Der Inhaber des Köngener Tafelhauses, Bernd Nödinger, weiß, worauf es als Gastgeber in Corona-Zeiten ankommt. Foto: Ines Rudel/Ines Rudel

Sechs Experten aus dem Kreis Esslingen geben kreative Tipps, wie man Weihnachten 2020 Corona-konform begehen kann: Von Spielen ohne Berührung, über das gemeinsame Essen bis hin zum Fest per Videoschalte.

Kreis Esslingen - Weihnachten ist nicht nur ein Hauptfest der Christen, sondern auch der Familie. Deswegen werden vom 24. bis 26. Dezember die Corona-Kontaktbeschränkungen wieder gelockert. Doch dem Virus ist nichts heilig, die Ansteckungsgefahr ist hoch. Sechs Experten geben kreative Tipps, wie man die Feiertage corona-konform begehen kann – ob zusammen auf Abstand oder örtlich getrennt und dennoch gemeinsam.

 

Spiele-Spaß trotz Abstand:

Gemeinsam genutzte Würfel, enges Beisammensein am Spieltisch, ein einziger Stift zum Aufschreiben von Punkten: Corona-konform ist das nicht gerade. Wer aber zu Weihnachten nicht auf Gesellschaftsspiele mit der Familie verzichten will, für den haben Melanie und Angelo Marrandino aus Wendlingen ein paar Tipps. „Es gibt generell wenige Spiele, wo nicht jeder das gleiche Spielmaterial anfasst“, sagt er einleitend. Aber man könne die meisten Spiele insofern abwandeln, dass das Risiko einer Coronavirus-Übertragung zumindest über Schmierinfektion reduziert werden könne. So könne zum Beispiel für die meisten Spiele eine Art Spielleiter bestimmt werden, der für alle Mitspieler würfelt oder Karten umdreht, damit nicht alle die gleichen Gegenstände berühren müssen.

Die Marrandinos betreiben einen Youtube-Kanal, auf dem sie als „die Spieledinos“ Spiele vorstellen, ausprobieren und rezensieren. Nachdem sie ihren Kanal aus Spaß gestartet hatten, sind das Spielen und das Filmen inzwischen ein richtiger Beruf geworden. Vor Corona haben sie zudem Spieleabende in Esslingen geleitet. Auch nach der Pandemie wollen sie möglichst wieder gemeinsame Spieltage anbieten – zum Beispiel für Familien – bei denen bekannte oder neue Spiele ausprobiert werden können.

Gerade in der aktuellen Zeit, sind sich die Spiele-Experten einig, seien Gesellschaftsspiele trotz der eventuellen Notwendigkeit zur Anpassung eine gute Idee. „Alle sind jetzt so isoliert und Spiele können die Menschen so gut es geht zusammenbringen“, sagt Angelo Marrandino. In der ersten Corona-Welle haben er und seine Frau darum mit ihrer Community über die Videokonferenz-Plattform Zoom Spieleabende abgehalten. Ein Spielehersteller hatte damals das Spielmaterial kostenlos zum Herunterladen angeboten. Melanie Marrandino ergänzt: „Spiele bringen einen weg vom Alltag. Man kann ein bisschen abschalten und als Familie zusammenkommen.“

Die beiden Spielefreunde haben Spiele aus verschiedenen Kategorien herausgesucht, die Familien über die Feiertage Spaß bereiten könnten: von schnellen Spielen zur Überbrückung zwischen Hauptgang und Nachtisch – wie Zoinx oder Gold – bis hin zu anspruchsvolleren Taktik-Spielen wie Switch and Signal.

Drei davon stellen sie hier vor.

Vom Tafeln und Dinieren:

Wir werden Weihnachten hier feiern“, sagt Bernd Nödinger. Der gelernte Koch sitzt an einem Tisch in seinem Restaurant Tafelhaus in Köngen, ein Ort für exklusive regionale Küche, die immer Mal Ausflüge in andere Weltregionen macht und neben Spätzle auch Sushi kennt. Turnusmäßig finde die Feier an Heiligabend im engen Familienkreis alle drei Jahre bei ihm und seiner Partnerin statt, erzählt Nödinger. Der Gastraum in Braun- und Grautönen ist puristisch dekoriert, wenige kleine Windlichter und weiße Rosen zieren die weiß bedeckten Tische. Einzig ein kleiner Wald künstlicher Miniaturtannen auf den Fensterbrettern erinnert daran, welche Jahreszeit herrscht. Die Deko werde selbst an Heiligabend nicht opulenter, sagt Nödinger. Das Essen soll im Tafelhaus im Vordergrund stehen. Alles wirkt aufgeräumt und sauber. Etwas, was in der Gastronomie nicht erst seit Corona unerlässlich ist. Hygieneregeln, die die Restaurantchefs verinnerlicht haben und auch bei ihrer Familienfeier am 24. befolgen.

