Der Frust bei Frisch Auf Göppingen sitzt tief: Kapitän Manuel Späth, Rechtsaußen Anton Halen (hinten). Foto: Baumann

Wenn es eng wird, wenn der Druck steigt – dann kommen bei den Handballern von Frisch Auf Göppingen Selbstzweifel auf und sie versagen in dieser Saison regelmäßig. Im Kampf gegen dieses mentale Problem setzt der Club nun auf Impulse von außen.

Göppingen - Es gehört sicher nicht zu den einfachsten Aufgaben im Sport, auf alles eine Antwort zu haben. Der Absturz von Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen vom vor sechs Monaten noch gefeierten EHF-Pokal-Sieger zum Abstiegskandidaten mit 7:17 Punkten, ist mit ein, zwei schlauen Sätzen nicht erklärt. Fest steht aber: Eine gegenüber den vergangenen beiden Jahren (Platz fünf und sechs in der Liga) nicht wesentlich veränderte Mannschaft mit vielen erfahrenen und guten Einzelspielern kann nicht von heute auf morgen in dieser extremen Form das Handballspielen verlernt haben. Es bedarf keines Psychologiestudiums, um zu der Erkenntnis zu kommen: die Mannchaft hat ein Kopfproblem. Deshalb haben die Ersthelfer beim grün-weißen Traditionsclub in ihren Notfallkoffern gegraben – und einen neuen Mentaltrainer präsentiert: Frank Fuhrmann aus Aalen. Er hat bereits an diesem Freitag seine Arbeit aufgenommen. „Jeder zweifelt derzeit an sich selbst. Wir hoffen, dass uns der Mentalcoach ein bisschen weiterhelfen kann“, sagt Kapitän Manuel Späth und stellt vor dem EHF-Pokal-Drittrundenhinspiel am Sonntag um 17 Uhr bei Pfadi Winterthur (Rückspiel am 26. November, 19.30 Uhr in Göppingen) klar: „So kann es nicht weitergehen.“

Heymanns Unbekümmertheit ist kein Nachteil

Die motivierenden Impulse von außen sind nur eine Konsequenz aus dem bisher so unglaublich schlechten Saisonverlauf. Das Trainingspensum wird von Coach Magnus Andersson erhöht, es werden noch mehr Videos analysiert, noch mehr Einzelgespräche geführt. Und auch das Toptalent Sebastian Heymann (Zweifachspielrecht für Drittligist TSB Horkheim) soll regelmäßiger als bisher bei den Spielen am Ball sein. Der 18-Jährige wird garantiert nicht der Heilsbringer für das verunsicherte Frisch-Auf-Ensemble sein, aber seine Unbekümmertheit könnte dem Team gut tun. Bei der besten Göppinger Saisonleistung – dem 32:25 am zweiten Spieltag in Minden – warf der Rückraumspieler nach seiner Einwechslung sechs Tore. Weitere personelle Konsequenzen wird es vorerst nicht geben. „Es gibt keine Stinkstiefel in dieser Mannschaft. Wir haben nach wie vor eine vernünftige Stimmung“, versichert Geschäftsführer Gerd Hofele glaubhaft. Also bringt es wenig, ein Zeichen zu setzen, indem etwa ein Spieler auf die Tribüne verbannt wird. Aber vielleicht ist genau diese Harmonie das Problem: Es fehlt dem zu braven und satten Team (einschließlich Führungsetage) ein „bad guy“, der durch unpopuläre Maßnahmen Reizpunkte setzt. Auf dem Feld und außerhalb.

Der Aufsichtsratschef spricht von „Alarmstufe eins“

„Es herrscht Alarmstufe eins“, sagt jedenfalls der Aufsichtsrats-Vorsitzende Ulrich Weiß. Und Hofele räumt ein: „Irgendwann gehen uns die Argumente aus.“ Irgendwann wäre mutmaßlich nach einer erneuten Heimniederlage am kommenden Mittwoch (20.15 Uhr/EWS-Arena) in der Liga gegen den VfL Gummersbach. Dann wäre Trainer Andersson nur noch schwer zu halten. „Ich beschäftige mich nicht mit einem Plan b, und es ist müßig, über irgendwelche Szenarien zu diskutieren“, sagt Hofele. Der Mann ist für seine Loyalität bekannt und hofft auf den Beginn der Wende auf der internationalen Bühne in der Schweiz. Doch auch er weiß: Im ergebnisorientierten Profisport können Antworten auch einmal weh tun.