Die Bewohner im Birkhof fürchten den Verlust ihrer Naherholungsflächen. Das Fraunhofer und die Uni wollen ihre Einrichtungen teils auf dieser Wiese erweitern. Foto: Sabrina Höbel

Vertreter der Forschungseinrichtung haben im Gremium die Pläne für die Erweiterung des Campus rund um die Nobelstraße präsentiert. Die Lokalpolitiker stimmten aus verschiedenen Gründen mehrheitlich dagegen.

Vaihingen - Kaum zehn Minuten hatten Maria Müller und Dirk Nelson von der Fraunhofer-Gesellschaft die Pläne der Forschungseinrichtung vorgestellt, ihren Campus zu erweitern, da gab es schon die ersten kritischen Stimmen aus den Reihen der Bezirksbeiräte, die sich am Begriff „Boulevard“ aufhängten. Zu einem solchen möchte das unter anderem von Fraunhofer, der Uni Stuttgart und dem Stadtplanungsamt beauftragte Berliner Architekturbüro Gewers und Pudewill die Nobelstraße umgestalten. „Der Begriff ist nicht genau definiert, sondern dehnbar wie Kaugummi“, sagte Volker Schweizer (Grüne). „Wir wissen gar nicht, was Sie uns damit verkaufen wollen“, ergänzte sein Fraktionskollege Klaus Spieske. Maria Müller versuchte sich an einer Erklärung: „Wir wollten damit zum Ausdruck bringen, dass die Straße schöner als bisher werden soll.“

Beiräte kritisieren „mangelhafte“ Unterlagen

Das Fraunhofer und die Universität wollen ihren Campus erweitern. Fünf Gebäude sind dafür südlich der Nobelstraße im Wohngebiet Birkhof geplant. Teilweise muss für die Realisierung der geltende Bebauungsplan geändert werden. Sind alle Genehmigungen da, könnte 2018 mit dem Bau des ersten Gebäudes begonnen werden. Die Parkplätze, die überbaut werden, sollen an anderer Stelle angelegt werden.

Auch nach der Präsentation fühlten sich einige Lokalpolitiker nicht ausreichend informiert. „Die Unterlagen sind mangelhaft. Da stehen keine belastbaren Zahlen und Fakten. Sie wollen 2020 mit dem ersten Teil fertig sein, und wir wissen gar nicht, mit was eigentlich“, sagte Eyüp Ölcer (Freie Wähler). Klaus Spieske ergänzte, man habe sich mit den bislang vorliegenden Plänen in das Thema eingearbeitet. „Nun liegen hier neue Unterlagen, von denen wir uns vorher kein Bild machen konnten.“ Auch bei der SPD kam die Präsentation weniger gut an. „Ich habe heute viele Dinge gesehen, die ich vorher nicht kannte“, sagte Linus Fuchs.

Zwar sei eine Stärkung des Forschungsstandorts Vaihingen ohne Frage wichtig, doch die Pläne, auf den Parkplätzen und Grünflächen im Birkhof zu bauen, stießen auf Skepsis. Viele Fraktionsmitglieder teilten die Sorge der Anwohner; diese bekämen etliche mehrstöckige Gebäude vor die Nase gesetzt. „Inwieweit ist die Bebauung wohnverträglich?“, wollte Gabriele Leitz (Grüne) wissen, und sprach die Verschattung der Balkone an. „Wir werden darauf achten, dass die Neubauten so weit vom Bestand weg sind, dass sie wohnverträglich sind“, erklärte Dirk Nelson. Man habe bereits Berechnungen angestellt, die den minimalen Sonneneinfallswinkel an einem Dezembertag einkalkulieren. Demnach sollen die Neubauten so gestaltet werden, dass die Anwohner im Birkhof nach wie vor Sonne auf ihren Balkonen haben.

Die Gebäude sollen nicht zu hoch werden

Gerhard Wick (SÖS/Linke-plus) äußerte Bedenken, die Neubebauung könnte negative Auswirkungen auf das Stadtklima haben, wenn dabei Grünflächen überbaut werden. Axel Weber (CDU) kritisierte, den Bewohnern im Birkhof werde ein wichtiger Naherholungsbereich genommen. „Könnte man nicht auf dem Fraunhofer-eigenen Gelände noch bauen?“, fragte Karsten Eichstädt (CDU). „Wir haben bereits im Bestand aufgestockt und bei mehreren Gebäuden Stockwerke daraufgesetzt“, entgegnete Maria Müller. Zudem würde auch der bestehende Plan eine Bebauung südlich der Nobelstraße erlauben. Zumindest für das erste Gebäude müsste also nicht einmal der Bebauungsplan geändert werden. „Ich weiß, es tut weh, in die Fläche zu gehen, aber das ist geltendes Planungsrecht“, sagte Michael Hausiel vom Stadtplanungsamt. „Die Bewohner im Birkhof wussten von dem Bebauungsplan. Sie mussten damit rechnen, dass da früher oder später gebaut wird.“ Die Planenden versicherten, die Gebäude sollten nicht zu hoch werden. So soll das erste Gebäude lediglich vier Geschosse haben.

Letztlich stimmte der Bezirksbeirat bei drei Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen mit zehn Stimmen gegen die Pläne der Fraunhofer-Gesellschaft. Nicht verzichten möchte das Gremium allerdings auf eine erneute Behandlung des Themas. Bei vier Ja-Stimmen und einer Enthaltung sprach sich die Mehrheit der Bezirksbeiräte dafür aus, die Verantwortlichen zu einem späteren Zeitpunkt erneut anzuhören und die Pläne zu diskutieren.