Frank Nopper weihte am Freitag die renovierte Lehrküche der Volkshochschule am Rotebühlplatz ein und eröffnete die neue Veranstaltungsreihe „Küchengespräche“.
Stuttgart - Dezenter Zwiebelduft durchzieht die Küche im Treffpunkt Rotebühlplatz. Gertrud Bader, seit 30 Jahren Kursleiterin im Hause, schlägt Eier in eine Schüssel. Vor der Pandemie hat die gelernte Hauswirtschaftlerin bis zu 300 Teilnehmern jährlich kulinarische Finessen beigebracht. Nun hat sich die Zahl ungefähr halbiert. Am Freitagabend begleitet Bader nur zwei Koch-Adepten: Den Stuttgarter OB Frank Nopper und SWR-Moderatorin Diana Hörger, die zur Einweihung der frisch renovierten Räumlichkeit erschienen sind und gleichzeitig eine neue Veranstaltungsreihe starten: Küchengespräche am Herd, die ums Essen kreisen, aber auch andere Themen anschneiden. Das Format sei passend zum aktuellen Semesterschwerpunkt gewählt, erklärt VHS-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner. Der laute „Expedition Ernährung mit Genuss und Nachhaltigkeit“.
Noppers Entdeckungsreise führt ins Reich schwäbischer Nationalspeisen. Es gilt Kässpätzle zuzubereiten. Handgehobelt und von frischen Röstzwiebeln gekrönt. Er schätze die traditionelle hiesige Küche, so das Stadtoberhaupt. Seine Mutter, wenngleich gebürtige Rheinländerin, habe sich rasch mit den Köstlichkeiten aus der Region vertraut gemacht. Als Favoriten nennt er neben Zwiebelrostbraten aber auch das Mediterrane in allen Varianten. Das gibt Hörger Gelegenheit, den Plausch auf das Lebensgefühl der Stuttgarter zu lenken. Er sehe eine gewisse „Mediterranisierung“ im Freizeitverhalten, etwa der Nutzung von Außengastronomie und öffentlichen Plätzen, sagt Nopper. Wer feiern und fröhlich sein wolle, habe dabei die Sympathien der Stadt. Krawall und Randale könne man freilich nicht dulden, fügt er mit Bezug auf die Situation rund um die Freitreppe hinzu.
Immer wieder liefert der Kochprozess Stichworte für die Konversation
Immer wieder liefert der Kochprozess, den Zuschauer im Live-Stream mitverfolgen können, Stichworte für die Konversation. Als das Salatdressing abgeschmeckt wird, fragt Hörger, ob die Debatten im Rathaus mehr Würze und Schärfe vertragen könnten. „Würze gehört unbedingt zur politischen Auseinandersetzung“, hält Nopper fest. „Manchmal auch Schärfe“. Er sei in dieser Hinsicht sehr glücklich mit dem Gemeinderat. Mit politischem Gegenwind könne er überdies gut umgehen, auch deshalb, weil er selten länger beleidigt und nicht nachtragend sei. „Man tut sich ja selbst keinen Gefallen, wenn man grämlich durchs Leben geht“, betont der 60-Jährige, der zwischen Teigschlagen und Schnittlauchschneiden ausgesprochen entspannt und aufgeschlossen wirkt.
Frank Nopper macht kein Geheimnis daraus, dass er zuhause eher nicht am Herd steht oder verrät, dass zu wenig Aufmerksamkeit für ein von der Gattin zubereitetes Mahl durchaus schon für temporär schief hängenden Haussegen gesorgt habe. Er berichtet von nächtlichen Besuchen im Udo Snack in der Calwer Straße in jungen Jahren oder der weniger lang zurückliegenden Begegnung mit Bayern-Stürmer Serge Gnabry in einem Lokal. Da bietet es sich an, auch gleich die kostspielige Stadionerneuerung zu kommentieren: Die Investition sei auch im Hinblick auf die Fußball-EM 2024 wichtig, betont der OB. Er hoffe, vier attraktive Spiele nach Stuttgart holen zu können.
Zunächst gilt es jedoch die Kässpätzle aus dem wärmenden Ofen zu holen und auf die Teller der anwesenden Kochkurs-Teilnehmerinnen zu bringen, die jeden Arbeitsschritt interessiert und kritisch begleitet haben. Auch Nopper hat so aufmerksam an der Zubereitung teilgenommen, dass Diana Hörger witzelt, am Sonntag werde er bestimmt auch zuhause die Küche belegen. Ob sich diese Prophezeiung erfüllen wird? In der Lehrküche jedenfalls serviert der Oberbürgermeister am Ende persönlich und formvollendet das nahrhafte Ergebnis des ersten Küchengesprächs. In den kommenden Monaten werden unter anderem Künstler und Koch Mario Ohno und Torhüter Timo Hildebrand in der VHS zu Tisch bitten.