Erika Schmidt-Steiger: Aufhören, bevor es mühsam wird. Foto: factum/Granville

Die Gerlinger Frauengruppe „Fetzig“ löst sich Ende März auf. Grund dafür ist das mangelnde Interesse der jüngeren Frauen, sagen die ehemaligen Gründerinnen. Auch in die Kommunalpolitik zieht es nur die wenigsten Gerlinger Frauen.

Gerlingen - Kinderbetreuung, Altersvorsorge, Berufstätigkeit: die Frauengruppe fetzig in Gerlingen hat sich 21 Jahre lang um Themen gekümmert, die Frauen umtreiben. Ende März löst sich die Gruppe nun auf. „Vielleicht ist das ja ein Anstoß für einen Neuanfang“, sagt Erika Schmidt-Steiger, eine der Frauen, die die Gruppe 1998 mitgegründet hat, optimistisch.

Der Grund für die Auflösung ist allerdings weniger rosig: der Frauengruppe fehle der jüngere Input und die Ansichten von jungen Frauen erklärt Schmidt-Steiger. „Wir wollen uns jetzt verabschieden, bevor es mühsam wird“, sagt die ehemalige Frauenbeauftragte der Stadt Leonberg, die die Gruppe im Auftrag und mit finanziellen Mitteln der Stadt moderiert hat.

Zweimal im Jahr hat „Fetzig“, eine Abkürzung für „Frauen entwickeln tatkräftig Zukunft in Gerlingen“, bisher Veranstaltungen organisiert. Um den Frauentag am 8. März herum gab es meist eine unterhaltende Veranstaltung wie Theater oder Kabarett. Und im Herbst haben die Frauen Themen, die die Frauen betrafen und interessierten, in Form von Vorträgen, Workshops oder Diskussionsrunden aufgegriffen. Auch weibliche Kandidatinnen für die Kommunalpolitik bekamen über die Frauengruppe eine Plattform, um sich vorzustellen. Außerdem hat die Gruppe Ausstellungen im Rathaus organisiert und ein Buch über einflussreiche Frauen aus Gerlingen herausgegeben.

Kein Bedarf für eine Frauenbeauftragte?

„Unsere Aufgabe haben wir bisher darin gesehen, die Frauen in Gerlingen zu unterstützen und Anstöße zum Handeln zu geben.“ Denn leider, so Schmidt-Steiger, gibt es in Gerlingen bisher keine Frauenbeauftragte. Dies Lücke wollte die Frauengruppe bereits 1998 füllen. „Ein Antrag auf eine Frauenbeauftragte ist damals im Gemeinderat gescheitert“, erinnert sich Schmidt-Steiger. Trotzdem wollten die Frauen ein Sprachrohr für ihre Themen – in dem Fall dann eben ehrenamtlich.

Die Gerlinger SPD-Stadträtin Brigitte Fink war 1998 an der Gründung der Frauengruppe beteiligt. Etwa 15 Frauen waren zu Anfang in der Gruppe aktiv, zuletzt waren es nur noch sieben. „Das Engagement für Frauen war unseres Erachtens vor 20 Jahren absolut notwendig“, erinnert sie sich. „Der Bedarf wird jedoch heute nicht mehr in dem Maße gesehen.“ Daher ist Fink mittlerweile skeptisch, ob die Stadt heute eine Frauenbeauftragte braucht. „Die Frauen müssen sich selbst kümmern und einsetzen“, sagt sie. Dass „Fetzig“ jetzt aufhöre, sieht die Stadträtin als Zeichen dafür, dass die jüngere Generation sich nicht für frauenspezifische Themen interessiere. „Es bringt nichts, was am Leben zu erhalten, wenn kein Nachwuchs da ist.“

Wenig Frauen kandidieren für die Kommunalwahl

Auch in der Kommunalpolitik müsse ein Wandel stattfinden, meint die Stadträtin. Nach 30 Jahren im Gemeinderat tritt Brigitte Fink bei den Wahlen im Mai nicht mehr an. Sie will anderen den Vortritt lassen: „Die jüngere Generation muss selbst um ihre Belange streiten. Man kann nur etwas bewegen, wenn man sich engagiert.“

Sie ist enttäuscht, dass sich in den letzten Jahren zwar viel für die Frauen in Gerlingen geändert habe, aber für den Gemeinderat kandidieren und engagieren wollen sich nur die wenigsten. „Das Argument, dass man keine Zeit hat, lasse ich nicht gelten. Dann würden ja nur Rentner im Gemeinderat sitzen.“ Positiv wertet Fink jedoch, dass heute, anders als noch vor 20 Jahren, in Gerlingen viele Frauen in der Stadtverwaltung arbeiten. Darunter auch in Führungspositionen.

Die ehemalige Frauenbeauftragte Schmidt-Steiger sieht dies anders: „Noch gibt es überall zu wenig Frauen. Was spricht denn gegen eine Frauenquote? Eine Männerquote gibt es ohnehin seit Langem.“ Sie hofft, dass auch in Gerlingen die jüngeren Frauen noch aufwachen und für ihre Belange eintreten – wenn vielleicht auch nach einer etwas längeren Pause.