Theaterpädagoge Allan Mathiasch schlüpfte in die Rolle eines Vaters, der mit seiner Tochter über einen eigenen Fernseher im Zimmer verhandeln muss. Foto: Sabine Schwieder

Eltern brauchen eine Haltung, bevor sie mit ihren Kindern über Smartphone, Facebook und Co. sprechen. So sieht es Allan Mathiasch vom Forumtheater, der mit einem Kollegen zum Thema Medienkonsum in Sillenbuch zu Gast gewesen ist.

Sillenbuch - Schulveranstaltungen zum Thema Medienkonsum kommen selten ohne erhobenen Zeigefinger aus, wobei dringend vor den Gefahren gewarnt wird, die im Netz lauern. Allan Mathiasch und sein Kollege Michael Neumaier gehen einen anderen Weg: die Theaterpädagogen improvisieren mit den Eltern gemeinsam über den richtigen Umgang mit ihren Kindern, die sich als Digital Natives zwar oft gut auskennen, aber nicht immer über die Folgen ihres Handelns nachdenken. Beim Forumtheater „Netzflimmern“ im Geschwister-Scholl-Gymnasium wussten die Eltern von Fünft- und Sechstklässlern diese Herangehensweise zu würdigen und machten ohne Scheu und mit viel Spaß beim Improvisationstheater mit.

„Es ist wichtig, dass Eltern eine Haltung zu dem Thema finden, bevor sie mit ihren Kindern darüber sprechen“, erläuterte Allan Mathiasch am Rand der Veranstaltung, bei der auch Vertreter des Landesmedienzentrums und der Polizei als Ansprechpartner dabei waren. Die kurzen Szenen, bei denen er sich mit Michael Neumaier in den Rollen abwechselte, machten auf sehr unterhaltsame Weise deutlich, mit welchen Veränderungen die Erziehung heute verbunden ist. Dabei ging es keinesfalls darum, die neuen Medien zu verteufeln: „Wer als Digital Native überleben will, kann auf das Smartphone nicht verzichten“, hieß es im Laufe des Abends.

Eisenbahn oder Segelboot?

Eine Spielzeugeisenbahn und ein Segelboot verdeutlichten die unterschiedlichen Erziehungsstile: Eisenbahneltern wissen über alles, was ihre Kinder tun, Bescheid. Segelbooteltern lassen sie frei auf dem großen Weltmeer segeln. Auf Nachfrage nach der eigenen Kindheit stellte sich heraus: die meisten Erwachsenen waren in einem Eisenbahnhaushalt aufgewachsen. Die Eltern heute, so vermutete Theaterpädagoge Mathiasch, bewegen sich in der Mitte zwischen diesen Polen.

Eine Mutter, die improvisierend in die Rolle einer Tochter schlüpfte, die einen eigenen Fernseher ins Zimmer bekommen möchte, vertrat auf realistische Weise resolut ihren Standpunkt. Es scheint, als seien die Diskussionen im Vergleich zu den 80er- und 90er-Jahren anstrengender geworden, die Eltern müssen mehr argumentieren.

„Praktikant“ Michael Neumaier leitete von den „ollen Kamellen“ zum Internetzeitalter über. „Ist Ihnen aufgefallen, wie selbstverständlich wir das Smartphone nutzen?“, fragte er in die Runde. Bis zu 3000 Nachrichten per Whatsapp täglich sind keine Seltenheit. „In einer Klasse mit 28 Schülern sagen sich alle Gute Nacht und Guten Morgen“, stimmte Mathiasch zu. Die beiden Theaterpädagogen simulierten eine typische Whatsapp-Unterhaltung, bei der wild abgekürzt wurde. Wm für „Was machst Du?“ und cul8r für „See you later“ schließen die Erwachsenen schnell aus, die der neuen Kommunikationsform ablehnend gegenüber stehen.

Eltern können ihre Eltern schützen

Vor Gefahren wie Pädophilie oder dem sogenannten Sexting können Eltern ihre Kinder durchaus schützen. Wenn der Sohn, wie hier im Spiel, ein Foto seines Geschlechtsorgans als Liebesbeweis an die Freundin schickt oder die Tochter freizügige Fotos ins Netz stellt, um ihren Marktwert zu testen, ist ein offenes Gespräch angesagt. Selbst wenn es allen Beteiligten peinlich ist. Auch beim Cybermobbing gilt es, genau hinzusehen: „Unsere Kinder sind nicht immer nur Opfer, sondern auch mal Täter“, so die Pädagogen.

Wie entscheidend die Vorbildfunktion der Erwachsenen ist, machte der Einwand einer Mutter deutlich: „Setzen Sie sich gar nicht erst an den Computer, wenn Sie mit Ihrem Kind etwas zu verhandeln haben“, riet sie dem „Papa“, der seinen Sohn dazu anhalten wollte, das Smartphone wegzulegen. Das gute alte Wählscheibentelefon diente dabei als visuelle Hilfe: Es geht um Zuhören und Reden. Doch letztlich ist es so, wie es schon Karl Valentin formuliert hat: „Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen. Sie machen uns ja doch alles nach.“