Enttäuscht: Die Kickers-Spieler Lasse Lehmann und Elia Soriaono Foto: Baumann

Der Blick auf die Tabelle der dritten Fußball-Liga schmerzt – die Stuttgarter Kickers sind Letzter. Der ehemalige Spieler Helmut Fürther spricht über die Ursachen des Absturzes und seine Hoffnung auf Besserung.

Herr Fürther, wie sehr schmerzt Sie der Blick auf die Drittliga-Tabelle?
Oh je, es betrübt mich sehr, die Kickers ganz unten zu sehen. Ich mag gar nicht mehr an das 0:2 gegen Werder Bremen II denken. Das war wirklich furchtbar.
Worin sehen Sie die Ursachen für den Absturz?
Es fehlt die Harmonie von der vergangenen Saison in der Mannschaft, das gesamte Gefüge passt nicht. Denken Sie doch nur an die tollen Spiele in Reutlingen zurück, die meisten waren fast schon sensationell – ich bin jedes Mal mit einem riesigen Glücksgefühl nach Hause gefahren. Da sind wir auch ein wenig verwöhnt worden. Aber nun fehlt mir, dass einer für den anderen durchs Feuer geht, es fehlt der Kampf. Bei uns hat man früher gesagt: Man muss über den Kampf ins Spiel finden. Die Mannschaft muss wieder kompakt auftreten.
Die Mannschaft ist personell auch nicht mehr dieselbe wie vergangene Saison, als sie vorne mitgespielt hat.
Eben, leider haben die Blauen auf dem Transfermarkt mehr Quantität als Qualität verpflichtet. Es wurden vornehmlich junge, wenig erfahrene Spieler verpflichtet, und außerdem war kein richtiger Kracher bei den Neuen dabei. Das Loch, das der Weggang von Besar Halimi in spielerischer Hinsicht gerissen hat, wurde überhaupt nicht gestopft. Es wäre auch logisch gewesen, den erfahrenen Abwehrstrategen Nick Fenell, jetzt Stammspieler bei den Würzburger Kickers, weiter zu halten. 30 Tore haben die Kickers schon kassiert. 30 Tore in 18 Spielen. Das ist einfach zu viel.
Die Null muss stehen, sagt man da gewöhnlich, wenn man hinten rauskommen will.
So weit will ich gar nicht gehen. Ein Tor kann man immer bekommen, aber bei den Kickers sind es eindeutig zu viele. Die Abwehrspieler, wen man sich da auch immer raussucht, sind alle in regelmäßigen Abständen nicht in Bestform und leisten sich Fehler, die man in der letzten Saison so gut wie nie gesehen hat.
Also müssen im Winter Verstärkungen her.
Ganz bestimmt braucht das Team dringend Verstärkung, aber das kostet Geld, und wenn ich sehe, dass bereits 26 Spieler unter Vertrag stehen, dann frage ich mich: Woher nehmen und nicht stehlen? Ich habe neulich mit Dieter Dollmann (Ex-Manager der Kickers, d. Red.) gesprochen. Er hat mich auch gefragt, was bei den Kickers lost ist. Nach meiner Meinung hat man zu viel Druck aufgebaut und schon vom Aufstieg in die zweite Liga gesprochen. Diesen Anspruch konnte die Mannschaft nicht erfüllen. Schon beim ersten Saisonspiel gegen Fortuna Köln, die nach zwei Platzverweisen nur noch mit neun Mann auf dem Spielfeld gestanden hat, habe ich gemerkt, dass es schwer wird.
War der Trainerwechsel aus Ihrer Sicht unvermeidbar?
Nach dieser Niederlagenserie musste der Verein handeln. Das sind die Gesetze bei Nichterfolg im Fußball. Wobei Trainer Horst Steffen sicherlich gute Arbeit für die Kickers geleistet hat und den Verein optimal in der Öffentlichkeit präsentiert hat. Der neue Coach Tomislav Stipic hat bei seiner Vorstellung gesagt: Ich weiß, was ich kann. Aber hätte er nicht besser sagen sollen: Ich weiß, was die Mannschaft kann? Denn auf die kommt es am Ende doch an. Ich fand diese Aussage nicht glücklich. Aber es wäre unfair, nur Kritik zu üben. Die Kickers müssen alle Anstrengungen unternehmen, um da unten rauszukommen. Wir müssen mit diesem Kader vor der Winterpause noch dringend punkten, um nicht den Anschluss zu den Nichtabstiegsrängen zu verlieren.
Chemnitzer FC, Fortuna Köln und VfL Osnabrück heißen die Gegner bis zur Winterpause.
Leider ist nur ein Heimspiel darunter, gegen Osnabrück. Die Kickers müssen wieder heimstark werden, so wie damals in Reutlingen, dann kommen sie von unten weg.