Auf Plexiglastrennscheiben verzichtet der Wirt. Die Kunden schätzten das Stück Normalität im Restaurant, sagt er – zumindest vor dem Teil-Lockdown. Seit November können nur die Gäste des angeschlossenen Hotels Neckartal im Lokal essen. Im Tafelhaus setzt man auf die Luftfilteranlage, regelmäßiges Lüften und mindestens 1,5 Meter Abstand zwischen den Tischen. Die sollen auch bei der Privatfeier an Heiligabend zwischen den Mitgliedern unterschiedlicher Haushalte eingehalten werden – durch einen kleinen Tisch für den Weinkühler, der die Familientafel zweiteilt. Während des Abends wollen die Gastgeber darauf achten, dass sich die Familienmitglieder nicht umsetzen.

Darüber hinaus ist es dem Paar wichtig, den Abend genießen zu können. „Viele leben im Irrglauben, alles auf die Minute zubereiten zu müssen“, sagt Nödinger. Er rät hingegen, das, was möglich ist, schon an den Vortagen vorzubereiten und sich die Abläufe genau zu überlegen, um an Heiligabend nur noch eine Stunde am Herd zu stehen und Zeit für die Gäste zu haben. Das Weihnachtsmenü mit Ente, das er seinen Verwandten zubereiten möchte, lässt sich gut vorbereiten und leicht für Vegetarier abwandeln. So kann das Gastronomenpaar im Kreis der Familie an Heiligabend etwas durchschnaufen. Um am ersten Weihnachtsfeiertag wieder für andere festliche Menüs to go zu bieten.

Tipps für Gastgeber und Rezepte gibt es hier.

Eine Festgesellschaft en miniature:

Das traditionelle Weihnachtsfest, zu dem sich Conny Schehles Großfamilie jedes Jahr verabredet, kann in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie leider nicht stattfinden. Inspiriert von der Abbildung einer gestrickten Mini-Familie in einem Bastelbuch, schickte die frühere Chefin des Jugendbüros eine Einladung an ihre Verwandtschaft, dass doch bitte jeder einen kleinen Stellvertreter basteln möge, der dann am alternativen Familientreffen in Esslingen teilnehmen könne. Kurz vor Weihnachten wird Conny Schehle diese Festgesellschaft en miniature dann fotografieren und jedem ein Foto schicken.

Begeisterte Reaktionen auf diese „Super-Idee“ kamen schnell, und die ganze Schehle-Sippe – summa summarum 60 Leute – machte sich kreativ und fantasievoll ans Stricken, Basteln, Malen und Kleben. Jedes Päckchen, das seit dem ersten Advent bei ihr eintrifft, birgt für Conny Schehle, die vier Brüder und drei Schwestern hat und im Januar zum 21. Mal Großtante wird, eine spannende Überraschung: „Wer gestaltet sich wie? In den Figuren steckt immer ein großes Stück Individualität und ganz viel Persönlichkeit. Und die Vielfalt ist einfach toll“, schwärmt sie. Im Waldkindergarten wurden Stöckchen gesammelt und daraus Doppelgänger gebastelt, aus Pappröhren entstanden singende Ebenbilder mit Liedblättern in der Hand, und ein gestrickter Schwager liest – eine winzige Drahtbrille auf die Stirn geschoben – in der Zeitung.

Auch eine Bienen-Familie ist bereits in Esslingen gelandet, eine Nichte gestaltet Mann, Kind und Hund aus Pappmaschee, und ein persönlicher Schal, fest zusammengerollt, symbolisiert mit einem Porträt-Foto eine der Tanten. Der Bruder, der in Südafrika lebt, wird kurzerhand von einer seiner Schwestern mitgestrickt. „Durch die Aktion kommt Bewegung in die Familie, da wird unglaublich viel telefoniert und abgesprochen“, freut sich Conny Schehle, die von sich selbst natürlich auch ein Double anfertigt: „Da fragt man sich schon: Wie will ich mich präsentieren?“, erzählt sie und arrangiert ihr Mini-Me in einem schwarzen Kleid mit neongrüner Jacke zu ihrem Markenzeichen, dem roten Haar.

Was nach Weihnachten mit den kleinen Gästen passieren wird, hat Conny Schehle noch nicht entschieden. „Vielleicht reisen sie wieder ab und kehren nach Hause zurück? Oder vielleicht besuchen sie ab jetzt auch jedes Weihnachten ein anderes Familienmitglied – in der Tradition unserer Vorfahren, die eine Wander-Imkerei hatten?“

Überraschung aus der Kiste:

Im August haben viele Esslinger am Fernseher verfolgt, wie Petra Rapp vom Weilerhof in der SWR-Sendung „Lecker aufs Land“ zu Gast war. Statt sich gegenseitig zu besuchen und anschließend in großer Runde gemeinsam zu essen, packten die Landfrauen wegen Corona damals eine Kiste mit ihrem Überraschungsmenü, das an die Kolleginnen geliefert wurde, damit es jede für sich zuhause kochen und genießen konnte. Weil immer wieder Kundschaft nach dem Rezept für den Straußenfiletbraten mit Kartoffelgratin aus der TV-Sendung fragte, kam Petra Rapp gemeinsam mit ihrer Freundin Sonja Lenz, die in Hedelfingen eine Kochschule hat, auf die Idee, für die Vorweihnachtszeit eine solche Kiste für den Verkauf zu entwickeln: „Dann kann jemand das Paket bei seinen Freunden oder bei der Familie vorbeibringen. Und man verabredet sich auf eine Video-Konferenz. Da sitzt dann jeder bei sich zuhause an seinem Bildschirm, hat gekocht, und man isst gemeinsam unser Menü. Das ist dann wenigstens ein bisschen so, als ob man bei einem Familienfest oder im Freundeskreis zusammensitzt.“

