Ein Kreuz mit vielen Symbolen ist während der Fastenzeit entstanden. Foto: Thomas Krämer

In der katholischen St. Peter und Paul-Kirche in Leinfelden wird Ostern mit einer besonderen Kunstinstallation vorbereitet.

Leinfelden - Erst waren es nur wenige Segmente im Mittelgang zwischen den Kirchenbänken, mittlerweile behindert das aus vielen einzelnen Teilen bestehende Kreuz den Weg zum Altar in der Kirche Sankt Peter und Paul – und soll das auch. „Ein Kreuz im Leben zwingt dazu, das eigene Verhalten anzupassen, neue Wege zu gehen, alte Gewohnheiten anzupassen“, sagt Thomas Moritz Müller.

Der Esslinger Journalist und Künstler hat Ende Februar in der katholischen Kirche in Leinfelden damit begonnen, eine Kunstinstallation aufzubauen, die seitdem Stück für Stück gewachsen ist und am Karfreitag den Altar erreicht haben wird. In der Osternacht soll dann die wortwörtliche gemeinte Wende er-folgen, weshalb das Werk auch den Namen „Gewendet“ bekommen hat und in Form des Kreuzes die Geschichte von Passion und Wandlung beschreibt.

Konfetti macht den Anfang

Segment für Segment wurden kirchliche und weltliche Themen aufgegriffen. Dabei bezieht sich der Künstler nicht nur auf Themen aus der biblischen Historie, sondern nimmt auch aktuelle Bezüge, beginnt gleich am Kircheneingang mit buntem Konfetti und erinnert an die zu Ende gegangene fröhliche Faschingszeit. Doch es sind vor allem die „dunklen“ Themen, die die überwiegend dunkle Oberseite des Kreuzes zieren.

So wird die schwierige Situation der Menschen in Syrien dargestellt, die von der Außenwelt abgeschnitten sind und von einem gewalttätigen Regime drangsaliert werden. Ebenso greift Müller die Atomkatastrophe von Fukushima auf. Und auch vor einem für die Katholische Kirche sehr heiklen Thema drückt er sich nicht: Dem Missbrauchsskandal durch Geistliche, dargestellt durch eindrückliche farbige Por-träts betroffener Kinder und Jugendlicher.

Hinweise auf Symbole

Eine Rolle spielt auch die Wüste, jener Lebensraum, in dem die Menschen in Palästina zu Zeiten Jesu lebten. „Wüste ist ein Ort der Reinigung, der Klärung oder der Entscheidung über einen bestimmten Weg, der einem Platz lässt für die Konfrontation mit den in einem selbst befindlichen guten und bösen Kräften“, sagt Müller. Und so wird in dem Kreuz nicht nur die Wüste dargestellt, sondern auch die Versuchung Jesu durch den Teufel – ergänzt durch einen Engelsflügel.

Müller gibt Hinweise, welche Symbole er verwendet, welche Ereignisse hinter den von ihm dargestellten Installationen stehen. Allerdings will er dem Betrachter die Freiheit für eigene Gedanken lassen. „Es gibt kein Richtig oder Falsch“, sagt der Künstler. Vielmehr gehe es um die Frage, was einem ganz persönlich ein Kunstwerk sage, welche Bilder, Gedanken und Gefühle es in einem wecke.

Großes Interesse an der Kunstinstallation

„Die Gemeinde ist sehr an der Kunstinstallation interessiert“ hat Veronika Knüppel bemerkt. Das Kreuz im Kirchengang ist nach Worten der Kirchengemeinderätin Thema bei Gesprächen nach dem Gottesdienst oder in den Familienkreisen. „Die Leute setzen sich mit den dargestellten Vorfällen auseinander, fragen sich, wie gehe ich mit dem eigenen Kreuz um, das ich trage“, sagt Knüppel. Es gebe sogar Besucher, die eigens außerhalb der Gottesdienstzeiten in die Kirche kommen, um die Installation in Ruhe auf sich wirken zu lassen. Einige Gemeindemitglieder hätten sich mit eigenen Bausteinen an der Kunstinstallation beteiligt und dieser so ein individuelles Aussehen gegeben.

Zum Osternachtsgottesdienst wird das dunkle Kreuz gewendet werden und seine helle, hoffnungsvolle Seite zeigen – als Zeichen dafür, dass die Leidenszeit Christi vorbei ist. Am 15. April, dem „Weißen Sonntag“, wird die Kunstinstallation wieder abgebaut. Dann kann man wieder ungehindert in Richtung Altar gehen, verschwindet das Kreuz – zumindest das sichtbare.