Der Ex-Manager Uwe Skrzypek (rechts, bei Amtsbeginn) greift hart durch. Foto: Simon Granville/Archiv

Oberbürgermeister Uwe Skrzypek ärgert sich darüber, dass die Wärmeversorgung von Baugebieten in Vaihingen/Enz ins Schlingern geraten ist. Es kommt zum Eklat im Gemeinderat.

Als Außenseiter hat Uwe Skrzypek vor fast einem Jahr den Chefsessel im Vaihinger Rathaus erklommen. Der ehemalige Daimler-Manager hatte im Wahlkampf mit einer Politik der Veränderungen gepunktet – und dabei das kommunalpolitischen Establishment aufgeschreckt. Seinen Job wollte er aber zunächst eher ruhig und dienstbeflissen erfüllen. Nun ist er in ein turbulentes Fahrwasser geraten. Pläne zur Energieversorgung in der Stadt drohen zu floppen. Skrzypek sieht sich als Krisenmanager, der durchgreifen muss – das aber könnte zu Verwerfungen im Gemeinderat führen. Dort kam es zu einem Eklat.

 

Die Zeit drängt. Längst wühlen die Bagger im Erdreich des Neubaugebiets Leimengrube, doch die geplanten Wärmeleitungen können nicht verlegt werden. Auch die Erschließung des 7,5  Hektar großen Gewerbeareals Fuchsloch III stockt. Grundlage wäre die Lieferung von Biomethan für zwei Blockheizkraftwerke in einem Weingut gewesen, um das Wärmenetz auf der Basis von mindestens 65 Prozent Erdgas zu betreiben.

Der Markt für Biomethan ist jedoch umkämpft. Jetzt steht fest: Lieferungen platzen. Es wird wohl damit keine Heizkraftwerke geben. „Uns ist ein großer Schaden entstanden, wir müssen den Karren jetzt aus dem Dreck ziehen“, sagt Uwe Skrzypek. Ohne Not hätte sich die Verwaltung beim Beschluss vor einem Jahr Handschellen angelegt und sich ganz auf die noch zu gründende Genossenschaft Bürgerwärme Vaihingen fixiert.

Der Ärger beim Oberbürgermeister über den Beschluss ist groß: „Da ist man sehenden Auges hineinmarschiert.“ Noch im Mai habe er bei der zuständigen Vai Energie GmbH nachgefragt und als Antwort erhalten, es gebe kein Problem. Erst am Samstag vor der Ratssitzung am Mittwoch habe er dann die Nachricht erhalten, dass aus dem Betrieb der Heizkraftwerke nichts wird. Skrzypek kündigte per Pressemitteilung an, mit „diesen Leuten“ nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen. „Wir müssen diese Fehlentwicklung unbedingt aufarbeiten.“

Der OB macht dafür aber nicht den Gemeinderat verantwortlich, sondern die vor ihm tätige Verwaltung und „gut funktionierende Netzwerke im Hintergrund“. Es sei doch schon länger bekannt, dass Blockheizkraftwerke in der sich wandelnden Energieversorgung nicht mehr dem aktuellen Stand entsprächen und sich Bio-Methan verteuere. „Hier hat man sich auf ehrenamtliche Strukturen verlassen – die Energiewirtschaft ist dafür zu komplex geworden.“ Der Gemeinderat werde ergebnisoffen nach neuen Lösungen suchen und dabei die Ludwigsburger Energieagentur LEA mit ins Boot holen. „Es gibt mehrere Lösungsszenarien“, sagt Skrzypek, der von einer Verzögerung bei der Vermarktung der Grundstücke ausgeht.

Zum Eklat im Gemeinderat kam es, weil weil sich dort der Freie-Wähler-Stadtrat Armin Nonnenmacher äußern wollte. Der Weinbautechniker hätte die Blockheizkraftwerke betrieben und wäre potenzieller Chef der zu gründenden Bürgerwärme Vaihingen. Skrzypek entzog ihm jedoch zweimal das Wort. Nonnenmacher habe nicht als Stadtrat, sondern als Geschäftsmann in der Ratsrunde reden wollen, erklärt Skrzypek.

Nonnenmacher bedauert, dass der OB mit ihm vor der Sitzung nicht mehr geredet hat. Sein Schreiben an ihn sei vertraulich gewesen. Darin habe er auch mitgeteilt, man arbeite an Lösungen. Skrzypeks habe die Beteiligten zu Unrecht als naiv und verantwortungslos diskreditiert. Bei den Gesprächen seien vielmehr Ingenieurbüros, ein Klimaschutzbeauftragter und Vertreter der Stadtverwaltung sowie der LEA beteiligt gewesen. Die Vai Energie GmbH falle nicht wie beschrieben aus. „Es wurde in den zwei Tagen nicht mit uns geredet.“ Nun gebe es mindestens zwei Lösungen, die noch nicht im Detail geplant seien, aber machbar erschienen. Nonnenmacher kündigte eine rechtliche Prüfung an, sollte die Bürgerwärme Vaihingen den Auftrag nicht erhalten.

Kritik am Vorgehen des Oberbürgermeisters gibt es auch aus dem Gemeinderat. Erich Hangstörfer, CDU-Fraktionschef und Aufsichtsrat der Vai Energie GmbH, spricht von einem „Schnellschuss“. Skrzypek habe sich nicht die Alternativen Nonnenmachers angehört. Der FDP-Fraktionschef Roland Zitzmann sieht Nonnenmacher auf undemokratische Weise bloßgestellt. Skrzypek könne nicht einfach eine vom Gemeinderat beschlossene Geschäftsbeziehung per Pressemitteilung kündigen. Das „harte und konfrontative“ Vorgehen des OB findet der SPD-Fraktionsvorsitzende Eberhard Berg nicht in Ordnung. Er erwarte mehr Offenheit und Fingerspitzengefühl. „Ich befürchte, dass sich hier in Vaihingen eine Konfrontation zwischen OB und Gemeinderat aufbauen könnte, die der Stadt nicht gut täte.“

Warum kommt es zu Problemen bei Biomethan?

Schieflage
 Seit Anfang Juni ist bekannt, dass die EnBW-Tochter bmp Greengas in Schwierigkeiten geraten ist. Sie ist einer der größten deutschen Lieferanten von Biomethan und steht mit zahlreichen Stadtwerken in Geschäftsbeziehungen. Als Grund nennt das Unternehmen eine „Schieflage in der Beschaffungssituation“. Die Misere sei durch Marktverschiebungen und den Ukraine-Krieg ausgelöst worden. In der Branche geht man von Managementfehlern und vom lukrativeren Methan-Verkauf für den Kraftstoffmarkt aus.

Vertragsende
 Die EnBW-Tochter verlangte von ihren Kunden eine Vertragsanpassung: Sie sollten für geringere Gasmengen mehr bezahlen. Durch diese Änderung im Laufe des Juli sollte bmp Greengas bis September saniert werden – so der Plan im Schutzschirmverfahren. Den Stadtwerken drohen Millionenverluste. Die EnBW als Mutter schafft keinen Ausgleich und steht daher in der Kritik.