Für Ron Williams ist Ruhestand Stillstand. Foto: Archiv

Der Entertainer Ron Williams moderiert die „Sweet Soul Musik Revue“ in der Fellbacher Schwabenlandhalle. Im Interview erzählt der Kosmopolit, was er vom Ruhestand, von Obama und vom Wein hält.

Fellbach - Es würde eigentlich reichen, Ron Williams nur eine Frage zu stellen: Der Sänger, Entertainer, Schauspieler, Kabarettist, Synchronsprecher . . . ist so ein begeisterter Erzähler, dass schon eine Antwort den normalen Umfang für ein Interview sprengen würde. Deshalb wird hier immer wieder in gekürzter Form beschrieben, was der Kosmopolit vom Ruhestand, von Obama und vom Wein hält. Aber seine Fans bekommen irgendwann mehr von ihm: Williams ist dabei, seine Biografie zu schreiben. Wenn die so spannend ist wie seine Erzählungen, lohnt sich der Kauf!
Mit der Revue „Sweet Soul Music“ treten Sie und Ihre Musiker in die Fußstapfen von Soullegenden. Welche der Stars haben Sie persönlich kennengelernt?
Ich habe das Glück gehabt, einige Kollegen kennenzulernen. Ray Charles zum Beispiel habe ich hinter der Bühne getroffen, und mit Michael Jackson bin ich mal zusammengesessen. Das kam durch meine Ex-Freundin Donna Summer zustande. Auch Joe Cocker habe ich kennengelernt. Aber leider nicht alle Soullegenden.
Gab es besonders bemerkenswerte Begegnungen?
Die Treffen mit Tina Turner: Sie hatte sich damals aus lauter Angst vor ihrem Mann Ike in Stuttgart versteckt. Und war in der Stadt nur mit Perücke und Sonnenbrille unterwegs.
Was bedeutet Soul für Sie?
Das fragen mich viele Deutsche: Was ist Soul wirklich? Ray Charles hat damals einen eigenen Stil gesucht. Er spielte Keyboard in einer Kirche und ließ sich von den Gospels inspirieren. Er wollte aus der musikalischen Nische der Schwarzen ausbrechen, wollte die Sehnsucht nach Freiheit rüberbringen. Er hat die Musik verändert und daraus wurde das, was man Soul nannte. Ein anderes Rhythmusgefühl. Soul ist ein Teil des Schwarzseins. Ich liebe Soul, Blues, Jazz . . .,  es ist das Kulturgeschenk der USA an die Welt. Und alles hat seine Wurzeln in schwarzer Musik.
Sie sind laut Internetlexikon Jahrgang 1942 und haben in mehr als 800 TV-Sendungen mitgewirkt. Hat es Sie schon mal gereizt, über den Ruhestand nachzudenken?
Ruhestand ist Stillstand. Solange ich gesund bin und das Publikum mich gerne sieht und hört – warum soll ich aufhören? Wie Johannes Heesters mit 105 noch auf der Bühne zu stehen, finde ich jedoch etwas übertrieben.
Dann hören Sie schon mit 104 auf?
Vielleicht auch mit 84.
Sind Sie schon Opa?
Ja, seit dem 17. April letzten Jahres habe ich einen Enkel.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich lasse mir gerade einen Vollbart stehen, weil ich in „Onkel Toms Hütte – Reloaded“ spiele. Es ist nicht das Stück von 1850 mit Perücke und Kostüm, sondern es spielt in einem Gefängnis. Tom ist Sozialarbeiter. Dann arbeite ich an „Hautnah“, eine One-Man-Show mit aufregenden Geschichten aus meiner Kindheit, interessanten und schmerzvollen. Das alles wird mit Musik erzählt. Im nächsten Jahr geht es mit der Harry Belafonte Story durch ganz Europa, dann gibt es noch Konzerte und Musikshows. Außerdem bin ich im Juni und Juli im Theaterhaus auf dem Pragsattel.
