Der deutsche Silberpfeil-Fahrer gewinnt in Russland siebtes Formel-1-Rennen in Serie – Lewis Hamilton ist ziemlich stinkig, und Ferrari-Star Vettel tobt wegen Crashpilot Daniil Kwijat.
Stuttgart/Sotschi - Nein, neben Nico Rosberg wollte Lewis Hamilton auf keinen Fall stehen, oben auf dem Siegerpodest. Also drückte der Weltmeister fürs obligatorische Foto den Mercedes-Mitarbeiter zwischen sich und den Sieger des Großen Preises von Russland. Der Brite war nicht sonderlich gut gelaunt, mit Champagner wollte er auch nicht spritzen – die miese Laune war aus seiner Sicht absolut nachvollziehbar: Schon wieder hatte ihn sein deutscher Teamrivale besiegt, der Abstand in der WM-Wertung ist um weitere sieben Punkte angewachsen, wieder mal hatte er offenbar unter Technikproblemen zu leiden. „Ich hätte Nico einholen können, ich war schnell genug“, betonte Hamilton vollen Ernstes, „aber dann hatte ich wieder Motorenprobleme und konnte auf der Geraden kein Vollgas mehr geben.“
Über den Gehalt dieser Analyse kann man sicher diskutieren, Fakt ist: Rosberg ist seit November unschlagbar – er kann es nicht lassen, den Champion immer wieder zu ärgern. Der 30 Jahre alte Wahl-Monegasse freute sich so überschwänglich, dass er sich auf die hochgestreckten Arme der Team-Mitglieder legte, wie Rockstars es beim sogenannten Stage-Diving vollführen. „Ein fantastisches Wochenende, alles lief wirklich perfekt“, freute sich Rosberg, „das Auto war super, ich bin sehr glücklich und sehr dankbar.“ Nach sieben Siegen in Folge befindet sich der Mercedes-Pilot auf Kurs zum ersten WM-Titel. Vier Erfolge zum Saisonstart gelangen nur Ayrton Senna, Nigel Mansell und Michael Schumacher – alle wurden sie im jeweiligen Jahr Weltmeister. Natürlich ist der gebürtige Wiesbadener erfahren und klug genug, sich noch keine Gedanken über eine mögliche WM-Party zu machen. „Es sind erst vier Rennen, Lewis wird zurückkommen, da bin ich sicher“, sagte Rosberg.
Probleme an beiden Silberpfeilen
Allerdings war der 25. Doppelerfolg für Mercedes seit März 2014 wohl doch nicht so ungefährdet wie es für die Zuschauer in Sotschi den Anschein hatte – bei Hamilton gab es ein Wasserleck, das das Team irgendwie in den Griff bekam, bei Rosberg vernahmen die Ingenieure am Kommandostand seltsame Signale von der Antriebseinheit. „Wir haben während des Rennens mit den Autos wirklich viele Sorgen gehabt“, verriet Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, „wir haben sogar gesagt: Wenn wir Pech haben, bleiben wir gleich mit beiden Autos stehen.“
An Mercedes ging dieser Kelch vorüber, an Sebastian Vettel nicht – und der Ferrari-Pilot spuckte deshalb Gift und Galle. der Heppenheimer wusste gar nicht, wohin mit seiner Wut. Der Ferrari steckte in Runde eins im Reifenstapel, Vettel fluchte wie ein Heimwerker, der sich mit dem Hammer auf den Finger geschlagen hat: „Jemand ist mir ins Heck gefahren. Was verflucht nochmal machen wir eigentlich hier?“ Sein neuer Lieblingsfeind heißt Daniil Kwijat, der war ihm in Kurve zwei ins Heck geknallt, schon in Schanghai waren sich die beiden ins Gehege gekommen. Vettel legte in einer Mischung aus Verständnislosigkeit und Wut weitere Schimpftiraden nach, ehe er seinem Boliden entstieg. Kwijat gestand seinen Fehler später ein. „Bei der ersten Berührung habe ich zu spät reagiert, das tut mir sehr leid, und ich werde meine Lehren daraus ziehen“, sagte der Russe, er wolle auf jeden Fall mit dem Deutschen reden, „der ist jetzt sicher sauer auf mich, aber damit komme ich klar“.
Auch Ferrari-Teamchef Arrivabene tobt
Nicht nur Vettel, auch Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene kochte und fand den Vorfall „absolut inakzeptabel. Man kann einem einmal ins Auto fahren, aber gleich zweimal – das ist nicht hinnehmbar.“ Vettels schwarzes Wochenende mit Elektronikpanne, Getriebewechsel (inklusive Rückversetzung fürs Rennen) gipfelte im Frust. „Da hat man alles richtig gemacht, dann kriegt man zweimal von hinten einen Schlag, und der zweite ist so heftig, dass man nichts mehr machen kann“, knurrte Vettel. Platz drei für Kimi Räikkönen tröstete nicht darüber hinweg, dass die Scuderia im Titelrennen den nächsten Tiefschlag hinnehmen musste. Aus Sicht von Ferrari ist Lewis Hamilton sogar noch ziemlich glimpflich davongekommen.