Auf Erfolgskurs: Claus-Dietrich Lahrs, Vorstandsvorsitzender des Modekonzerns Hugo Boss, steht vor einer Modepräsentation in der Metzinger Firmenzentrale. Foto: dpa

Der Metzinger Modehersteller Hugo Boss hat ein Rekordjahr hinter sich. Auch 2013 soll der Konzern um bis zu neun Prozent wachsen – und setzt dabei auf eigene Läden. Im Interview spricht Firmenchef Lahrs über seine Strategie, über Modesünden und Kunst.

Der Metzinger Modehersteller Hugo Boss hat ein Rekordjahr hinter sich. Auch 2013 soll der Konzern um bis zu neun Prozent wachsen – und setzt dabei auf eigene Läden. Im Interview spricht Firmenchef Lahrs über seine Strategie, über Modesünden und Kunst.

Herr Lahrs, Leggins, Schnauzer oder die trendigen, aber klobigen Velours-Winterstiefel Ugg-Boots – was sind zurzeit die größten Modesünden?
Die Ugg-Boots haben sich viel zu gut etabliert, als dass man sie als Sünde bezeichnen dürfte. Die größten Sünden passieren bei der Kombination von Kleidungsstücken. Wenn Menschen zum guten Anzug die falschen Schuhe wählen oder zu einem extrem karierten Hemd eine Krawatte anziehen, die farblich nicht passt.

Sehen Sie solche Fehlgriffe oft?
Auf die Kleidung zu achten ist ein Reflex bei mir. Sowohl bei Damen als auch bei Herren sehe ich viel, was nicht gerade vorteilhaft ist.

Trotzdem widersprechen Sie stets dem Klischee vom schlechten Stil der Deutschen.
Dieses Image existiert, und das wird sich so schnell nicht ändern. Hintergrund ist, dass die Deutschen insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg etwas anderes im Kopf hatten, als auf die letzten Modetrends zu achten. Das hat sich in der heutigen Generation jedoch völlig verändert.

Auf der Stuttgarter Königstraße wird man aber auch diesen Sommer wieder mehr Trekkingsandalen als Lederschuhe von Boss sehen.
Mode ist eine Frage des Selbstverständnisses, der Erziehung und der Umgebung. Wer nicht in der Bürowelt unterwegs ist, muss sich vielleicht nicht für einen bestimmten Anlass kleiden. Wir leben aber von Menschen, die sich für einen Anlass anziehen müssen.

Gibt es bei Ihnen Tage, an denen Sie im Schlabberlook auf dem Sofa rumhängen, oder haben Sie auch am Wochenende einen ästhetischen Anspruch an sich selbst?
(Lacht) Es mag solche Stunden geben, aber keine ganzen Tage. Es ist übrigens erstaunlich: Je schwieriger die wirtschaftlichen Zeiten werden, desto mehr achten die Menschen auf ihr Aussehen.

Darum hat Hugo Boss 2012 ein weiteres Rekordjahr abgeschlossen. Bis 2015 wollen Sie beim Umsatz die 3-Milliarden-Euro-Marke knacken. Was wollen Sie bis 2020 erreichen?
Es gibt Märkte, die wir noch stärker durchdringen können. Andere Märkte gilt es erst noch zu erschließen. Das Potenzial von Hugo Boss ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Demnach wird, was nach 2015 kommt, sicherlich kein Rückschritt sein.

2013 sollen 50 eigene Läden dazukommen. Einer eröffnet im Herbst auf der Stuttgarter Königstraße Ecke Stiftstraße. Wie viel Umsatz wollen Sie mit eigenen Läden künftig machen?
Heute machen wir die Hälfte des Umsatzes mit eigenen Läden. In absehbarer Zeit sollen es zwei Drittel werden.

Das ist das Endziel?
Das Endziel ist das nicht. Wir werden aber auch künftig mit den Händlern zusammenarbeiten, die unsere Waren gut präsentieren und die unserer Vorstellung von geschultem Verkaufspersonal entsprechen können.

Sind Sie für die Händler ein nerviger Partner?
Wir sind eine der wenigen internationalen Marken mit Weltniveau, die noch mit dem Fachhandel zusammenarbeiten. Wir sind also ein sehr guter Partner, vorausgesetzt die Partnerschaft wird von beiden Seiten gelebt.

Sehen Sie die Gefahr, dass die Liebe zum Shoppen durch das Internet verloren geht?
Ich glaube, dass die Konsumenten nach wie vor nicht alles zu Hause oder im Büro erledigen wollen. Menschen wollen auch in Zukunft Läden besuchen, in denen sie nicht allein sind und wo sich inspirieren lassen können.

Wie müssen Waren präsentiert werden, damit die Kunden nicht ins Internet abwandern, und können Sie das besser als der Fachhandel?
Wir sagen nicht, dass wir alles besser können. Das Niveau der Warenbewirtschaftung und des aktiven Verkaufs sinkt jedoch aus Kostengründen teilweise im Fachhandel. Beim Thema Training und Ausbildung des Personals investieren die Handelspartner immer weniger. Wir sind bereit, das zu kompensieren.

Warum hat Boss Selection als Einzelmarke nicht funktioniert?
Boss Selection hat hervorragend funktioniert. Bis zur Integration von Boss Selection in die Kernmarke Boss war dies eine unserer wachstumsstärksten Einzelmarken. Die Vielzahl unterschiedlicher Marken könnte den Verbraucher jedoch verwirren. Also haben wir Boss aufgewertet, indem wir die erfolgreichen Elemente von Boss Selection integriert haben. Boss soll luxuriöser werden. Die Marke soll im oberen Preisbereich liegen, aber nicht ausschließlich den Luxuskunden ansprechen.

Apropos Luxus. Sie investieren viel in die Kunstförderung. Ist Kunst heute noch etwas Exklusives, das positiv auf die Marke ausstrahlt, oder reines Spekulationsobjekt?
Kunst strahlt Wertigkeit aus. Sie ist immer mit einem Investment verbunden. Die Preise und der Anspruch sind in diesem Bereich extrem gestiegen. Uns geht es immer darum, mit potenziellen Kunden in Kontakt zu treten. Und in der Kunstszene haben wir eine äußert interessante Zielgruppe gefunden.