Letzte deutsche Box-Weltmeisterin: Susi Kentikian Foto: Getty

Regina Halmich ist schon lange zurückgetreten, Ina Menzer hat ihre Boxhandschuhe ebenfalls für immer ausgezogen. Die letzte deutsche Boxerin von Format, Weltmeisterin Susi Kentikian, kämpft in Stuttgart um den WM-Titel und für eine Renaissance des Frauenboxens in Deutschland.

Stuttgart - Große Namen sucht man im deutschen Frauenboxen vergebens. Nur eine Weltmeisterin von Format ist übrig geblieben: Susi Kentikian. Die selbst ernannte „Killer-Queen“ ist gewissermaßen die Letzte ihrer Zunft. Ansonsten sind hierzulande die Amazonen im Ring in der Versenkung verschwunden. „Doch das soll sich ändern.“ Sagt Susi Kentikian.

„Ich will das Frauenboxen in Deutschland wieder aufleben lassen“, ergänzt die 27 Jahre alte Hamburgerin, die an diesem Samstag (20.55 Uhr) in der Stuttgarter Porsche-Arena ihren WM-Gürtel des Verbandes WBA im Fliegengewicht gegen die bislang ungeschlagene Japanerin Naoko Fujioka verteidigt. Ihr Ziel: Sie will ihre Kontrahentin, die zu den besten Boxerinnen der Welt zählt und Weltmeisterin im höheren Superfliegengewicht ist, auf die Bretter schicken. Es soll spektakulär werden, „und Lust machen auf Frauenboxen“.

Der Auftritt des 1,55 Meter kleinen Boxflohs ist allerdings kein Hauptkampf mehr. Boxende Ladys sind in Deutschland allenfalls noch Beiwerk – das gilt selbst für Susi Kentikian. Ihr Kampf gehört an diesem Samstag zum Rahmenprogramm des Duells zwischen Felix Sturm und Robert Stieglitz (22.30 Uhr/Sat 1). Eine Situation, mit der sich die gebürtige Armenierin nur schwer anfreunden kann, schließlich hat sie schon bessere Zeiten erlebt. 2007 wurde Kentikian erstmals Weltmeisterin – und 4,69 Millionen Zuschauer saßen vor dem Fernseher, als sie wenig später ihren Titel verteidigte. „All das ist Vergangenheit – leider“, sagt die Modellathletin mit trauriger Miene, „es fehlen einfach gute, deutsche Boxerinnen.“

Das ist sicher das eine Problem. Ein anderes ist, dass nach der Insolvenz von Vermarkter Universum, der einst Halmich, Menzer und Graf promotete und Frauenboxen ins TV brachte, seit 2012 die Berufsboxerinnen von der Bildfläche verschwunden sind. Fast wäre es auch Susi Kentikian so ergangen. Doch sie hatte Glück. Bereits im März 2011 wechselte sie zum SES-Boxstall des Managers Ulf Steinforth nach Magdeburg. Später nahmen sie Felix Sturm und dessen Agentur „Sturm Promotion“ unter Vertrag. Vor allem der Leverkusener Ex-Champion sorgt dafür, dass Kentikian zumindest bei seinen Kämpfen noch einigermaßen medienwirksam in den Ring steigen darf.

Andere hatten da weniger Glück. Die Stuttgarterin Alesia Graf zum Beispiel. Die frühere Weltmeisterin im Superbantamgewicht sagt: „Ohne Promoter, der das Fernsehen für Frauen-Veranstaltungen mitbringt, hast du als Boxerin kaum eine Chance.“ Sie weiß, wovon sie spricht: Vor fünfeinhalb Jahren wurde sie von Universum vor die Tür gesetzt. Was folgte, war eine Tingeltour durch die Welt. In Mexiko, in den USA oder in Australien – überall versuchte sie sich selbst zu vermarkten, die Fäuste irgendwie wieder hochzukriegen. Erfolglos. Denn nur durch TV- und Medienpräsenz ergeben sich Synergieeffekte. „Mehr Zuschauer bedeuten mehr Sponsoren und mehr Aufmerksamkeit für die Sportart“, erklärt Graf.

Mehr Aufmerksamkeit hätte auch Susi Kentikian an diesem Samstag verdient. Ihr WM-Fight ist von der bei Boxern anerkannten Internetseite Boxrec.com zu einem Fünf-Sterne-Kampf geadelt worden. Mehr geht nicht im Profiboxen. „Darauf bin ich stolz“, sagt sie – wohl wissend, dass auch das an der Situation des Frauenboxen in Deutschland wohl nicht viel ändern wird.