Anita Breitenbücher ist Turnerin aus Leidenschaft. Foto: privat

Anita Breitenbücher aus Erdmannhausen ist eine leidenschaftliche Turnerin seit Kindertagen. Wie kann man so lange so fit bleiben?

„Das Turnen ist mein Leben“, sagt Anita Breitenbücher und strahlt über das ganze Gesicht. Mit 13 Jahren hat sie angefangen, heute ist sie 88 Jahre alt. 2025 will sie wieder zum Deutschen Turnfest nach Leipzig – und am liebsten auch mitmachen, sofern sie fit genug ist. Vergangenes Jahr beim Landesturnfest in Lahr war sie dabei. „Ich bin natürlich Erste geworden“, sagt sie und lacht wieder. „In meinem Alter – bei den Über-80-Jährigen – sind es aber nur drei oder vier Teilnehmer.“ Doch bei aller Bescheidenheit: Die Erfolge der Erdmannhäuserin können sich sehen lassen. Beim Deutschen Turnfest in Berlin 2017 wurde sie Zweite. Hinzu kommen ihre Erfolge bei vielen, vielen Wettkämpfen zuvor.

Überzeugungsarbeit war notwendig

Dabei war aller Anfang schwierig. Anita Breitenbücher wuchs als eine von acht Schwestern in Ludwigsburg auf. 1948 fing sie beim MTV mit dem Geräteturnen an. „Da hab ich ganz schön zu tun gehabt, dass die mich überhaupt genommen haben, weil ich nur aus einer Arbeiterfamilie stamme.“ Doch die 13-Jährige überzeugte mit ihrer Leistung am Barren, beim Pferdsprung, am Boden, am Schwebebalken und am Reck. Gemeinsam mit drei anderen Mädchen waren sie die Nummer eins in Württemberg – für den MTV  Ludwigsburg. An viele Wettkämpfe kann sie sich Anita Breitenbücher noch ganz genau erinnern.

Anita Breitenbücher in den 1950er Jahren am Barren. Foto: privat

Etwa an einen der ersten, das Kinderturnfest 1948 in Marbach. Es war genau an dem Wochenende, als die Währungsreform war und die D-Mark eingeführt wurde. Die junge Anita hatte von ihrer Mutter das neue Geld mitbekommen – es wurde in Eis investiert. Zig weitere Wettkämpfe sollten folgen: Gauturnfeste, Landesturnfeste, und, und, und.

„Mit 88 kann man auch mal aufhören“

Eine ganze Schatulle voller Medaillen ist geblieben. Und viele schöne Erinnerungen. Unter den Turnern habe sie sich immer wohl gefühlt. Nach ihren Anfängen beim MTV  Ludwigsburg ging es weiter über den TSV Benningen und den TV Marbach in den 1970er Jahren schließlich zum GSV Erdmannhausen. Anita Breitenbücher leitete Kindergruppen bis zum Erwachsenenalter und war bis vergangenes Jahr Übungsleiterin von drei Gymnastikgruppen. „Mit 88 kann man auch mal aufhören“, sagt sie.

Andererseits: „Mir tät’s schon gut. Vielleicht hätte ich doch eine der drei Gruppen behalten sollen.“ Aber mitturnen, wenn man sonst immer vorne gestanden hat, ist auch nicht so einfach. „Früher bin ich ein paar Mal die Woche in die Halle gerannt, jetzt halt nicht mehr.“ Ab und an macht es die 88-Jährige trotzdem noch. Ansonsten macht sie ihre Gymnastik zuhause, so wie sie eben Lust hat.

Weder knochenschonend noch gelenkfreundlich . . .

Gymnastik mit Seil, Ball und Keule – damit tritt Anita Breitenbücher schon geraume Zeit bei den Turnfesten an. Denn der Sport hat durchaus auch seinen Tribut gezollt. Fürs Geräteturnen reiche ihre Kraft nicht mehr. Die Wirbelsäule ist kaputt. Kein Wunder, sagt Anita Breitenbücher. Die Bedingungen anno dazumal waren alles anders als knochenschonend oder gelenkfreundlich. Das Sprungbrett beim Pferd war schlicht ein schräges Brett, erinnert sie sich. Gelandet ist man auf Kokosmatten. „Wie Schuhabstreifer. Es gab nichts anderes.“ Spaß gemacht hat es aber trotzdem. Und wieder strahlt sie über das ganze Gesicht.