Mit Tanz auf der Straße zogen Elisa Medina und Nacho Cárcaba Passanten an. Foto: Roberto Bulgrin

300 Theaterschaffende aus vielen Ländern zeigten beim Festival „Theaterwelten“ in Esslingen die Vielfalt der Theatersprachen. Sie erreichten viele Menschen in der Stadt.

In einer psychiatrischen Klinik zerbricht die Amerikanerin Mary Lum Girard. Das philippinische Theaterkollektiv Be Our Guest Theatricals erzählt die Geschichte der amerikanischen Ehefrau aus dem 18. Jahrhundert, die von ihrem Mann in die Psychiatrie abgeschoben wurde. Was es bedeutet, sich in der Umwelt wie eine Fremde zu fühlen, zeigen die Schauspieler stark. Der Regisseur Rici Benedjcto hat die schwierige Frauenrolle mit einem Mann besetzt. Fremd sein im eigenen Körper – das thematisiert die packende Regiearbeit. Beim Festival „Theaterwelten“ berührte das starke Körpertheater der Gruppe aus Manila zutiefst.

Vier Tage lang trafen sich mehr als 300 Theatermacher in Esslingen, um sich bei dem Festival des Bunds Deutscher Amateurtheater auszutauschen. Ensembles aus Chile, aus der Ukraine, aus Mexiko, aus Zimbabwe und aus anderen Ländern traten in Esslingen auf. Viele der Gastspiele wurden aus Bundesmitteln vom Auswärtigen Amt unterstützt. „Die Vielfalt der Theatersprachen zu zeigen“, war das Ziel von Stephan Schnell. Der Bildungsreferent des bundesweiten Verbands hat das Festival gemeinsam mit der Aichwalderin Babette Ulmer und ihrem Team organisiert. Den beiden ging es darum, das Festival mit Gesprächsformaten, Straßentheater und einem Symposium in der Stadt zu verankern. Eröffnet wurde das Festival in der Katharinenschule. „Junge Menschen in Kontakt mit den Theaterschaffenden zu bringen“, das war das Ziel von Babette Ulmer. Dass sie in der Stadt mit der Dieselstraße, der Landesbühne, dem Kunstdruck-Centraltheater und vielen anderen so viele Mitstreiter gefunden hat, freut die Chefin der Jugendbühne Stage Divers.

Düsteres Bild der Arbeitsbedingungen

„Ist das Theater ein sicherer Ort?“ – das fragten die Künstlerinnen und Künstler. Bei den zahlreichen Diskussionen fielen die Antworten da ganz unterschiedlich aus. Künstlerisch arbeiten zu dürfen, das ist nicht in allen Ländern selbstverständlich. Obwohl das Thema Zensur auf den Philippinen nicht offen angesprochen werde, „gibt es für kritische künstlerische Projekte kaum Fördermittel.“ Rici Benedjcto zeichnet da ein düsteres Bild der Arbeitsbedingungen für die Kunstszene in seinem Heimatland. Von Repressionen berichtete auch das Ensemble der Gruppe Seenaryo aus Beirut. Ein Theaterprojekt mit Frauen sei zwar nicht verboten worden. Allerdings habe man die Arbeit weder unterstützt noch wahrgenommen.

Austausch mit internationalen Theaterschaffenden

Mit vergnüglichem Tanztheater auf der Straße trugen Elisa Medina und Nacho Cárcaba aus Mexiko dazu bei, das Festival in den Stadtraum zu tragen. Zu Beginn ihres Auftritts forderte die Gruppe das Publikum auf, gemeinsam durch die Straßen zu ziehen. Lustvoll banden die Performer nicht nur das Publikum in der Küferstraße, sondern auch Passanten ein. So machten die Festivalteilnehmer lautstark auf sich aufmerksam. Werner Bolzhauser, der Initiator der Initiative „Kultur am Rande“, hat den Austausch mit internationalen Kunstschaffenden genossen. Er hat schon viele Theaterprojekte mit Obdachlosen organisiert, referierte beim Symposium über das Theater als sicheren Ort in der deutschen Gesellschaft.

Eine Bühnenreinigungskraft brachte das Theater La Mona Ilustre aus Chile zum Abschluss auf die Bühne. Die wunderbare Komödie war mit düsteren Untertönen gespickt. Das Schauspielertheater setzte einen überzeugenden Schlusspunkt unter das vielfältige Bühnenprogramm.