Die Polizei hat mehr als fünf Jahre vergeblich nach dem Mädchen gesucht – als sie 2013 verschwand, wurden Kerzen vor der Polizeidirektion aufgestellt. Foto: dpa

Sie war 13, als sie mit einem fast 40 Jahre älteren Mann durchbrannte. Jetzt scheint Maria H. wieder zu Hause in Freiburg zu sein. Damit findet nach mehr als fünf Jahren einer der spektakulärsten Vermisstenfälle doch noch ein gutes Ende.

Freiburg - Die Kriminalpolizei und Interpol verfolgten ihre Spur quer durch Europa, die Fernsehsendung „Aktenzeichen xy“ bat die Bevölkerung um Mithilfe, die Mutter fahndete auf eigene Faust im Internet. Jetzt ist dieim Jahr 2013 verschwundene, damals 13-jährige Maria H. aus Freiburg, offenbar wieder wohlbehalten zu ihrer Familie zurückgekehrt. Von dem Mann, mit dem sie vor fünf Jahren durchgebrannt war, dem heute 58-jährigen Bernhard Haase, fehlt weiterhin jede Spur.

Die frohe Botschaft verbreitete die Mutter am Freitag auf Facebook. „Maria ist seit letzter Nacht wieder zu Hause“, schrieb sie auf ihrer Seite. Zuvor hatte sie die für den Vermisstenfall zuständige Freiburger Polizei informiert. Die Tochter habe über das Internet Kontakt zu ihrer Familie aufgenommen. „Ganz liebe Freunde haben sie letzte Nacht aus Mailand abgeholt“, berichtete die Mutter. Exakt 1944 Tage sei Maria verschwunden gewesen. „Es gibt heute keine glücklichere Familie als unsere!“

Die Familie wünscht sich jetzt Zeit

Die Polizei in Freiburg bestätigte mittlerweile die Rückkehr. Beamte der Kriminalpolizei hätten sich inzwischen selbst davon überzeugt. „Wir können bestätigen, dass das Mädchen wieder zurück ist“, sagte ein Sprecher. Über die Geschehnisse der letzten fünf Jahre lägen der Polizei zum jetzigen Zeitpunkt aber noch keine gesicherten Erkenntnisse vor. Eine Vernehmung sei für die kommende Woche geplant. Auch die Mutter nannte auf Facebook keine Einzelheiten. Sie bitte um Verständnis, „dass wir und vor allem Maria etwas Zeit brauchen, bevor wir uns weiter dazu äußern.“

Für die Polizei ist es eine überraschende Wende in diesem bundesweit beachteten Vermisstenfall. Zwar habe man selbst nach Marias 18. Geburtstag, also ihrer Volljährigkeit, Anfang des Jahres die Ermittlungen nicht eingestellt. Einen konkreten Ermittlungsansatz oder gar so etwas wie eine heiße Spur habe es aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben, räumte die Polizei ein. Das letzte gesicherte Lebenszeichen war bereits fünf Jahre alt. Im Juli 2013 hatten mehrere Zeugen das Mädchen zusammen mit seinem Begleiter in Polen gesehen. In den folgenden Jahren gab es immer wieder Hinweise. Rund 1000 wurden über die Jahre verfolgt. Allerdings blieben sie meist vage. Auch eine Fahndung in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen xy“ blieb ohne großen Erfolg.

Über Internetchat kennen gelernt

Maria war am 4. Mai 2013 kurz nach ihrem 13. Geburtstag verschwunden. Zuvor hatte sie in einem Internetchat den fast 40 Jahre älteren Bernhard Haase aus Blomberg in Nordrhein-Westfalen kennengelernt. Der verheiratete Mann, ein Elektriker, der an seinem Heimatort politisch bei den Republikaner aktiv war, soll sich im Chat zunächst als 14-Jähriger ausgegeben haben. Später habe er sich mehrfach in Freiburg mit Maria getroffen, bevor er mit dem Mädchen verschwand. Die Polizei geht davon aus, dass Maria freiwillig mitkam.

Ob sie sich bis zum Schluss in Haases Begleitung befand, ist bisher unbekannt. Nach dem heute 58-Jährigen werde wegen des Verdachts der Kindesentziehung und des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes weiterhin gesucht, betonte die Polizei. Der internationale Haftbefehl der Staatsanwaltschaft Freiburg bleibe in Kraft.

Vermisste Kinder sind selten

Auch für die Statistiker des Stuttgarter Landeskriminalamtes ist der Fall der Maria H. außergewöhnlich. Gegenwärtig stünden 210 Kinder aus Baden-Württemberg in der bundesweiten Vermisstendatei, sagte der Sprecher Ulrich Heffner. In den meisten Fällen handele es sich aber um Kindesentziehungen durch einen der beiden Elternteile. Üblicherweise würden Vermisstenfälle mit Kindern schnell geklärt. „Zwei Drittel sind am nächsten Tag wieder da“, sagte Heffner. Für mehrere Monate bleiben lediglich drei Prozent verschwunden.