Der Umgang mit Waffen gehört zum Programm im Camp des ultranationalistischen Asow-Bataillons. Foto: Christoph Bockisch

Der Erdmannhäuser Filmhochschulstudent Louis Wick hat mit seinen Kollegen in „Sommerkrieg“ die Manipulation von Kindern in ukrainischen Ferienlagern thematisiert. Das Werk ist bei der Filmschau Baden-Württemberg ausgezeichnet worden.

Erdmannhausen - Luis Wick kochte gerade daheim in Erdmannhausen Pasta, als er davon erfuhr: „Sommerkrieg“ wird als bester Dokumentarfilm bei der Filmschau Baden-Württemberg ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand wegen der Corona-Pandemie nur digital statt – trotzdem freute sich der 24-jährige Student „riesig“ über den Erfolg, den er mit einem Team von der Ludwigsburger Filmhochschule Baden-Württemberg errungen hat.

Der 78-minütige Film erzählt die Geschichte der beiden Zwölfjährigen Jasmin und Jastrip, die im ukrainischen Ferienlager Azovez in der Nähe von Kiew im paramilitärischen Drill des ultranationalistischen Asow-Bataillons auf perfide Weise manipuliert werden, da man ihre Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit ausnutzt. „Die, die gehorchen, werden nicht bestraft“, heißt es von den selbst noch jugendlichen Ausbildern. „Sommerkrieg“ zeige sehr drastisch, wie die Kinder für die Anpassung an ein rigides System mit Anerkennung belohnt werden und dies eine fast unerklärliche Faszination und Motivation schürt, heißt es in der Begründung der Juroren der Filmschau. „Beobachtend, respektvoll, aber mittendrin dokumentiert der Film das paradoxe Geschehen mit allen Mitteln der Filmkunst.“

Für Louis Wick schließt sich mit dem Erfolg ein kleiner Kreis. Denn vor sieben Jahren war er zum ersten Mal mit einem Film bei der Filmschau vertreten – und fand damit den Einstieg in das Metier. Jetzt steht der Erdmannhäuser fast vor dem Abschluss seines Studiums. Im Team ist er für die Produktion und die Vermarktung von „Sommerkrieg“ zuständig. „Es wäre schön, wenn der SWR den Film in seine Mediathek aufnehmen würde“, sagt er. Gespräche führe man schon. Reich werden könne das Team dadurch nicht – zumal es die Einnahmen mit der Filmhochschule teilen müsse. „Aber wir freuen uns natürlich über alles, was reinkommt.“

Als Bestätigung für die Qualität des Filmes sieht Louis Wick auch einen zweiten Preis an, der im Ausland verliehen wurde: Beim Internationalen Filmfestival von Odessa in der Ukraine wurde „Sommerkrieg“ zum „Besten Europäischen Dokumentarfilm“ gewählt. „Das ist für uns gleich eine doppelte Anerkennung, da wir als deutsche Produktion ja in der Ukraine gearbeitet haben und keinen direkten Co-Produktionspartner dort hatten“, sagt Wick, der zuvor noch zu hören bekommen hatte, wie sich ein deutsches Team anmaßen könne, über die Ukraine einen Film drehen zu wollen. Davon ließen sich die Studenten aber nicht entmutigen.

Dass der Film bei den Juroren so gut ankam, liege am Verzicht auf moralische Bewertung und einer ruhigen, unaufgeregten Erzählweise, findet der Dokumentarfilmer, dessen Kollege Moritz Schulz Regie führte und mit der Drehbuchautorin Tetiana Trofuscha eine Muttersprachlerin an seiner Seite hatte. Dem Kameramann Christoph Bockisch gelang es, das Leben der Kinder im Camp unprätentiös, aber intensiv einzufangen. „So wie die autoritäre Führung des Lagers die Kinder in ihren Sog zieht, so zieht auch der Film die Zuschauenden beklemmend in seinen Bann“, urteilt die Jury der Filmschau Baden-Württemberg. ‚Sommerkrieg‘ wirke lange und intensiv nach und werfe grundsätzlich die Frage nach einem gesunden Verhältnis von Sicherheit und Freiheit auf – „ein Thema, das auch in unserer Gesellschaft aktueller ist denn je“.

Für Louis Wick hat nun schon die Phase für seine Diplomarbeit an der Filmhochschule begonnen. „Ich drehe eine Animationsserie, bei der es um das Thema Suizid geht.“ In Corona-Zeiten habe die Verwendung von Puppen einen gewichtigen Vorteil: „Sie atmen nicht.“