Klaus Renz genießt den Blick auf die Palmeninsel in Dubai Foto: StN

Fallschirmspringen ist für Klaus Renz nicht gefährlich, wenn man die eigenen Grenzen kennt. „Der schönste Moment ist der, wenn man auf dem Boden gelandet ist“, sagt der Stuttgarter, der schon knapp 7000 Sprünge hinter sich hat. Sein Traum: Einmal über der Antarktis abspringen.

Stuttgart - Es sind diese Momente, die das Leben von Klaus Renz bereichern. Zusammen mit 20 anderen Fallschirmspringern sitzt der Stuttgarter in seinem gelben Sprunganzug in einem Flugzeug über der Wüste von Arizona. Ein letztes Mal prüfen sie ihr Material, brüllen „go for gold“ und stürzen sich dann aus 5700 Meter Höhe in die Tiefe.

Parallel springen aus neun weiteren Maschinen weitere 194 Menschen. Man braucht einen guten Atem in dieser Höhe, sonst besteht die Gefahr der Hypoxie, einer mangelnden Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff. Aber daran denken Renz und seine Mitstreiter nicht.

Für sie beginnt jetzt der Tanz mit dem Wind bei einer Fallgeschwindigkeit von 75 Kilometern pro Stunde. Da ist es nicht leicht, die richtige Position, das passende Bein oder den passenden Arm des Partners zu finden. Die Choreografie ist vorgegeben. Ein falscher Griff, und der Rekordversuch wäre ungültig. Auch Renz war extrem angespannt. Keiner will derjenige sein, der den Fehler macht. Alle müssen auf den Punkt ihre Höchstleistung bringen. Das gilt auch für die Piloten, die ein Gespür für den richtigen Abstand mitbringen müssen.

Mit der Körperhaltung kann Klaus Renz das Tempo steuern. Nimmt er die Hände an den Körper, dann geht es Kopf voraus nach unten, drückt er den Bauch durch wie eine Banane, dann reduziert sich die Geschwindigkeit. 75 Sekunden dauert es, dann steht die Formation.

"Ein erhebendes und erleichterndes Gefühl"

Vier Kameraleute springen mit, halten das Ereignis fest. Sieben Tage haben die allesamt deutschen Sportler auf diesen Augenblick hingearbeitet. 40 Minuten nach der Landung haben sie die Gewissheit: Der Weltrekord ist anerkannt. Die bisherige Bestleistung hielten die Russen mit 201 Teilnehmern. Klaus Renz hält damit gleich zwei Weltrekorde. 2006 war er in Thailand auch schon Mitglied der größten multinationalen Formation, die aus 400 Fallschirmspringern bestand. „Es war ein erhebendes und erleichterndes Gefühl für uns alle“, erzählt Klaus Renz.

Er sitzt in einem Stuttgarter Café und knipst sein ansteckendes Lachen an. Erleichtert war er nicht nur wegen des Triumphs für Schwarz-Rot-Gold. Im vergangenen Dezember hatte schon einmal eine Gruppe in Arizona versucht, den Weltrekord zu knacken.

Damals hatte es einen tödlichen Zwischenfall gegeben, als zwei Springer zusammenprallten und zu Boden stürzten. Klaus Renz weiß um diese Gefahren. „Doch unser Sport ist eigentlich nicht gefährlich, wenn man seine Grenzen kennt und auch Nein sagen kann“, sagt er. Das hält den Mann aus Möhringen nicht davon ab, mit dem Fallschirm ganz außergewöhnliche Dinge zu tun.

Knapp 7000 Sprünge in 30 Jahren

Knapp 7000 Sprünge hat er in 30 Jahren gemacht. Renz stürzte sich im Flügelanzug von den Victoria Falls, sprang vom Stuttgarter Fernsehturm, vom Burj Chalifa in Dubai, dem mit 812 Metern höchsten Gebäude der Welt, und wagte auch einen Sprung über dem Nordpol.

Doch es müssen nicht nur die Hotspots dieser Welt sein. „Ich habe faszinierende Dinge erlebt, kann aber auch einen Sprung auf den Stuttgarter Schlossplatz genießen oder in den Dolomiten“, sagt Renz. Er ist ein Allrounder, glänzt als Zielspringer wie beim Para-Ski, einer Kombination aus Springen und Riesenslalom. Zudem ist er mehrfacher deutscher Meister und Europacup-Sieger.

Doch es kostet Zeit und Geld, um dieses Niveau zu halten. Für die Woche in Arizona bezahlte er 3000 Euro. Deshalb verdient Renz sein Geld vor allem als erfahrener Tandemspringer. Mit VfB-Maskottchen Fritzle ist er schon in der Mercedes-Benz-Arena eingeschwebt, er hat auch schon den Politiker Rezzo Schlauch oder Extremsportler und Entertainer Joey Kelly sicher auf die Erde geleitet.

Für kurze Zeit bilden zwei Personen eine Einheit

Auch Klaus Renz genießt es immer wieder, wenn er in die lächelnden Gesichter seiner Begleiter blickt. Für kurze Zeit bilden zwei Personen eine Einheit. Minuten von starker Intensität. Ansonsten ist für ihn das Schönste am Fallschirmspringen nicht unbedingt das Fliegen. „Der schönste Moment ist eigentlich immer der, wenn es vorbei ist und man am Boden gelandet ist“, sagt Renz.

Ein Ziel steht noch auf seiner Wunschliste. „Ich würde gerne mal über der Antarktis abspringen. Aber das ist ein sehr geschützter Ort “, sagt Renz. Es wäre ein weiterer bereichernder Moment für den Extremsportler.