Stress in Sicht? Selbstverständlich – und nicht nur, wenn die Eltern fordern, Hausaufgaben zu machen, statt die Party am See vorzubereiten. Foto: Martin Stollberg

Jugendliche widerlegen alle Vorurteile gegen die Jugend. Statt im Freibad verbringen sieihre Sommerferien mit dem Einstudieren von Theaterstücken.

Die Sonne strahlt vom Himmel auf den See, an dessen Ufer sich eine Gruppe Jugendlicher auf eine Party vorbereitet. Plötzlich droht der Idylle Ärger. Die Eltern platzen in die fröhliche Stimmung hinein. „Julia, was machst du hier?“, fragt der Vater vorwurfsvoll. „Du solltest doch deine Hausaufgaben machen.“ – „Ich wollte nur die Party mitfeiern“, antwortet die Tochter. „Außerdem ist das mein Leben – und nicht euer Leben!“ Damit ist die kurze Szene bereits beendet, die Anspannung der jungen Schauspieler löst sich wieder.

Der dreiwöchige Workshop mit dem Titel „Ferien im Theater in den Ferien“ findet bereits zum vierten Mal im Theater der Altstadt statt. Im aktuellen Kurs geht es um das Thema Leistungsdruck, dem sich Jugendliche von verschiedenen Seiten immer mehr ausgesetzt sehen. „Wir spielen gleich verschiedene Drucksituationen in unserem Stück nach“, erklärt die vierzehnjährige Katrin. „Zum einen wird Druck durch den Lehrer auf die Schüler ausgeübt, von den Eltern auf ihr Kind und gleichzeitig noch Druck in der Freundesclique aufgebaut.“

Zwölf Jugendliche tauschen die Bühne gegen das Freibad

Zwölf Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren haben sich in diesen Ferien dafür entschieden, das Freibad oder den Badestrand gegen die Theaterbühne zu tauschen. „Wir suchen uns jedes Jahr ein Brennpunktthema aus, das die Jugendlichen betrifft und mit dem wir uns dann mit ihnen in Form eines Stückes auseinandersetzen“, sagt Kira Thomas. Die Schauspielerin leitet zusammen mit der Dramaturgin Katharina Scholl und der Regieassistentin Nellie Krautschneider den Workshop. Neben den im Stück verwirklichten spielerischen Aspekten des Leistungsdrucks erfolgt eine intensive theoretische Auseinandersetzung der Jugendlichen mit dem Thema.

„Wichtig ist uns auch, dass die Teilnehmer ein Bühnengefühl bekommen“, sagt Katharina Scholl. Die Teilnehmer sollen viel von sich selbst in den Workshop einfließen lassen. Zu Beginn des Kurses geht es nach den obligatorischen Kennenlernspielen deshalb gleich zur Sache. Die Jugendlichen erhalten zunächst nur ein unfertiges Skript zum geplanten Stück. „Sie sollen im Workshop möglichst viel an eigenen Ideen einbringen“, sagt Kira Thomas.

Die Stücke entstehen gemeinsam

Gemeinsam entwickeln sie aus dem ersten Entwurf im Verlauf von drei Wochen ein fertiges Theaterstück. Eine Einarbeitung in die Abläufe eines Theaters und das Stimmtraining gehören auch dazu. „Wir sollten am Anfang häufig üben, laut und deutlich zu sprechen“, erzählt der 16-jährige Marian. Jeden Morgen steht zusätzlich eine halbe Stunde Sport auf der Tagesordnung – denn Schauspieler müssen fit sein. Mit Kraftübungen und Sit-Ups bis hin zum gemeinsamen Joggen um den Feuersee ist einiges an Abwechslung geboten.

„Wir waren schon im vergangenen Jahr mit dabei“, erzählen Zoe und Sarah. „Bei diesem Stück spielen wir in einer Zickenclique mit“, sagt Zoe. „Wir benehmen uns wie Tussis und sind so auch angezogen. Im echten Leben sind wir natürlich anders.“ Der 16-jährige Marian ist der einzige männliche Workshopteilnehmer in diesem Jahr: „Ich mag es einfach, dass man beim Theater in andere Rollen schlüpfen kann und etwas ausprobieren darf, was man im Alltag nicht machen kann.“

Die Ferienbeschäftigung ermöglicht aber auch Einblicke ins Berufsfeld Theater. „Das Schöne ist, dass einige schon mehrere Jahre hintereinander am Workshop teilnehmen“, sagt Kira Thomas. „Es besuchen uns auch immer wieder Ehemalige, die dann während des Workshops ein dreiwöchiges Praktikum im Theater machen.“ Das Interesse ist auch bei der jungen Generation nach wie vor groß, wie die zwölfjährige Pia bestätigt: „Ich bin hergekommen, weil ich selbst im Theater ein Stück angesehen habe und mir das so gefallen hat, dass ich nun selbst spielen will.“ Den im Stück thematisierten Druck spürt sie jedoch nur an manchen Stellen im eigenen Leben.