkäuferin lacht und winkt uns durch. Obwohl alle Schriftzüge in Disney-Buchstaben gehalten sind, ist die rote Mini-Achterbahn doch eine ordentliche Steigerung – immerhin dürfen hier sogar offiziell Erwachsene einsteigen. Auf die Frage, wo im Waggon es weniger schlimm sei, antwortet der Einweiser nur lachend: „Es ist überall gleich schlimm“. Wir schießen ein letztes Angst-Selfie dann beginnt auch schon die rasante, aber noch aushaltbare Fahrt. Ich muss gestehen: Das macht doch ein bisschen Spaß!

Aus Mut wird Übermut: die Wildwasserbahn

Annina Baur: Voller Adrenalin lassen wir Musik Express und Happy Sailor links und rechts liegen. Kinderkram. Wir fahren Wildwasserbahn. Es ist ein Glück, dass ich mir die Anlage erst nach Beginn der Fahrt im Baumstamm genauer anschaue. Mindestens eine steile Abfahrt ist ganz sicher nichts für Angsthasen. Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr. Es rattert laut und bedrohlich, während unser Boot nach oben gezogen wird. Ich denke an die Freizeitparks. Fahrgeschäfte im Dunkeln waren mir immer am liebsten. Wenn ich nicht sehe, was auf mich zukommt, kann ich sogar Loopings aushalten, weiß ich von damals. Also Augen zu und durch. Nur tief im Bauch spüre ich also den freien Fall, bevor es einfach nur nass wird. Ich lebe noch! Pudelnass, aber glücklich steigen wir aus der Wildwasserbahn. Es ist ein stolzes Gefühl, seine Angst zu besiegen.

Julia Barnerßoi: Als wir die Wildwasserbahn verlassen, wundere ich mich, warum keiner der Außenstehenden applaudiert. Haben sie denn nicht gesehen, dass... Nun gut, scheinbar wirklich kein großes Ding. Zuletzt bin ich vor zwei Jahren mit so stolz geschwellter Brust über das Festgelände gelaufen. Damals zeigten wir Bekannten aus Indien den Wasen und ich stieg mit ihnen in die Wilde Maus, als würde ich das täglich tun. Zum Abschluss wählen wir die vermeintlich doppelte Portion Angst: die Geisterbahn. Leider stellt sich die Haunted Mansion als recht harmloses Fahrgeschäft mit nicht wirklich gut gemachten Horror-Puppen heraus. So richtig erschrecken wir uns erst, als unser Wagen die dunke Bahn bereits wieder verlässt. Dort springt ein echter, nicht ferngesteuerter Erschrecker auf uns zu. Wir kreischen. Und er ist nicht einmal verkleidet, sondern hält nur ein harmloses Stofftier in der Hand. Was sind wir doch für Angsthasen.