Mit vulkanischem Temperament entwickelte sich im 18. Jahrhundert die Musik in Neapel. Die Postkartenansicht stammt von 1900, als sich die Musik- zur Touristenmetropole gewandelt hatte. Foto: I//© Stefano Bianchetti

„Faszination Neapel“: Das Festival Stuttgart Barock spürt den klangvollsten Seiten und Zeiten der süditalienischen Metropole nach.

In den Jahren 1731 und 1732 wurde Neapel von einer Erdbebenserie erschüttert – ein Fall für Sankt Emigdius und für Giovanni Battista Pergolesi, der dem zuständigen Erdbebenschutzpatron eine Messe zu komponieren hatte: ein Meisterwerk des neapolitanischen Spätbarock, der eigentlich kein Barock mehr ist. Denn Neapel selbst war jahrzehntelang das Epizentrum eines musikhistorischen Erdbebens, dessen Wellen ganz Europa durchliefen und sich erst im fernen Wien zur Klassik beruhigten. Was im Nachhinein und ungenau „Neapolitanische Schule“ genannt wurde, steht für die Ablösung der barocken Idiomatik durch eine neue Eleganz, eine Dynamisierung des Orchestersatzes, einen revolutionären Realismus im Musiktheater, eine Synthese von Polyphonie und sinfonischer Form in der Kirchenmusik.