Die Sängerin und Pianistin Sarah Rehberg, begleitet am Klavier von Peter Laune, bereichert die Feier der Corps Germania. Foto: Martin Bernklau

Die Hohenheimer Burschenschaft Corps Germania lädt zur Fahnenfeier ins Verbindungshaus an der Garbe, um sich „in die Stuttgarter Gesellschaft zu öffnen“.

Stuttgart-Plieningen - Das Corps Germania ist zwar eine schlagende und farbentragende Verbindung, die Hohenheimer Burschenschafter halten aber die Werte Toleranz, Weltoffenheit und religiöse wie politische Neutralität hoch und sind stolz auf den höchsten Anteil ausländischer Corpsbrüder unter ihresgleichen. Um sich „in die Stuttgarter Gesellschaft zu öffnen“, so der Altherren-Vorsitzende Helmut Jung, lud die Verbindung am Sonntag zu einer vierten „beschwingten Matinee“ ins Germanenhaus gegenüber dem Gründungslokal Garbe.

Als Erster Chargierter begrüßte Aktiven-Senior Viktor Winkler die Gäste – darunter der Schirmherr Stefan Kaufmann, CDU-Bundestagsabgeordneter. Musikalischer Stargast war die Pianistin und Sängerin Sarah Rehberg, die am Klavier Gewinnerin des Matthaes-Preises und vielfache Landes- und Bundessiegerin bei Jugend musiziert ist. Weil sie dazu noch gerade das Abitur mit Bestnote abgelegt hat, pries der Gastgeber die erst 16-Jährige als „Wunderkind“. Wie sie ihre Arien sang und was für Brillanz sie dem kleinen, aber gut gestimmten Klavier – bei Studentenverbindungen „Bierorgel“ genannt – entlockte, machte solch ein Lob nachvollziehbar.

Solidarität und Eigenverantwortung

Sarah Rehberg begann auswendig mit einem verteufelt schweren Impromptu von Franz Liszt und ließ sich später vom Moderator Peter Launer am Klavier mit ihrem kraftvollen und durchaus dramatischen Sopran bei den Opernarien der Laura aus Giacomo Puccinis „Gianni Schicchi“ und der Titelgestalt aus „La Wally“ des Puccini-Rivalen Alfredo Catalani begleiten.

Tradition bedeute, „nicht die Asche hüten, sondern die Flamme am brennen halten“ zitierte Stefan Kaufmann in seinem Grußwort den französischen Sozialisten Jean Jaurès. Er lobte die Germania als Wertegemeinschaft, in der neben der Mensur und dem Pflichtfechten mit scharfem Säbel, vor allem auch Toleranz, der Lebensbund, Solidarität und Eigenverantwortung hochgehalten würden. Ein wenig Wahlwerbung durfte der CDU-Politiker vor dem Hochruf „Vivat, crescat, floreat“ (Sie lebe, wachse, blühe) auf die Verbindung auch noch anbringen.

Historisch begründete ausschließliche Männermitgliedschaft

Der Alte Herr Peter Fuchß beschrieb in seinem kleinen Porträt des Corps zunächst dessen Domizil, das der Architekt Ludwig Eisenlohr 1908 in einer Mischung aus Klassizismus, Jugendstil und vormoderner Strenge entworfen hat. Der Historiker erklärte die im eigenen Gründungsjahr 1871 gewählten Farben Schwarz-Weiß-Rot als Symbol einer Mischung von Preußen und Hanse ohne die spätere politische Bedeutung der Reichsidee des im selben Jahr von Bismarck gegründeten Deutschen Kaiserreichs. Die „Germanen“ seien damals wie heute weltoffen gewesen und entschiedene Gegner der „nationalistischen Horden und des rassistischen Pöbels“. Als Kronzeugen zitierte er den „sozialistischen Exil-Schriftsteller“ Carl Zuckmayer. Auf ausländische Corps-Brüder aller Hautfarben und Herkünfte aus weltweit 30 Ländern sei man stolz. Um „Nachsicht“ bat er für die historisch begründete ausschließliche Männermitgliedschaft.

Stolz, so der Referent, ist man auch auf den vielleicht bedeutendsten Bundesbruder: den Theaterintendanten Walter Erich Schäfer, der als Landwirtschaftsstudent begann und später zum „Vater des Stuttgarter Ballettwunders“ mit John Cranko und Marcia Haydée wurde, aber auch große Dirgenten wie Carlos Kleiber nach Schwaben holte. Im zweiten Musikteil widmete sich Sarah Rehberg unter großem Jubel Operettenmelodien von Kollo und Dostal bis Robert Stolz. Und Dirk Ahnert steuerte auf seinem Akkordeon Tango und Walzer bei.