2009 gab’s beim Umzug den karnevalistischen Kehraus für Stuttgart 21 Foto: Piechowski

Beim Stuttgarter Faschingsumzug dürfen weder Stuttgart-21-Gegner noch Befürworter starten.

Stuttgart - Die Fasnet ist traditionell der Anlass, die Politik aufs Korn zu nehmen. Es gibt aber Themen, die sind selbst den Narren zu heiß. Beim Stuttgarter Faschingsumzug wurden mehrere Gruppen abgelehnt, die explizit für oder gegen Stuttgart 21 Stimmung machen wollten.

Es hätte günstigere Zeitpunkte geben können, um neu einzusteigen. Bei der Gesellschaft Möbelwagen, die regelmäßig den Stuttgarter Umzug am Faschingsdienstag organisiert, haben sowohl der Präsident als auch der Organisator erst in dieser Kampagne ihre Ämter angetreten. Und damit einen besonders brisanten Termin vor der Brust. Knapp drei Wochen nach dem Umzug am 8. März ist Landtagswahl. Und das Thema Stuttgart 21 ist in den vergangenen Monaten in der Stadt hochgekocht wie kaum jemals ein anderes zuvor.

Wenig überraschend wollten deshalb mehrere Interessengruppen den Umzug nutzen, um nochmals die Werbetrommel für ihr Anliegen zu rühren. "Wir wollten teilnehmen", sagt Annette Vögele von der Parkschützer-Organisation. Man habe zunächst bei der Anmeldung keine Angaben zu den Motiven gemacht. Auf Rückfrage habe man eingeräumt, dass es sich um "eine Gruppe mit politischem Motiv" handle. Daraufhin habe man eine Absage bekommen. "Das grenzt an Vorzensur", sagt Annette Vögele, "Karneval bedeutet schließlich Parodie und Themen auf die Schippe zu nehmen."

S21-Umzug planen eigenen Umzug

Auch Leute aus dem Umfeld des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 wollten beim Umzug mitmischen. "Geplant war, einen umgebauten Wasserwerfer fahren zu lassen", sagt Sprecher Gangolf Stocker. Der war bereits Ende Januar bei einer Großdemonstration gegen das Bahnprojekt in der Menge mitgerollt. Doch die Teilnahme sei abgeblockt worden.

"Bei uns haben sich drei Gruppen beworben, die sich entsprechend zu erkennen gegeben haben. Zwei gegen, eine für Stuttgart 21", sagt der neue Umzugsorganisator Harald Brous. Man habe aber in der Gesellschaft beschlossen, keine dieser Interessengruppen mitlaufen zu lassen, um eine mögliche Eskalation zu vermeiden. "Wir haben den Bewerbern geschrieben, dass wir als Veranstalter dieses Risiko nicht übernehmen können", sagt Brous, "sie haben daraufhin Verständnis gezeigt." Man sei der Meinung, dass sowohl Befürworter als auch Gegner genug Gelegenheit hätten, ihre Standpunkte zu zeigen, und dafür nicht den Faschingsumzug bräuchten. Generell ausgeklammert werden soll das Thema aber nicht. Falls es spontan zu Problemen komme, müsse man miteinander reden.

Nach derzeitigem Stand werden am 8. März 52 Gruppen durch die Straßen ziehen. Die meisten davon kennen die Veranstalter seit vielen Jahren. Eingeladen sind wie immer auch der Oberbürgermeister und der Ministerpräsident. Seitens des Landes rechnet Brous aber nicht mit einer Beteiligung, und die Vertreter der Stadt entschieden sich immer recht kurzfristig. OB Wolfgang Schuster hat in der Vergangenheit immer wieder verzichtet und den Ersten Bürgermeister Michael Föll geschickt.

Die Gegner des Bahnprojekts reagieren auf ihre Weise. Sie wollen am Vorabend des Faschingsumzugs jetzt ihren eigenen Rosenmontagsumzug machen. "Der wird viel schöner", sagt Stocker und schmunzelt. Dabei sein sollen auch Wagen. Auf einem soll ein überdimensionaler Kopf thronen, der Ministerpräsident Stefan Mappus zeigt. "Das wird sehr bunt", sagt Fritz Mielert von der Parkschützer-Organisation, "es sind viele Gruppen beteiligt, die aus der kreativen Ecke kommen." Der Zug soll sich am späten Nachmittag voraussichtlich am Wilhelmsplatz in Bewegung setzen und zur allmontäglichen Demonstration um 18 Uhr den Hauptbahnhof ansteuern.