Wohin man auch schaut: nichts als Nullen und Einsen. Foto: Weissblick/Adobe Stock

Die Zahl digitaler Kanäle wächst. Gar nicht so leicht, sie auch sinnvoll zu befüllen. Was für ein Glück, dass Daten nicht ewig erhalten bleiben.

Stuttgart - Immer mehr Experten warnen vor dem großen Vergessen. Nein, es geht hier nicht um Alzheimer, sondern um den drohenden Verlust gewaltiger Datenmengen, die auf digitalen Speichern schlummern. Myriaden von Bits und Bytes werden in den nächsten Jahren unwiederbringlich von uns gehen, weil Festplatten, SD-Karten, DVDs oder USB-Sticks nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Dabei sollen sie sich nur zwei Zahlen merken: Null und Eins. Werden genügend Nullen und Einsen in der richtigen Reihenfolge hintereinander gehängt, lassen sich Bücher, Fotos, Musiktitel oder Filme auf geringstem Raum unterbringen und zudem ohne Qualitätsverlust kopieren. Allerdings verschwinden durch die Alterung der Speichermedien mit der Zeit immer wieder mal ein paar Nullen und Einsen – was irgendwann dazu führt, dass sich die gespeicherten Inhalte nicht mehr entziffern lassen.

Wann kommt die digitale Müllabfuhr?

Handelt es sich dabei um Fotos, mit denen wir persönliche Erinnerungen verbinden, ist das höchst bedauerlich. Sieht man sich dagegen an, was so alles durchs Netz wabert und in den Rechenzentren von Facebook & Co. gespeichert wird, stellt sich die Frage, ob die natürliche Datenerosion nicht auch positive Seiten hat. Sie erhöht nämlich die Chance, dass peinliche Katzenvideos, Youtube-Beiträge, in denen Influencer die neuesten Kosmetikprodukte präsentieren, oder Whatsapp-Nachrichten, in denen sich Nutzer gegenseitig Fotos ihres Mittagessens schicken, sich irgendwann in nichts auflösen – auch wenn das Netz angeblich nichts vergisst. Eines ist jedenfalls klar: Die Menge an sinnvollen Inhalten wächst längst nicht so schnell wie die Zahl von Online-Kanälen, die in immer kürzeren Zyklen befüllt werden müssen. Das führt zwangsläufig zur Verdünnung der relevanten Informationen. Manche fordern angesichts der Ansammlung von Unrat im Internet schon die Einführung einer digitalen Müllabfuhr. Ein Teil des Datenmülls lässt sich aber auch recyceln – und taucht zum Beispiel als Textbaustein in einer Zeitungskolumne wieder auf.

Banalitäten im Sekundentakt

Angesichts der Banalitäten, die im Sekundentakt durchs Netz gejagt werden, kann man nur hoffen, dass unser Datenverkehr nicht von Außerirdischen überwacht wird. Die könnten nämlich schon nach kurzer Zeit bezweifeln, dass es auf unserem hübschen Blauen Planeten tatsächlich intelligentes Leben gibt. Vielleicht ist ja genau aus dem Grund noch keiner dieser Herrschaften hier aufgetaucht. Oder sie lachen sich krank über uns und sind deshalb in einer Nachbargalaxie hängengeblieben – unfähig, ihre gewaltigen Raumschiffe weiter in Richtung Erde zu steuern.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Niveau irgendwann mal wieder steigen könnte, ist nicht sehr hoch, denn das Dauerbombardement aus aufploppenden Mails und Benachrichtigungen sozialer Netzwerke wirkt sich nicht unbedingt positiv auf unsere geistigen Fähigkeiten aus. So veröffentlichte Microsoft vor einiger Zeit eine Studie, nach der die menschliche Aufmerksamkeitsspanne zwischen 2000 und 2013 von zwölf auf acht Sekunden gesunken ist. Ein Goldfisch kann sich demnach neun Sekunden und damit eine Sekunde länger als ein durchschnittlicher Mensch auf eine Aufgabe konzentrieren. Kein Wunder, er muss ja auch nicht ständig sein Facebook-Konto checken.

Das Bewusstsein als Flipperkugel

Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang vom Pinball-Effekt. Demnach wird unser Bewusstsein zwischen all den Infoschnipseln, in denen sich schreckliche und banale Ereignisse miteinander vermischen, hin und her geschleudert wie die Metallkugel im Inneren eines Flipperkastens. Gründliches Nachdenken über eine Sache wird so zunehmend schwierig. Und die tolle Idee, die man gerade eben noch hatte, ist plötzlich wieder weg, weil das Smartphone den Eingang einer neuen Nachricht meldet. Wie ging noch mal diese Super-Schlusspointe?