Die Ausländerbehörde des Landratsamt Esslingen schließt vorübergehend immer mittwochs Foto: Max Kovalenko

Der Andrang in den Ausländerstellen in Stuttgart und der Region ist riesig. Die Mitarbeiter kommen mit der Arbeit nicht mehr hinterher. Nach der Stadt Stuttgart und Landratsamt Esslingen will deshalb auch das Landratsamt Böblingen ab Herbst den Publikumsverkehr einschränken.

Böblingen - Die Arbeitsbelastung für die Angestellten in den Ausländerbehörden in Stuttgart und der Region nimmt seit Monaten drastisch zu. Die Gründe dafür seien die deutlich gestiegene Zahl an Anträgen und deren teils lange Bearbeitungsdauer, wie mehrere Behördenleiter unserer Zeitung schilderten. Der Stapel mit noch nicht bearbeiteten Anträgen wächst vielerorts trotz des hohen Engagements und Überstunden der Mitarbeiter unaufhaltsam. Um die Situation in den Griff zu bekommen, ziehen Amtsleiter in der Region jetzt die Reißleine.

„Anträge bleiben da schon mal liegen“

Das Landratsamt Esslingen macht seine Ausländerbehörde, die in Nürtingen sitzt, von dieser Woche an bis Ende Oktober immer mittwochs für den Publikumsverkehr dicht. Die Stadt Stuttgart will im September vier der fünf Kundenschalter im Ausländeramt schließen. Und nun kündigte auch Katharina Pfister, die Leiterin des Amts für Migration und Flüchtlinge im Landratsamt Böblingen, im Gespräch mit unserer Zeitung an, im Herbst tageweise die Kundenschalter zumachen zu wollen. „Unsere Ausländerstelle ist sehr stark belastet. Anträge bleiben da schon mal liegen. Solch eine Maßnahme wird es ab Herbst deshalb auch bei uns geben“, sagte Pfister. Lediglich in welchem Zeitraum und an welchem Wochentag das Amt für Migration und Flüchtlinge im Landratsamt Böblingen für Antragsteller geschlossen bleibt, stehe noch nicht fest.

Bei der Ausländerstelle im Landratsamt Böblingen sind derzeit mehrere Teilzeitkräfte beschäftigt. Dadurch habe man auch „Optimierungsbedarf in den Prozessabläufen“, räumte Amtsleiterin Pfister ein. Auch dieses Thema wolle man während der Zeit, in denen die Schalter geschlossen werden, angehen, sagte Pfister.

Angestellte im Teufelskreis

Bisher ist es so: Wenn Anträge liegen bleiben, bedeutet das für den Antragsteller eine längere Wartezeit. Für die Angestellten ist es der Beginn eines Teufelskreises. Sie kommen nicht mehr hinterher, die Gesuche während der normalen Öffnungszeiten abzuarbeiten. Und auch Überstunden bringen kaum Entlastung auf den Schreibtischen. Denn die Zahl der Anträge wird immer größer. Der Grund seien vor allem die Flüchtlinge, sagte der Leiter des Amts Recht und Ordnung im Landratsamt Esslingen, Christian Baron, unserer Zeitung: „Die große Welle an Asylbewerbern, die in der jüngeren Vergangenheit nach Baden-Württemberg gekommen ist, schlägt jetzt voll durch auf die Ausländerbehörden.“ Und weil nicht wenige der Asylbewerber ohne Papiere nach Deutschland einreisen oder aus Ländern ohne Meldewesen kommen, dauere die Bearbeitung derer Anträge erheblich länger als zum Beispiel der Antrag eines Migranten aus der Europäischen Union, den USA oder der Türkei.

Um dem Andrang in den Ausländerämtern auf Dauer gerecht werden zu können, bedarf es mehr Personal. Darüber sind sich alle Amtsleiter einig. In den Ausländerbehörden der Landratsämter Esslingen, Böblingen und Rems-Murr-Kreis werden die Teams im Oktober um jeweils zwei Vollzeitstellen aufgestockt. Weitere Verstärkungen sind angestrebt. Schwierig sei es allerdings, die neuen Stellen mit Fachkräften zu besetzen, sagte die Sprecherin des Landratsamts Rems-Murr-Kreis, Marie-Christine Scholze: „Der Markt ist leer gefegt.“

Gelassene Aussage aus Ludwigsburg

Immerhin, die Landratsämter in Waiblingen und Ludwigsburg, müssen den Publikumsverkehr nicht einschränken. „Das ist alleine dem unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter zu verdanken“, sagte Scholze. Allerdings: „Wie lange wir diesen Zustand aufrechterhalten können, ist nicht absehbar.“ Das Statement aus dem Landratsamt Ludwigsburg klingt da schon gelassener: „Natürlich ist auch bei uns die Zahl der Anträge stark gestiegen, wir haben aber nicht geplant, den Ausländerschalter zu schließen.“

In den Ausländerstellen der Landratsämter in Nürtingen und Böblingen ist das Ziel derweil klar: Die Tage, an denen die Schalter nicht geöffnet sind, sollen genutzt werden, um die Antragsflut konzentriert abzuarbeiten. An ein entspannteres Arbeiten ist mit Blick in die Zukunft aber wohl nicht zu denken. „Wir rechnen damit, dass die Zahl der Ausländer und damit auch der Anträge weiter zunehmen wird“, sagte Baron vom Landratsamt Esslingen.