Foto: FSG

Land hat Entwurf für neuen Lärmaktionsplan ausgelegt – Bürger sollen sich bis Ende Juli beteiligen.

Stuttgart - Fluglärm ist auf den Fildern ein Dauerthema. Eine noch junge Initiative mit rund 60 aktiven Mitgliedern trifft sich einmal monatlich, immer am ersten Donnerstag, zum Lärmstammtisch. Der nächste ist am 5. Juli in Möhringen – mit Vorträgen externer Referenten. Die Gruppe ist aus der 2010 gegründeten Bürgerinitiative Oberaichen entstanden. Jetzt gehören ihr auch Bürger aus Leinfelden und Musberg an, aus den Stuttgarter Stadtteilen Vaihingen, Rohr, Dürrlewang und Fasanenhof sowie aus Denkendorf und Esslingen-Berkheim. Die Initiative kämpft dafür, dass der in Startrichtung Westen um 900 Meter nach Norden verlegte Drehpunkt wieder zurückversetzt wird. Seither sei der Lärm über ihren Ortschaften deutlich gewachsen, sagen die Kritiker. Verlegt wurde der Drehpunkt damals, um Böblingen und mehrere stark betroffene Schönbuchgemeinden zu entlasten.

Während viele Bürger der Meinung sind, der Fluglärm nehme zu, verweist das Regierungspräsidium (RP) auf abnehmende Pegel. Sprecher Clemens Homoth-Kuhs führt leisere Maschinen und weniger Flugbewegungen ins Feld. Dies senkt tatsächlich den Dauerschallpegel, über den der Fluglärm gemessen wird. Die Anwohner beklagen dagegen in der Regel Einzelereignisse, also Flugzeuge dort, wo sie eigentlich nicht hingehören. Der Fluglärmbeauftragte geht solchen Beschwerden nach. Manchmal ist das Wetter Ursache für Abweichungen, in den anderen Fällen werden Bußgelder verhängt.

Kein generelles Nachtflugverbot

2010 gab es am Flughafen 135 000 Flugbewegungen im zivilen Luftverkehr und knapp 2500 Militärflüge. Die Zahlen liegen hinter den Spitzenwerten zurück. Der bisherige Höchststand mit jeweils 164 000 Zivilflügen wurde in den Jahren 2006 und 2007 erreicht. In diesem Jahr wird mit rund 140 000 Starts und Landungen gerechnet, 1972 waren es vergleichsweise geringe 50 000. Anwohner beschweren sich beim Fluglärmbeauftragten häufig wegen nächtlicher Störungen. Es gibt allerdings am Stuttgarter Airport kein generelles Nachtflugverbot. Die Beschränkung gilt nur für zivile Flugzeuge mit Jet-Antrieb und für Starts zwischen 23 Uhr und 6 Uhr sowie für Landungen zwischen 23.30 Uhr und 6 Uhr. Flugzeuge, die sich verspäten, dürfen aber noch bis 24 Uhr runter. Propellerflugzeuge, Hubschrauber und Militärflugzeuge sind auch nachts erlaubt. Ausgenommen von der Beschränkung sind außerdem die Nachtpostflüge mit dienstags bis samstags je zwei Starts .

2007 ist das Fluglärmgesetz novelliert worden. In der Folge wurden rund um den Flughafen die Lärmschutzzonen ausgeweitet. Innerhalb dieser Zonen muss der Flughafen für sogenannten passiven Lärmschutz sorgen, vor allem also für Lärmschutzfenster. Zugrunde gelegt wurde der Dauerschallpegel. Der lag vorher nachts bei 67 Dezibel und liegt jetzt bei 55 Dezibel. Tagsüber galten bisher 75 Dezibel, 2007 wurde der Wert in der Kernzone auf 65 Dezibel gesenkt sowie in der Randzone auf 60 Dezibel. Gemessen wird an acht Stationen: In Ostfildern-Scharnhausen, Esslingen-Berkheim, Neuhausen, Filderstadt-Bernhausen, im zu Leinfelden-Echterdingen gehörenden Stetten, in Echterdingen sowie in Steinenbronn und Denkendorf.

Die meisten Flieger starten nach Westen

Ob die Maschinen nach Osten oder Westen starten, entscheidet die Flugsicherung – meistens anhand der Windverhältnisse. Rückenwind ist beim Starten unerwünscht und kann ab neun km/h sogar gefährlich werden. Weil der Wind auf den Fildern meist aus dem Westen kommt, starten mehr als 60 Prozent der Flüge in diese Richtung.

Jetzt hat das Land die Bürger aufgerufen, Ideen zur Verbesserung der Lärmsituation zu entwickeln. Sie sollen in einen Lärmaktionsplan einfließen, den das RP erstellt. Ein Entwurf dazu liegt seit dem 29. Mai und noch bis zum 27. Juli in den Rathäusern von Altbach, Deizisau, Denkendorf, Esslingen Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Neuhausen, Ostfildern, Plochingen, Schönaich, Steinenbronn und Stuttgart sowie in den Landratsämtern Böblingen und Esslingen und beim Regierungspräsidium Stuttgart aus. „Bei uns sind bisher zwei schriftliche Stellungnahmen eingegangen“, sagt Clemens Homoth-Kuhs.

Der RP-Sprecher betont, dass der gesetzliche Lärmschutz am Flughafen eingehalten werde. Über den Lärmaktionsplan könnten aber etwa leisere Maschinen forciert werden, eine Einschränkung der Betriebszeiten diskutiert oder stärkere Anreize für die Fluglinien geschaffen werden, nur mit leisen Maschinen zu landen. Die Lärmquellen am Boden rückten dabei ebenso ins Blickfeld. Die Behörde prüft außerdem, ob die Wohngebiete durch steilere Starts der Maschinen entlastet werden können. Der Lärmaktionsplan soll Anfang 2013 erlassen werden. „Er muss dann aber laufend überprüft werden und ist praktisch der Start für eine Reihe von Umsetzungen“, so Homoth-Kuhs.