Endlich Urlaub: Ehepaar Rosberg Foto:  

Die Formel 1 macht Ferien, weil Bernie Ecclestones Gesetze es vorschreiben. Nur der Boss selbst hält sich nicht daran.

Stuttgart - Hinterherfahren ist Jenson Button gewöhnt. Der Mann fährt einen McLaren in der Formel 1, das ist in Rennsport-Kreisen in etwa das, was urlaubsreife Holländer für Autofahrer auf deutschen Autobahnen darstellen. Mister Button ist schon in den Ferien, und zwar auf den Philippinen, und tut dort das, was er am besten kann. Hinterherfahren. Er fährt dabei so langsam, dass er mit dem Smartphone sogar Fotos schießen und ins Netz stellen kann. Button fährt hinter einer Vespa her, mit der ein zwei Meter hoher Karton transportiert wird, oder er fährt einem Motorrad hinterher, dessen Beiwagen zu einem Käfig umgebaut wurde und in dem eine Kuh steht. „Wer ist jetzt denn der Fahrer?“, twittert Button dazu.

Felipe Massa war’s nicht, obwohl der manchmal einen ziemlichen Mist zusammenfährt und ihn manche als „Rindviech“ bezeichneten. Denn die Formel 1 macht Zwangspause, zwei Wochen lang dürfen die Teammitglieder nichts tun, was irgendwie nach Beruf schmeckt. So will es das Reglement von Bernie Ecclestone. Also machen sie Urlaub, die Herren Rennfahrer. Sergio Perez sattelt um auf zwei Räder, sein neues Rennrad vom Typ Look 695 aerolight hat er frisch ausgepackt und freut sich wie ein Bub auf die erste Fahrt ohne Stützräder – er möge alle Touren genießen, denn am 22. August sitzt er in Spa wieder im Force India, dann könnte der Spaßfaktor geringer ausfallen.

Auch Nico Rosberg betätigt sich während seiner verordneten Formel-1-Askese fachfremd. Er tut etwas, das er noch nie getan hat: Er heiratet kirchlich. Am Wochenende irgendwo in Südfrankreich gibt er vor Gott sein Jawort; auf der anschließenden Feier holt ihn aber doch sein Beruf ein – es geht um Runden; nicht im Auto sondern von Getränken, die er übernehmen muss. Sofern er Kimi Räikkönen nicht eingeladen hat, dürfte es überschaubar bleiben. Der Finne ist nicht nur in der PS-Branche bekannt dafür, dass er besonders schnelle Runden liebt und dabei kräftig Gas gibt.

Auch Lewis Hamilton wird kaum auf der Gästeliste stehen, auf seinen Lieblingsgegner kann Nico Rosberg in der Freizeit gut verzichten, der Engländer hat ihm in diesem Jahr schon die ein oder andere Party (auf der Rennstrecke) versaut. Lewis Hamilton steht sowieso nicht immer auf Sause und Schickimicki, er hat so seine Phasen. Man kann die Ausprägung seiner Partylaune daran erkennen, ob seine (Gelegenheits-)Freundin Nicole Scherzinger in der Nähe ist oder nicht. Im Urlaub macht der 29-Jährige auf Macho, aber nicht faul am Strand, sondern aktiv in der Mucki-Bude. Ohne Nicole. „Diese Pause wird meiner Fitness helfen. Ich werde etwas an Gewicht zulegen, Muskeln statt Fett, und werde körperlich und mental stärker zurückkehren“, ließ der WM-Zweite wissen. Aufbautraining für die Psyche mithilfe von Gewichten im Sportstudio? Womöglich hat Hamilton eine Marktlücke entdeckt.

Es gibt aber Fahrer wie Kamui Kobayashi. Der Japaner befindet sich zwar auf einer Rundreise, aber nicht um Sehenswürdigkeiten zu knipsen. Kobayashi gibt Interviews, erzählt über sein Leben im Cockpit, was verdächtig nach PR riecht. Womöglich hofft Kobayashi-san, es mögen ein paar Dollar abfallen – sein Caterham-Team braucht dringend Bares, der Japaner steht als Pilot auf der Kippe, weil er weniger Sponsoren an Land gezogen hat als Teamkollege Marcus Ericsson. Streng genommen verstößt der 27-Jährige gegen die Regel, sich in der Sommerpause nicht ums Geschäft zu kümmern.

Wo kein Kläger, da kein Richter. Keiner weiß das besser als Bernie Ecclestone. Der Erfinder der Formel Geld muss sich in München vor dem Landgericht verantworten, weil er im undurchsichtigen Handel mit Rechten jemanden bestochen haben soll. Wenn sich Haifisch Bernie während der Schonzeit in der Formel 1 dem Business widmet, dürfen das die kleinen Fische im Becken wie Kamui auch. Der kalkulierte Regelbruch ist in der Formel 1 ja beinahe schon ein Kavaliersdelikt.