Es kam zu Festnahmen in Berlin und Rotterdam (Symbolbild). Foto: IMAGO

Hamas-Anschläge auf jüdische Einrichtungen – bisher hat es solche Taten in westlichen Staaten nicht gegeben. Pläne dafür aber wohl schon, so der Verdacht der Bundesanwaltschaft. Es gibt Festnahmen.

Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung hat die Bundesanwaltschaft in Berlin und im niederländischen Rotterdam insgesamt vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Hamas festnehmen lassen- drei davon waren am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vorgeführt worden. Er setzte die Haftbefehle in Vollzug. Der vierte Mann, der Niederländer Nazih R., kommt erst später im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens nach Deutschland. Er wurde laut Staatsanwaltschaft Amsterdam dem Haftrichter vorgeführt und bleibt hinter Gittern, bis seine Auslieferung nach Deutschland verhandelt wird.

Allen vier Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Wie die oberste deutsche Anklagebehörde am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte, geht es um Waffen, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten. Die Festnahmen seien in Zusammenarbeit mit niederländischen Ermittlungsbehörden erfolgt.

Laut einer Mitteilung wurden in Berlin drei Männer festgenommen: ein ägyptischer Staatsangehöriger, ein Niederländer sowie ein im Libanon geborener Mann. Der Älteste der mutmaßlichen Verschwörer, ein 1967 im Libanon geborener Mann, wurde von der Polizei in Rotterdam vorläufig festgenommen.

Die Beschuldigten sollen „über eine enge Anbindung an Führungskräfte des militärischen Flügels der Hamas verfügt haben. Spätestens ab dem Frühjahr 2023 sei einer der in Berlin ansässigen Beschuldigten damit befasst gewesen, im Auftrag der Hamas ein Erddepot mit Waffen in Europa ausfindig zu machen, das die Organisation dort in der Vergangenheit angelegt habe. Seine Weisungen habe er dafür von Hamas-Führungskadern im Libanon erhalten.

Hinweis auf die vier Männer bereits im Sommer

Die Waffen sollten demnach nach Berlin gebracht und für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden. Im Oktober hätten sich die drei in Berlin wohnhaften Männer mehrfach von Berlin aus auf die Suche nach den Waffen gemacht. Dabei seien sie von dem nun in Rotterdam festgenommenen Mann unterstützt worden.

Die Aktivitäten der Männer stehen nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Überfall der Hamas in Israel am 7. Oktober. Vielmehr soll der erste Hinweis auf die vier Männer bereits aus dem vergangenen Sommer stammen.

Sollte sich der Verdacht bestätigen, dass die Männer als Mitglieder der Hamas Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa geplant haben, wäre dies ein Novum. Bislang war Deutschland für Hamas-Mitglieder nach Einschätzung des Verfassungsschutzes ein Rückzugsort, an dem höchstens versucht wurde, Propaganda zu betreiben und Spenden zu sammeln. Um auch dies zu unterbinden, waren in den Jahren 2002 und 2005 zwei der Hamas nahe stehende Vereine verboten worden.

Zentralrat der Juden äußert sich besorgt

„Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit diesem Ermittlungserfolg ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass Jüdinnen und Juden in Europa weiterhin in Sicherheit und Frieden leben können“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). „Wir müssen daher alles dafür tun, damit Jüdinnen und Juden in unserem Land nicht abermals um ihre Sicherheit fürchten müssen.“

Der Zentralrat der Juden äußert sich besorgt über mögliche Pläne der islamistischen Hamas für Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa. Dies „zeigt in erschreckender Weise, wie akut die terroristische Bedrohung auch in Deutschland ist“, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Donnerstag in Berlin. „Gleichzeitig ist es beruhigend, mit welch wachem Blick die Sicherheitsbehörden jüdisches Leben in Deutschland schützen. Ihnen gilt mein Dank.“

Betätigungsverbot für die Hamas seit November

Seit dem Terrorangriff vom 7. Oktober nehmen Befürchtungen zu, dass es auch in Deutschland zu Anschlägen kommen könnte. Erst Anfang November hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Betätigungsverbot für die Hamas erlassen. Außerdem sprach Faeser ein Vereinsverbot für den deutschen Ableger des palästinensischen Netzwerkes Samidoun aus.

In Deutschland geht das Bundesamt für Verfassungsschutz von rund 450 Mitgliedern der Hamas aus. Deren Aktivitäten umfassten den Erkenntnissen zufolge bisher Sympathiebekundungen und Propagandaaktivitäten sowie das Eintreiben von Spenden. Im Gegensatz zu islamistischen Terrorgruppen wie Al-Kaida oder Islamischer Staat (IS) verübte die Hamas bisher keine Anschläge in westlichen Staaten, sondern ausschließlich in Israel und den Palästinensergebieten.

In Dänemark gaben die Behörden am Donnerstag Festnahmen von drei Verdächtigen wegen des Verdachts der Vorbereitung eines Terrorangriffs bekannt. Nach Erkenntnissen des israelischen Auslandsgeheimdienstes haben auch diese Verbindungen zur Hamas. Die dänischen Behörden äußerten sich zu Hintergründen und einem möglichen Ziel des geplanten Anschlags bislang nicht.