Fertighäuser haben den Vorteil, dass der Bauhherr schnell einziehen kann Foto: Gerahrd Seybert/Fotolia

Massivhaus oder Fertighaus – vor dieser Frage stehen viele Häuslebauer. Beide Bauweisen haben Vor- und Nachteile. Experten geben Tipps.

Bad Honnef - Kein Geringerer als Leonardo Da Vinci soll sie erfunden haben, Bauhaus-Begründer Walter Gropius wird nachgesagt, ein großer Fan von ihnen gewesen zu sein: Die Rede ist von Fertighäusern. Mittlerweile räumen auch hartgesottene Traditionalisten ein, dass die schnellen Aufstell-Immobilien einiges zu bieten haben. Dennoch schwören viele auf das traditionell Stein auf Stein erbaute Massivhaus – schließlich bietet es mehr Individualität, allerdings zum höheren Preis.

Für die meisten Menschen ist der Bau ihres Eigenheims die größte Investition des Lebens. Dabei muss der Häuslebauer die gar nicht so triviale Frage beantworten, ob er ein Massivhaus möchte – oder doch lieber ein schnell bezugsfertiges Fertighaus mit seinen vorproduzierten Modulen aus Holz.

Die große Mehrzahl baut immer noch massiv

Laut Angaben des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF) wurden von Januar bis Juli vergangenen Jahres insgesamt 58 674 Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland erteilt. Darunter waren 49 524 Massiv- und 9150 Fertighäuser. Damit waren 84,4 Prozent aller Eigenheime Massivhäuser – gegenüber 15,6 Prozent Fertighäusern. Der Anteil der Eigenheime in Fertigbauweise nimmt seit Jahren zu.

Es gibt aber immer noch große Unterschiede zwischen den beiden Hausarten. Diese liegen in der Natur der Sache – sie fangen bei den verwendeten Baumaterialien und der Bauweise an: Massivhäuser werden aus Materialien wie Beton, Holz oder Stein auf der Baustelle von Grund auf erstellt.

Man kann sie sowohl über eine einzige Firma bauen lassen als auch die unterschiedlichen Gewerke wie Dachdecker-, Maurer- oder Tischlerarbeiten an einzelne Handwerksfirmen vergeben. In der Regel übernimmt ein Architekt die Planung des Objekts nach den Wünschen des Auftraggebers. Das kann mit Kostenschwankungen einhergehen, bietet dem Bauherrn jedoch ein individuelles Zuhause.

Das Fertighaus besteht dagegen meist aus Holz. Da sämtliche Bauteile wie Wände und Dach vorproduziert aus der Werkhalle kommen, müssen sie auf dem Baugrundstück nur noch nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden. Oft sind die Häuser komplett standardisiert und werden schlüsselfertig von einem Unternehmen angeboten. Der Hersteller kümmert sich dann selbst um die Baugenehmigung und stellt alles – vom Architekten bis zum Bauleiter.

Es gibt auch individualisierbare Fertighäuser

Längst bieten manche Unternehmen auch individualisierbare Fertighäuser an. Zur Wahl stehen meist Häuser im Stil eines Einfamilienhauses, einer Doppelhaushälfte oder eines Bungalows. Wer sich für ein Standardobjekt entscheidet, kann besonders günstig bauen. Die Preise beginnen bei 50 000 Euro für den Rohbau eines Ausbauhauses. Bei Extrawünschen steigt der Preis natürlich und kann weit über 400 000 Euro liegen.

In Sachen Aufbau liegen die Vorteile eindeutig auf Seiten des Fertighauses: Länger als eine Woche dauert es selten. „Beim Bau eines Fertighauses gibt es alles aus einer Hand – schnelle Bauzeit, gute Qualität und das Ganze zum Festpreis“, wirbt BDF-Hauptgeschäftsführer Dirk-Uwe Klaas.

Der Bauablauf von Massivhäusern dagegen kann sich oftmals verzögern, etwa durch lange Trocknungszeiten oder Engpässe bei einzelnen Gewerken. Die kürzere Bauzeit beim Fertighaus wirkt sich auch vorteilhaft auf die Finanzen des künftigen Eigentümers aus: Doppelbelastungen durch Finanzierungskosten der neuen Immobilie und Mietausgaben der aktuellen Wohnung sind plan- und reduzierbar, die Baukosten sind weitgehend fix.

Massives Mauerwerk bei der Wärmedämmung von Vorteil

Im laufenden Betrieb überwiegen die Vorteile von Massivhäusern: Die massiven Wandaufbauten sind speicherfähiger als die dünnen Wände des Fertighauses, so dass sich die Räume im Sommer nicht so schnell aufheizen und im Winter nicht so schnell auskühlen. Grundsätzlich sei massives Mauerwerk bei der Wärmedämmung von Vorteil, sagt Franz Peteranderl, Präsident des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen (LBB). „Die massive Bauweise minimiert Heizkosten und sorgt für maximale Wohnbehaglichkeit.“

Auch in Sachen Schall- und Brandschutz kann das Fertighaus nicht mit der Massivbauweise mithalten. Und auch sonst sind Massivhäuser robuster und unempfindlicher als Fertigbauten. Bei einem Wasserschaden etwa wird die massive Wand in überschaubarer Zeit wiederhergestellt sein. Eine Holzwand inklusive Dämmung verzeiht solche Ereignisse jedoch schwerer.

Zudem ist ein Holzhaus natürlich anfälliger gegen Ungezieferbefall, was eine entsprechende Behandlung der Materialien erfordert. Dies wiederum kann zu gesundheitsschädlichen Ausdünstungen und damit einem schlechteren Raumklima in Fertighäusern führen.

"Wiederverkauf gestaltet sich in der Regel schwieriger"

So haben beide Bauweisen ihre Vorzüge und aber auch ihre Nachteile. Der Bauherr muss selbst entscheiden, welche Variante seinen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten am nächsten kommt. „Wer die Immobilie vor allem als Geldanlage betrachtet, muss allerdings beachten, dass Fertighäuser am Markt oft nicht so hoch bewertet werden wie Massivhäuser“, sagt Carolin Schneider von der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

„Ein Wiederverkauf gestaltet sich somit in der Regel schwieriger.“ Auch das liegt in der Natur der Sache. Denn durch eine massive Bauweise wird eine längere Nutzungsdauer zugrunde gelegt. Während Massivhäuser heute eine angenommene Nutzungsdauer von 100 Jahren und mehr besitzen, bewegen sich die Angaben für Fertighäuser je nach Ausführung bei 60 bis 90 Jahren. Das spiegelt sich auch im Wiederverkaufswert wider.