Das Traditionshaus Schnaitmann Fashion in der Fellbacher Wohncity schließt – ein Geschäft mit mehr als 110 Jahren Geschichte. Foto: Gottfried Stoppel

Schnaitmann Fashion schließt nach mehr als 110 Jahren. Das Geschäft für Kindermode, Damen- und Herrenwäsche sowie Spielwaren ist ein weiterer Verlust im örtlichen Einzelhandel – nicht der einzige in diesem Jahr.

Es ist ein weiterer Verlust für die Fellbacher Stadtmitte: Das Traditionshaus Schnaitmann Fashion in der Wohncity schließt. Noch im vergangenen Jahr hatte das Fachgeschäft für Kindermode, Tag- und Nachtwäsche für Herren und Damen sowie Spielwaren und Bücher sein 110-Jahr-Jubiläum gefeiert. „Es ist sehr, sehr schade“, hört man immer wieder Kunden im Laden in der Bahnhofstraße sagen. Der Räumungsverkauf ist gestartet. Voraussichtlich Ende dieses Jahres werden sich die Türen des Ladens endgültig schließen.

 

Die Anfänge von Schnaitmann Fashion

Bis ins Jahr 1912 gehen die Wurzeln von Schnaitmann Fashion zurück. Viel hat sich im Laufe der Jahre verändert: Vom früheren Wäsche- und Wollegeschäft wurde der Laden eine Adresse für hochwertige Baby-Kinder- und Umstandsmode unter dem Titel „Schnaitmann Fashion“. Das Motto „Für Kinder ist nur das Beste gut genug“ von Margarete Steiff, der Gründerin der weltweit bekannten, gleichnamigen schwäbischen Spielwarenfabrik, stand im Mittelpunkt in dem Fachgeschäft, als es von Ursula Schnaitmann geführt wurde. Schnaitmann hatte sich auch in der Stadt als Vertreterin des Handels engagiert. Selbstverständlich war es für die Inhaberin, dass das Geschäft bei Veranstaltungen wie dem Fellbacher Herbst mit von der Partie ist. Sie setzte auf Qualität – so befindet sich ausschließlich Kleidung von bekannten Modemarken im Sortiment. Diesen Qualitätsanspruch hat die Inhaberin, die das Geschäft 2019 übernommen hatte, fortgesetzt, sagt sie. Doch die Rahmenbedingungen für den stationären Handel haben sich verändert. Sie macht das Zusammenspiel verschiedener Faktoren für das Aus des Traditionshauses verantwortlich.

So habe sich das allgemeine Kaufverhalten verändert. Durch die Coronakrise und die damit verbundenen Lockdowns hätten sich die Kunden noch verstärkter dem Online-Handel zugewandt. Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise seien weitere Punkte, die die Kauflaune drückten. Auch die Energiekosten, die für das rund 500 Quadratmeter große Fachgeschäft mit Erdgeschoss, Ober- und Untergeschoss in der Wohncity anfallen, sei ein Faktor. Und leider sei zu beobachten, dass es den Trend gebe, Waren verstärkt nur mit reduziertem Preis zu erwerben. Hinzu komme die mangelnde Frequenz in der Straße. „Wir bräuchten einen weiteren Fachhändler“, sagt die Fachfrau, die über viele Jahre Erfahrung in der Textilbranche verfügt.

„Es ist mir sehr schwergefallen, die Entscheidung für die Schließung zu treffen“, sagt die Inhaberin, die ihren Namen nicht veröffentlicht sehen will. „Nach reiflicher Überlegung und ausführlichen Gesprächen mit unseren Geschäftspartnern habe ich mich entschieden, Ende dieses Jahr unseren lieb gewonnenen Laden Schnaitmann Fashion zu schließen. Leicht rückgängige Umsätze und viel zu hohe Kosten haben die Entscheidung notwendig gemacht. Es tut uns sehr, sehr leid, dass wir viele unserer langjährigen Stammkunden daher enttäuschen werden. Zwischen unseren Kunden und uns besteht eine wirklich außergewöhnliche Geschäftsbeziehung. Aber ein Einzelhandelsgeschäft in dieser Lage benötigt auch Laufkundschaft, gerade hier haben wir seit der Coronapandemie und dem Ukraine-Konflikt deutlich an Umsätzen verloren. Ich habe aber bis zuletzt Lösungen gesucht, die eine Fortführung sinnvoll gemacht hätten“, erklärt die Inhaberin. Insgesamt waren in dem Fachgeschäft fünf Angestellte tätig.

Fehlende Laufkundschaft ist einer der Gründe für das Aus

Die Schließung von Schnaitmann Fashion ist ein weiterer Verlust, den die Fellbacher Innenstadt im stationären Handel erfährt. Erst Ende September hatte das Fahrradgeschäft Tretkurbel in der Eberhardstraße 45 geschlossen. Und nach mehr als 30 Jahren wurden im Sommer die Türen des Haushaltswarenfachgeschäfts Mehrzweck in der Bahnhofstraße zugemacht. Das Angebot wird seitdem in der Zentrale im Rathaus-Carrée gebündelt. In dem Fachwerkhaus werden auf zwei Etagen Porzellan, Gläser, Bestecke und Haushaltswaren internationaler Hersteller geboten. Die Firma besteht seit 125 Jahren.

Parfümerie Erb, Schuhhaus Pirone und die Tretkurbel machten dicht

Bereits im Mai hatte das Traditionshaus Parfümerie Erb ihren Standort in Fellbach aufgegeben – als letzten ihrer insgesamt vier. Auch das Schuhfachgeschäft Pirone ging im Frühjahr verloren. Lefti’s Trendshop startete den Ausverkauf beim Fellbacher Herbst. Und ebenfalls in Schmiden sind leere Schaufenster zu beklagen: Das Herrenmodegeschäft Döneke in der Fellbacher Straße hat seit Oktober zu. „Wir sagen herzlichen Dank für ihre jahrelange Treue und Unterstützung“, heißt es an die Kunden gewandt.

Keinen langen Leerstand gab es in der Cannstatter Straße. Der Ausverkauf des Modegeschäfts „Cannstatter 80“ von Ursula Haberl hatte im Frühjahr zum Maikäferfest begonnen. Kurz vor dem Fellbacher Herbst hatte die Nachfolge bereits geöffnet. „Hochwertige Markenware von St. Cloud“, einem Fellbacher Label, werden dort unter der Firmenbezeichnung „Mo Mos’ mode Outlet-Fabrikverkauf“ nun angeboten. Auch in den ehemaligen Räumen von Mehrzweck in der Bahnhofstraße gibt es eine Nachfolge.

Neueröffnungen in Fellbach

Eröffnungen
Es gab auch Neueröffnungen, Beispiele ohne den Anspruch auf Vollständigkeit: Jasmina Pace und Nedim Solunovic haben zu den Foodtrucks, die sie betreiben, einen Hygo-Concept-Store mit Live Cooking in der Fellbacher Markthalle eröffnet. „Es wird prima angenommen“, freuen sich die beiden. Auch der Wolle-Laden „Strick mit“ in der ehemaligen Kochschule von Armin Karrer in der Cannstatter Straße/ Ecke Hirschstraße hat vor rund einem Jahr eröffnet. Dort werden auch verschiedene Strick-Treffs geboten.

In den Stadtteilen
 In Oeffingen hat im Frühjahr in der Remser Straße Elvira Mursel einen kleinen Supermarkt eröffnet und Patrik Scalcione ein Eiscafé. Am Jahresanfang hat Schuhmacher Daniele Di Gaetano die Werkstatt in Schmiden von Manfred Haas übernommen.