Nach der Rückkehr in sein Heimatland Eritrea hat sich Amare Desta ein Stück Land gekauft. Dort baut er Gemüse an. Foto: privat

Seit Jahren stritt der Eritreer Amare Desta mit deutschen Finanzbehörden – und wurde zum Steuerflüchtling wider Willens. Nun haben Unterstützer aus Ludwigsburg und Markgröningen eine überraschende Lösung gefunden.

Markgröningen - Wenn Amare Desta in Zukunft Briefe aus Deutschland bekommt, muss er sich um deren Inhalt wohl keine Sorgen mehr machen. Jahrelang stritt sich der 89-Jährige, der in der Nähe der Stadt Areza im afrikanischen Eritrea lebt, mit den deutschen Finanzbehörden. Doch inzwischen ist alles geklärt – und Desta muss nicht mehr befürchten, dass ihm seine monatliche Rente in Höhe von rund 107 Euro gepfändet wird.

Der Grund des Ärgers: Amare Desta war in den vergangenen Jahren ein Steuerflüchtling wider Willen. Alles begann damit, dass Desta nach Deutschland flüchtete. Er war 45 Jahre alt, als äthiopische Milizen seinen Hof zerstörten. Irgendwann verschlug es den Kriegsflüchtling nach Markgröningen, zehn Jahre malochte er in einer Presserei im Teilort Unterriexingen. Vor rund fünfzehn Jahren kehrte er in die Heimat zurück. Seitdem bezieht Desta Rente aus Deutschland und lebt im Ausland – womit der Ärger für ihn begann.

Das Finanzamt drohte mit Zwangsvollstreckungen

Denn seit 2005 müssen sogenannte Auslandsrentner in Deutschland eine Steuererklärung abgeben. Zuständig ist das Finanzamt Neubrandenburg mit der Sonderabteilung „Rentenempfänger im Ausland“. Die dortigen Beamten sind darauf bedacht, dass alle Auslandsrenten korrekt versteuert werden, auch die Minirente von Amare Desta. Über die Jahre liefen nach den Berechnungen des Finanzamts Steuerschulden in Höhe von 766 Euro auf. Um sie einzutreiben, drohte das Finanzamt mit „kostenintensiven Vollstreckungsmaßnahmen“. Desta musste also befürchten, dass ihm seine Rente gepfändet werden würde – obwohl diese unter dem steuerpflichtigen Satz liegt.

Doch der Senior saß im fernen Eritrea und verstand die Briefe aus Neubrandenburg nicht richtig. Er wollte zwar dem deutschen Staat versichern, dass er außer seiner Rente und einem landwirtschaftlichen Betrieb, der vor allem Tomaten abwirft, keine Einkünfte hat, wusste aber nicht, wie. Das ist inzwischen einem Unterstützerkreis aus Markgröningen und dem Steuerberater Rolf Kummer gelungen.

Ende Februar traf das Schreiben des Finanzamts Neubrandenburg ein, in dem bestätigt wird, dass Desta nach dem sogenannten Welteinkommensprinzip versteuert wird. Das bedeutet, er zahlt seine Steuern so, als würde er noch in Deutschland leben. Den notwendigen Nachweis, dass er in Eritrea keine großen zusätzlichen Einkünfte bezieht, haben die Helfer bei einer Reise in das Land im Nordosten Afrikas eingeholt.

Leser der Zeitung zeigten Solidarität mit Amare Desta

Desta muss also künftig auf seine kleine Rente keine Steuer zahlen und seit dem vergangenen Jahr auch keine Steuererklärung mehr abgeben – solange sich an seinem Einkommen nichts ändert. Möglich ist das, weil Desta aufgrund des Antrags als unbeschränkt steuerpflichtig gelte, erklärt der Ludwigsburger Rolf Kummer. Da sich dabei keine Steuerschuld ergebe, würden auch keine Bescheide mehr vom Finanzamt erlassen. „Aus steuerrechtlicher Sicht ist nun alles geklärt.“ Kummer hat sich dem Schicksal von Amare Desta kostenfrei angenommen. „Mich hat der Fall geärgert, deshalb war ich gerne bereit zu helfen.“

Das dürfte nicht nur die Markgröninger Unterstützer freuen – sondern auch zahlreiche Leser unserer Zeitung. Selten hat ein Einzelschicksal mehr bewegt als das des 89-Jährigen. Dutzende Briefe, Hilfsangebote und Solidaritätsbekundungen gingen in den vergangenen fünf Jahren nach Artikeln ein. Die Hilfe ging so seit, dass eine Leserin aus Stuttgart die 766 Euro an Steuerschulden kurzerhand für Desta beglich. Das ist künftig nicht mehr notwendig. Und Amare Desta kann sich wieder über Briefe aus Deutschland freuen.