Die große Birgit Prinz, dreimalige Weltfußballerin des Jahres, Doppel-Weltmeisterin, Rekordnationalspielerin und Rekordtorschützin, ist am Boden. Foto: dpa

Bundestrainerin Silvia Neid gibt ihrer Spielführerin Birgit Prinz keine Einsatzgarantie mehr.  

Frankfurt/Main - War das zweite WM-Spiel das letzte für Birgit Prinz in der Startformation der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft? Der Kapitänin droht nach zwei schwachen Auftritten ein ähnlich unrühmliches Karriereende wie Michael Ballack bei den Männern.

Birgit Prinz (33) brauchte am Donnerstagabend gar nicht viel zu sagen. Ihre Mimik sprach Bände. Mit zusammengekniffenen Lippen und feuchten Augen stellte sie sich nach dem knappen 1:0-Sieg über Nigeria erst nach mehrmaliger Aufforderung den Journalisten.

Es sei natürlich nicht schön, nach 53 Minuten ausgewechselt zu werden, sagte sie. Und dass sie sich geärgert habe. Über die Auswechslung. Und über ihre eigene Leistung. "Das ist eine Mixtur", erklärte sie. Das Spiel im Allgemeinen und ihr Spiel im Speziellen wollte sie nicht kommentieren. "Da habe ich keine Lust drauf, können Sie selber machen", meinte die Stürmerin zu den Journalisten.

Selbstvertrauen? Keine Spur

Die große Birgit Prinz, dreimalige Weltfußballerin des Jahres, Doppel-Weltmeisterin, Rekordnationalspielerin und Rekordtorschützin, ist am Boden. Selbstvertrauen? Keine Spur. Freude über den Einzug ins Viertelfinale? Nicht zu sehen. Sie scheint zu spüren, dass ihre Karriere ganz bitter zu Ende gehen könnte. In den ersten zwei Spielen der WM jedenfalls hat die Frankfurterin keine Argumente geliefert, warum Silvia Neid auch im letzten Gruppenspiel gegen Frankreich am kommenden Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) auf ihre Kapitänin setzen sollte.

Es sieht ganz danach aus, dass die Bundestrainerin dies auch nicht tut. Bislang stand Silvia Neid stets hinter Prinz. Wenn sie gesund war, spielte die Stürmerin auch. Nun aber antwortete die Trainerin auf die Frage, ob Prinz weiterhin gesetzt sei: "Das muss ich mal schauen. Gesetzt waren die wenigsten Spielerinnen."

Wenn Silvia Neid ihrer Devise vom Leistungsprinzip treu bleibt, muss sie sich wohl oder übel gegen ihre Spielführerin entscheiden. Auch wenn sie betont: "Wir reden immer nur von Birgit. Andere Spielerinnen haben auch nicht ihren besten Tag erwischt, von daher sollte man sie mal ein bisschen in Ruhe lassen."

Das ist leicht gesagt. Doch Birgit Prinz ist nicht irgendeine Spielerin. Sie war über Jahre die bedeutendste Kraft in der deutschen Elf. Sie hat den Frauenfußball hierzulande geprägt wie kaum eine andere. Kein Wunder also, dass sich bei ihrer letzten WM alle Augen auf sie richten. Jeder erwartet von der Rekordtorschützin (128 Treffer in 212 Spielen) nur eines: Tore.

Prinz wirkt gehemmt

Prinz wirkt gehemmt

Der öffentliche Druck ist riesig. Vieles deutet darauf hin, dass ihm Birgit Prinz nicht mehr gewachsen ist. Sie wirkt gehemmt. Wie ein Fremdkörper zwischen ihren jüngeren Kolleginnen - die allerdings am Donnerstag ebenfalls geschwächelt haben. Freude am Spiel, so sieht es aus, verspürt Birgit Prinz bei ihrer letzten WM bislang nicht.

Man kann sie verstehen. Wie bitter muss es sein, vor 48817 Zuschauern ausgewechselt zu werden, wohl wissend, dass die Leistung wieder einmal nicht gereicht hat? Wie bitter muss das Mitleid von Sturmkollegin Inka Grings - die gegen Nigeria wieder zunächst auf der Bank saß und für Prinz eingewechselt wurde - sein? "Birgit ist keine zwölf mehr", sagte die Torjägerin, "sie weiß, dass sie nicht die besten Spiele macht. Das tut mir leid für sie, und das meine ich ehrlich."

Und wie bitter muss es sein, wenn wenige Sekunden nach der Auswechslung der lang ersehnte Führungstreffer fällt, während man selbst seit sechs Spielen oder 343 Minuten auf ein eigenes Tor wartet?

Die Mannschaft steht hinter ihr

Bisher wurde das deutsche Spiel stets besser, nachdem Prinz nicht mehr auf dem Platz war. Vieles erinnert an das Schicksal von Ex-DFB-Kapitän Michael Ballack. Auch er überzeugte in seinen letzten Spielen für die Elf von Bundestrainer Joachim Löw nur selten. Droht Birgit Prinz nun ein ähnlich unrühmliches Karriereende? Sie hat gegenüber Michael Ballack allerdings einen entscheidenden Vorteil: Titel. Außer olympisches Gold hat Birgit Prinz alles gewonnen, was es zu gewinnen gab.

Außerdem steht die gesamte Mannschaft hinter ihr. Auch das war bei Ballack zuletzt nicht mehr der Fall, man denke nur einmal an die Ohrfeige von Lukas Podolski beim 2:0 in Wales im März 2009. Célia Okoyino da Mbabi erklärte: "Birgit ist für uns sehr, sehr wichtig. Es kommt nicht immer auf die Tore an. Ein toller Pass kann viel wertvoller sein." Und Simone Laudehr, die Siegtorschützin, betonte: "Wir sind ein Team, wenn es mal nicht läuft, baut jede jede auf."

Es sind Worte, die Birgit Prinz sicher gerne hört. Trösten werden sie sie wahrscheinlich nicht. Das könnte nur eine starke Leistung im nächsten Spiel gegen Frankreich . Ob sie dazu allerdings die Chance bekommt, ist mehr als fraglich.