Sie sind in Fellbach ja ein gern gesehener Gast. Sie traten als Harry Belafonte, Nelson Mandela, Martin Luther King und Ray Charles auf. Wen würden Sie noch gerne verkörpern, James Brown vielleicht?
Nein, James Brown kann ich nicht. Am liebsten würde ich noch mal eine Ray-Charles-Show machen.
Wäre eine Rolle als Barack Obama mit einem Guantanamo-Gefangenenchor im Hintergrund zu absurd?
Wenn überhaupt würde ich den Gefangenenchor nicht hinter Obama stellen, sondern hinter die Republikaner, die ihn und die Regierung permanent behindern.
In einem Interview haben Sie vor einigen Jahren Obama als „Riesen-Plus“ bezeichnet. Würden Sie dem heute noch zustimmen?
Ja, immer noch. Auch wenn er nicht alles toll macht, so bewundere ich doch diese Ruhe, mit der er die Dinge angeht. Und mit den Republikanern als Gegenpol hat er nun wirklich keine leichte Aufgabe.
Ihre „Tour für Toleranz“ hat Sie schon in mehr als 100 Schulen geführt. Warum in keine Fellbacher, wo Sie doch zuweilen da sind?
Wenn man mich einladen würde, würde ich gerne kommen. Nur die Jugend kann es vielleicht schaffen, dass sie in 30 Jahren auf diesem Planeten etwas anderes hinkriegt. Den Versuch, dies zu erreichen, ist es auf alle Fälle wert. Die Kids können alles sagen und fragen, ich stelle nur klar, dass es nicht beleidigend sein darf. Allein durch Verbote kann man keine bessere Demokratie schaffen. Man muss sich damit auseinandersetzen. Und man muss den Mund aufmachen und intensiv dagegen sein, wenn es um Rassismus oder Diskriminierung geht.
Sind Sie es manchmal leid oder vergleichen sich mit Don Quichotte, dem Windmühlen-Bekämpfer, wenn Sie immer wieder aufs Neue gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit angehen?
Mein Vorbild Martin Luther King hat gesagt, es lohnt sich. Wenn wir nichts tun, machen wir uns mitschuldig, wir sind Teil des Systems. Ich kämpfe unverdrossen weiter. Nicht jeder muss ein Volkstribun sein, aber man kann auch auch im engen Umkreis, bei Familie, Freunden und Kollegen etwas bewirken. Man muss deutlich wissen lassen, dass man nichts toleriert, was menschenfeindlich ist.
Zurück zum Positiven: Was erwartet die Zuschauer bei der Soul-Revue?
Fetzende Musik, Wahnsinns-Songs, eine Hammer-Show. Es gibt definitiv keine besser Soul-Show auf dem Kontinent, die Leute sind hin und weg!
Sollte im Hölderlinsaal großzügiger bestuhlt werden, weil es die Besucher von den Sitzen reißt?
Am besten gar keine Bestuhlung. Nur für die, die nicht stehen können.
Haben Sie schon Fellbacher Wein getrunken und wenn ja, werden Sie es wieder tun?
Bewusst noch nicht. Als ich in den Robinson Barracks stationiert war, habe ich mit Freunden Ausflüge nach Bietigheim gemacht, den Wein dort habe ich getrunken.
(Auf den Hinweis, dass der es natürlich in keiner Weise mit dem Fellbacher aufnehmen kann, versprach Williams, nach seinem Auftritt einen „sehr trockenen roten Fellbacher“ zu probieren.)   Die Fragen stellte Gabriele Lindenberg.
Info: Die Sweet Soul Music Revue wird am Montag und Dienstag, 18. und 19. Mai, jeweils von 20 Uhr an im Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle aufgeführt. Karten im Vorverkauf gibt es beim i-Punkt in Fellbach, Marktplatz 7, Telefon 0711/ 58 00 58.