In der Geschenkbox befindet sich neben den fertig gewürzten Lebensmitteln ein Menüzettel mit den für die Zubereitung notwendigen Arbeitsschritten: Das in Rauchfleisch eingerollte Straußenfleisch wird in einer Auflaufform mit dem mitgelieferten Kochwein übergossen und im Backofen gegart. Dort wird auch das Kartoffelgratin im Glas erwärmt. Die Soße wird aufgewärmt, und das Karottengemüse wird in der Folie im Wasserbad erhitzt, der notwendige Klecks Butter ist schon mit drin. „Die Zubereitung ist ganz einfach, das Kochen geht ruckzuck, und man hat hinterher keine schmutzige Küche“, verspricht Petra Rapp.

Das Menü setzt auf regionale Produkte: Das Straußenfleisch kommt aus Petra Rapps Heimat auf der Ostalb vom Hof eines ehemaligen Klassenkameraden, die orangefarbigen Möhren und die violetten Urkarotten stammen ebenso wie die Kartoffeln vom Rappschen Hof, die Flasche mit kräftigem Rotwein zum Menü steuern die Esslinger Weingärtner bei, und das Lorbeerblatt, das das Fleisch würzt, wuchs an einem Strauch von Petra Rapps Oma. Das Paket für zwei Personen kostet 69 Euro, sollte vorbestellt und in Rapps Hofladen abgeholt werden. Die Zutaten können bis zur Zubereitung etwa eine Woche im Kühlschrank gelagert werden. „Besondere Zeiten fordern besondere Ideen“, sagt Petra Rapp.

Weit entfernt und doch zusammen:

Der Esslinger Koch Jörg Ilzhöfer, dessen Kochschule „Ilzhöfers“ vom Hafenmarkt an den Stuttgarter Marktplatz umgezogen ist, teilt seine Leidenschaft fürs Kochen und Backen gerne mit anderen. In dieser kontaktarmen Zeit schlägt er vor, den Freundeskreis, die Mädels aus der Clique oder die nettesten Nachbarn zu bitten, dass jeder zuhause seine Sorte Lieblingsgutsle backt. Dann kriegt jeder aus der Gruppe eine Tüte mit Plätzchen, das notierte Rezept und ein Adventsgedicht, eine Weihnachtsgeschichte oder einfach ein paar zu Papier gebrachte freundliche Gedanken per Post zugeschickt oder vor die Türe gestellt. „Bei einer Vierergruppe hat dann jeder fünf verschiedene Tütchen mit selbst gebackenen Lieblingsgutsle, fünf Rezepte und fünf schöne Texte. Was kann es Schöneres geben, als dass Adventsliebe, Aufmerksamkeit und Leckereien durch den Magen gehen?“, fragt Jörg Ilzhöfer.

Doch damit nicht genug: Der kreative Küchenchef schiebt gleich noch eine zweite Idee nach und empfiehlt, lieben Freunden eine Box mit Rezept und Zutaten für einen leckeren Punsch vorbeizubringen: Für zwei Tassen Punsch braucht es dafür eine Orange, einen Apfel, eine Bio-Zitrone, einen Zuckerwürfel, ein Päckchen Vanillezucker, ein Tütchen mit einer Zimtstange, einem Sternanis, einer Kapsel Kardamom und drei Nelken, dazu je einen Beutel Schwarz- und Hibiskustee. Wer mag, kann auch noch eine Mini-Flasche mit 0,1 Liter Alkohol, zum Beispiel Orangenlikör, mit einpacken. Der Empfänger muss dann nur noch 200 Milliliter Orangensaft, 300 Milliliter Cranberrysaft und eventuell 100 Milliliter Rotwein besorgen. Die Säfte (und, wenn gewünscht, den Wein) in einem kleinen Topf mit den beiden Teebeuteln erwärmen, den Zucker und die Gewürze dazugeben und für acht Minuten ziehen lassen. In der Zwischenzeit die halbe Orange schälen und in Viertelscheiben schneiden, den Apfel entkernen, achteln und ein Viertel der Zitronenschale abreiben.

Die Früchte und den Zitronenabrieb in zwei feuerfeste Gläser geben, den Punsch durch ein Sieb darübergießen und eventuell mit dem Orangenlikör abschmecken. „Wenn man sich dann zu einem verabredeten Termin in Gedanken, am Telefon oder auch per Video-Konferenz mit seinem selbst gemachten Punsch trifft, dann wird das auch in diesen Zeiten gemütlich und heimelig, ganz nach dem Motto: ‚Gemeinsam is(s)t man weniger allein‘“, verspricht Jörg Ilzhöfer.

Sein Rezept für Tannenbäumchen verrät Ilzhöfer hier.